Die Arbeiterkammer und die Fachhochschule Kärnten befragten Kärntner Lehrlinge zu ihrer Situation im Lockdown. – Foto: Pixabay/StartupStockPhotos
Bildung
10.03.2021

AK-Lehrlingsstudie im Lockdown: vergessene Generation an Lehrlingen

Befragung zeigt: Kärntens Lehrlinge sind müder, antriebsloser, gereizter und aggressiver. Die Hälfte jener, die während des Lockdowns per Fernlehre unterrichtet wurden, waren mit dieser nicht zufrieden. Die Arbeiterkammer (AK) Kärnten formuliert fünf konkrete Forderung in Bezug auf die Situation der Lehrlinge.

Wie ging es den Kärntner Lehrlingen während des Lockdowns? Dieser Frage ging die AK Kärnten (Bildungsabteilung) – in Kooperation mit der Fachhochschule Kärnten – nach. 217 Lehrlinge in Kärnten wurden befragt. Zum Vergleich: Hierzulande gibt es rund 7.000 Lehrlinge. AK-Präsident Günther Goach sagt: "Berufsschülern sollte verstärkt Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegengebracht werden." In der öffentlichen Bildungsdebatte würden Lehrlinge oft mit Schülern in einen Topf "geschmissen". Goach weiter: "Viele Unternehmen suchen händeringend einen Facharbeiter, doch niemand fragt sich, wie es um unsere Lehrlinge in dieser schwierigen Zeit bestellt ist. Es kann nicht sein, dass das Symptom Fachkräftemangel wiederholt angeprangert, aber an der Ursache nicht angesetzt wird. Eine attraktive Ausbildung der Lehrlinge könnte der Schlüssel zur Lösung des Problems sein."

Schlimme Folgen im psychosozialen Bereich

Durch die Studie wird deutlich: "Die Folgen der Pandemie für Lehrlinge könnten im psychosozialen Bereich nicht schlimmer sein", so Christoph Appé, Referatsleiter für Lehrlinge und Jugend in der AK. Nur zwei Zahlen, die das untermauern: 32,7 Prozent der Befragten gaben an, mehr zu Alkohol gegriffen zu haben, der Konsum von Zigaretten stieg auf 28,6 Prozent (weitere Ergebnisse unten). Insgesamt seien Kärntens Lehrlinge müder, antriebsloser, gereizter und aggressiver.  

95 Prozent der Lehrlinge wurden im Lockdown via Fernlehre geschult. Doch nur die Hälfte war damit auch zufrieden. Appé: "Nicht aus technischen Gründen, sondern weil keine Ruhe zum Lernen zu Hause herrschte und der Kontakt zu Lehrern und Mitschülern fehlte." Ein Drittel hatte Probleme, beim Lernstoff mitzukommen. Vieles musste alleine erarbeitet werden. So verschlechterte sich die Lernmotivation und der Arbeitsaufwand wuchs. Appé: "Das Distance Learning verursacht viel mehr Aufwand auf beiden Seiten. Schlechtere Schüler tun sich in dieser Situation besonders schwer, wohingegen gute Schüler diese sehr gut meistern."

Und trotzdem gaben 77 Prozent an, die schulisch Organisation der Fernlehre wäre positiv gewesen.

Die technische Ausstattung der Kärntner Lehrlinge ist insgesamt gut: 73,3 Prozent haben einen eigenen Computer für die Fernlehre.

Forderungen für Lehrlinge

Die AK Kärnten sieht Handlungsbedarf  und hat konkret fünf Forderungen, was Lehrlinge betrifft:

  1. Sensibilisierung für die Situation der Auszubildenden in den Betrieben – dafür müssten Betriebsräte und Sicherheitsvertrauenspersonen geschult werden.
  2. Ausbau schulpsychologischer Dienste und des Nachhilfe-Angebots: "Eine Digitalisierungsoffensive muss gestartet werden, damit Jugendliche nicht zurückbleiben. Im Lehrplan sollte ,Digitale Bildung' als fester Bestandteil des Unterrichts installiert werden", so Goach.
  3. Ausbau der Sozialen Arbeit für eine gelungene berufliche Integration
  4. Lehrlingsmilliarde: Unternehmen sollen ein Prozent der Bruttolöhne in einen Topf einzahlen, der Betriebe fördert, die Lehrlinge ausbilden.
  5. Öffnung von Sportstätten unter Einhaltung entsprechender Maßnahmen für Jugendliche

Ergebnisse der AK-Lehrlingsstudie:

Befragt wurden 217 Lehrlinge zwischen November bis Anfang Februar. Die Hauptgruppe der Befragten waren Verwaltungsassistenten, Elektrotechniker, Metalltechniker, Maurer und Köche. Der typische Lehrling ist im dritten Lehrjahr und zwischen 15 und 20 Jahre alt. Er wohnt noch daheim bei den Eltern und die Lehre findet im Betrieb statt (Lehre ohne Matura).

Freizeitverhalten während des Lockdowns:

  • Leben hat sich seit dem Lockdown erheblich verändert: 77 Prozent
  • mehr TV-Konsum (Streaming): 64,1 %
  • mehr Konsum von Sozialen Medien: 65 %
  • mehr Online-Käufe: 52,5 %
  • mehr Spielen am Computer: 36 %
  • mehr Konsum von Alkohol: 32,7 %
  • mehr Konsum von Zigaretten: 28,6 %
  • später schlafen gehen, später aufstehen: 58 %
  • regelmäßiger Sport: 31,4 %

Technische Ausstattung:

  • eigener Computer: 73,3 %
  • Geld für eigenen Computer fehlt: 17,5 %
  • keine finanziellen Mittel für gute Internet-Verbindung: 8,8 %
  • schlechte Internet-Verbindung aufgrund des Wohnortes: 25,4 %
Die Arbeiterkammer und die Fachhochschule Kärnten befragten Kärntner Lehrlinge zu ihrer Situation im Lockdown. – Foto: Pixabay/StartupStockPhotos
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