© Philip Rauter
Bildung
26.05.2025

Am Puls der Zeit: Neue Aus­bildung für Volks­schul­lehrer:innen

Zum ersten Mal seit zehn Jahren wird es ab Herbst ein neues Curriculum in Kärnten, der Steiermark und im Burgenland geben, um angehende Volksschullehrer:innen besser auf den Unterrichtsalltag vorzubereiten.

Wer im Herbst die Ausbildung zur:m Volksschullehrer:in startet, hat ein Studium vor sich, das nicht nur Theorie und Praxis enger verknüpft, sondern es den Studierenden auch erlaubt, ihren Bildungsweg an den Pädagogischen Hochschulen (PH) mitzugestalten und mehr professionelle Sicherheit zu erlangen.

Zeitgemäßere Curricula

Möglich machen das die neuen Studienpläne an den 14 PH. Vor mehr als zehn Jahren waren die Curricula für die Ausbildung der Lehrkräfte in der Primarstufe das letzte Mal reformiert worden. In dieser Zeit hat sich der Alltag in den Schulen durch Krisen – Flucht und Migration, Pandemie, Krieg auch in Europa – und die rasante Digitalisierung drastisch geändert. Seit dem Beschluss des Hochschulrechtspakets im Frühjahr 2024 wurde nun an den PH intensiv daran gearbeitet, das Studium für die angehenden Lehrer:innen an den Puls der herausfordernden Zeiten und auf den aktuellen Stand der Wissenschaft zu bringen. Ziel: Dem Lehrpersonal von morgen ein besseres Rüstzeug für all das zu bieten, was sie in den Klassenzimmern erwartet.

Unterdessen sind alle Studienpläne fertig und vom Qualitätssicherungsrat für Pädagog:innenbildung (QSR) abgesegnet worden. In Kraft treten sie mit dem kommenden Wintersemester. In den Pädagogischen Hochschulen ist man stolz auf die Neuerungen.

„Multikompetente“ Ausbildung

Beatrix Karl, Rektorin der Pädagogischen Hochschle Steiermark und zugleich Vorsitzende der Rektor:innenkonferenz aller österreichischen PH (RÖPH) betont die „multikompetente“ Ausbildung, die den Studierenden als Antwort auf die vielfältigen beruflichen Herausforderungen geboten wird. Als Basis dafür habe man in Graz ein eigenes Kompetenzmodell entwickelt, das die angehenden Lehrer:innen auf den Schuldienst von morgen vorbereitet: Es reicht von einer demokratischen und wissenschaftlichen Grundhaltung über Weltoffenheit und Innovationsfreudigkeit bis zur digitalen Kompetenz und soll jedenfalls für ein kinderorientiertes Handeln sowie eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Eltern sorgen und die Wichtigkeit der Teamarbeit im Kollegium unterstreichen.

Andrea Seel, Rektorin der Privaten Pädagogischen Hochschule Augustinum, hebt die Praxisnähe des reformierten Bachelorstudiums hervor, das die angehenden Lehrkräfte noch besser auf den Berufseinstieg vorbereiten werde. Dafür habe man eigene Praxis- und Begleitformate entwickelt, darunter gemeinsames Unterrichten mit erfahrenen Lehrpersonen oder das Erleben des Schulanfangs. Das Masterstudium ermögliche den Studierenden, Schwerpunkte nach eigenen Interessen und Stärken zu setzen.

Praxiserfahrung als zentrales Element

Die „systematische Verschränkung“ der wissenschaftsbasierten Lehre mit der Schulpraxis betont auch die Rektorin der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland, Sabine Weisz. Sie ist überzeugt: Das auf den Stand der Zeit gebrachte Curriculum werde die künftigen Volksschullehrer:innen dazu befähigen, „unsere jüngsten Schüler:innen optimal auf eine gute gemeinsame Zukunft vorzubereiten“.

„Themen wie u. a. der Umgang mit Diversität, partizipativer Unterricht, Klassenführung und Konfliktbewältigung bilden zentrale Inhalte.“

Sven Fisler, Rektor der Pädagogischen Hochschule Klagenfurt

Ganz ähnlich der Rektor der Pädagogischen Hochschule Klagenfurt, Sven Fisler. Auch dort ist das zentrale Element des neuen Studienplans für die Primarstufe ein neues Praxiskonzept, das eine stetig zunehmende Praxiserfahrung an den Schulen vorsieht und so in der Lehre einen schrittweisen Aufbau u. a. der didaktischen Kompetenzen ermöglicht. Fisler: „Themen wie u. a. der Umgang mit Diversität, partizipativer Unterricht, Klassenführung und Konfliktbewältigung bilden zentrale Inhalte. Zusätzliche Hochschullernwerkstätten bieten Raum zur fachlichen und didaktischen Weiterentwicklung in den Unterrichtsfächern der Primarstufe. Wahlmöglichkeiten für weitere Lehrbefähigungen (Inklusive Pädagogik, Deutsch als Zweitsprache, Religionspädagogik oder Zweisprachiger Unterricht Deutsch/Slowenisch) sowie vielfältige Vertiefungen erweitern die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten im Studium.“

Kompetenzen für vielfältige Herausforderungen

Eine Reihe an Themenschwerpunkten, die in allen Studienplänen zu verankern waren, ist gesetzlich vorgeschrieben, darunter Deutsch als Zweitsprache, Inklusion, Medienpädagogik, Digitalisierung und Demokratiebildung oder der professionelle Umgang mit herausfordernden Situationen. Darüber hinaus konnten alle PH eigene Schwerpunkte setzen. Angesichts der rasanten Entwicklungen der vergangenen Jahre war eine neue Ausbildung der Lehrkräfte für die Primarstufe ein Gebot. Die Rolle der Volksschullehrer:innen hat sich angesichts höchst unterschiedlich zusammengesetzter Klassen massiv verändert, zum Teil bis zur Überforderung. Sprachprobleme hier, schwierige Familienverhältnisse dort, dazu kulturelle und soziale Dissonanzen. Wissen und Freude am Lernen vermitteln: Damit ist es für die Lehrkräfte längst nicht mehr getan. Sie sollen auch erziehen, beraten, betreuen, schlichten, unterstützen, fordern, fördern und den Kindern eine digitale Grundausbildung bieten. Mit den neuen Curricula ist der Weg dafür bereitet.

© Philip Rauter

Wissenswert

In Österreich gibt es 14 Pädagogische Hochschulen. Zuständig sind sie für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Pädagog:innen für den Elementarbereich, die Primarstufe, die Sekundarstufe Berufsbildung und – in enger Kooperation mit den Universitäten – für die Sekundarstufe Allgemeinbildung. Außerdem wird an den PHs berufsfeldbezogen geforscht und sie begleiten und beraten Schulen, Kindergärten und Bildungsnetzwerke.

Insgesamt studieren mehr als 21.000 angehende Lehrer:innen, aber auch Quereinsteiger:innen an den 14 PHs. In der Weiterbildung beträgt die Studierendenzahl mehr als 18.000 und in der Fortbildung werden rund 400.000 Teilnehmer:innen bzw. Teilnahmen verzeichnet.

Schlagwörter