„Wir haben gemeinsam einen Sozialstaat aufgebaut, um den uns die ganze Welt beneidet.“
AK-Vollversammlung: Ruf nach sozial gerechter Budgetsanierung
In der Arbeiterkammer Kärnten tagte kürzlich die Vollversammlung, bei der 70 Kammerrät:innen sechs Resolutionen und 19 Anträge behandelten. Auch Landeshauptmann Peter Kaiser war als Ehrengast anwesend. In seinen einleitenden Worten verwies er auf die Volatilität der gegenwärtigen Zeit und die daraus folgenden Notwendigkeiten: „Wir leben in extrem herausfordernden Zeiten, in denen es fast unmöglich ist, den nächsten Tag zu prognostizieren, da fast jeden Tag politische Äußerungen und Entscheidungen fallen, die das tägliche Leben jeder Familie und jedes Arbeitsplatzes beeinflussen können. Die Verfehlungen der Vorgänger-Regierungen haben eine unumgängliche Budgetsanierung zur Folge, die wir alle tragen müssen. Wir müssen alle den Gürtel enger schnallen. Aber es kann nicht sein, dass die einen um drei Löcher enger schnallen müssen und andere gar nicht. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, brauchen wir unbedingt Spielräume für Investitionen, müssen Arbeitsplätze schaffen und sicherstellen, dass jeder vom eigenen Einkommen leben kann.“
Budgetkonsolidierung im Sozialstaat
ÖGB-Landesvorsitzender René Willegger betonte in seiner Rede die Bedeutung des österreichischen Sozialstaats: „2025 ist ein bedeutsames Jahr für Österreich, denn wir feiern gleich mehrere historische Meilensteine: 80 Jahre Zweite Republik, 70 Jahre Staatsvertrag, 30 Jahre EU-Beitritt und das 80-jährige Bestehen des ÖGB. Wenn wir auf die Errungenschaften des ÖGB und der Arbeiterkammer blicken, können wir mit Stolz feststellen: Wir haben gemeinsam einen Sozialstaat aufgebaut, um den uns die ganze Welt beneidet. Gerade jetzt wird uns jedoch von vielen Seiten eingeredet, wir könnten uns diesen starken Sozialstaat nicht mehr leisten. Besonders pikant dabei ist, dass genau diese Kritik oft von jenen kommt, die in Krisenzeiten, wie der Finanzkrise 2008/2009 und während der Pandemie, selbst am meisten von seiner Unterstützung profitiert haben. Die aktuelle Krise lässt sich nur bewältigen, indem wir ausreichend Beschäftigung sichern und die notwendigen Sparmaßnahmen gerecht verteilen – das bedeutet, sie müssen sowohl von der Bevölkerung als auch von den Milliardengewinner:innen getragen werden.“
„Die Budgetkonsolidierung sollte aus einer ausgewogenen Kombination aus Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen bestehen. Natürlich müssen alle einen Beitrag leisten, aber der Sparstift darf nicht überproportional bei den Arbeitnehmer:innen angesetzt werden!“, so auch AK-Präsident Günther Goach. Dass vor allem private Haushalte durch die Kürzung der Staatsausgaben belastet würden, sei zu kritisieren: „Die Menschen haben Zukunftsängste. Und das wirkt sich auch auf den Konsum aus. Die Regierung hat hier die Verpflichtung, Vertrauen in die Zukunft zu schaffen und die Wirtschaft zu stabilisieren und voranzubringen.“
„Natürlich müssen alle einen Beitrag leisten, aber der Sparstift darf nicht überproportional bei den Arbeitnehmer:innen angesetzt werden!“
Bei den Pensionen zu sparen, ist für Goach ebenfalls keine zielführende Lösung – wer schwere Arbeit verrichte, könne diese oft nicht bis 65 ausüben. „Wer schwer arbeitet, muss auch früher in Pension gehen können. Für uns ist auch klar: Wer jahrzehntelang seine Beiträge ins Pensionssystem geleistet hat, darf nicht in Altersarmut verfallen!“, so Goach.
Frauen, Lehrlinge und ältere Beschäftigte als Potenzial
Die aktuelle Konjunkturflaute ist mit einem Beschäftigungsrückgang und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit verbunden. Gleichzeitig verstärkt die demografische Entwicklung den Arbeits- und Fachkräftemangel. „Zur Hebung des Arbeitskräftepotenzials müssen Maßnahmen wie die Stärkung der Frauenerwerbsbeteiligung, Förderung älterer Beschäftigter und Qualitätshebung in der dualen Ausbildung umgesetzt werden“, erklärte Goach. Investitionen in die Qualität der Lehre seien entscheidend für die Fachkräfte der Zukunft. „Kompetenzzentren als dritte Lernorte schließen Qualifikationslücken, vermitteln digitale Kompetenzen und unterstützen betriebsübergreifende Bildung, und attraktiveren damit die Lehre“, so Goach, der die Integration von Kompetenzzentren als dritte Lernorte beispielsweise im Berufsausbildungsgesetz fordert.
„Zur Hebung des Arbeitskräftepotenzials müssen Maßnahmen wie die Stärkung der Frauenerwerbsbeteiligung, Förderung älterer Beschäftigter und Qualitätshebung in der dualen Ausbildung umgesetzt werden.“
„Die Hebung der Frauenerwerbsquote, durch flächendeckende Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur, sowie der Ausbau der Ganztagesschulen und Nachmittagsbetreuung, um Vereinbarkeit vom Beruf und Familie sowie existenzsichernde Pensionen zu gewährleisten, müssen weiter forciert werden!“, forderte der AK-Präsident.
Wohnen und Energie
„Die Bundesregierung hat Maßnahmen für leistbares Wohnen gesetzt, doch viele Vorhaben sind noch unkonkret oder problematisch für Mieterinnen und Mieter. In den letzten fünf Jahren sind private Mieten, Wohnungskaufpreise und befristete Mietverhältnisse stark gestiegen“, so Goach. Er fordert daher unter anderem ein Baukonjunkturpaket des Bundes, die Zweckwidmung der Wohnbauförderung, Harmonisierung von indexbasierten Mieterhöhungen auf maximal zwei Prozent pro Jahr sowie die Einführung von steuerlichen Anreizen für Wohnraumschaffung und -sanierung.
In Bezug auf das Thema Energie bekenne sich die AK klar zum Ausbau der erneuerbaren Energie und der Netze. Kleinverbraucher:innen und Haushalte würden überproportionale hohe Netzkosten tragen – es brauche eine verursachergerechte Verteilung der Kosten, bei der auch Energiehändler, Stromproduzenten und Großverbraucher:innen einbezogen werden.
Länderübergreifendes Klimaticket für Kärnten und Steiermark
Da die Eröffnung der Koralmbahn kurz bevorsteht, fordert die AK ein gemeinsames Klimaticket, um den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel attraktiver zu machen: „Dazu müssen umgehende Verhandlungen mit den Verkehrsverbünden für ein bundesländerübergreifendes Tarif- und Ticketsystem stattfinden“, betonte der Präsident abschließend und verwies auf eine gemeinsame Resolution aller Fraktionen, die heute an Bund und die Landesregierungen Steiermark und Kärnten verabschiedet wurde.
© AK Kärnten | Gernot Gleiss