Gerald Pfiffinger , Franz Titschenbacher, Rudolf Rosenstatter und Christian Rakos.
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Umwelt
11.03.2022

Biomasse-Verband, Propellets Austria und Waldverband legen 10-Punkte-Programm zum Ausstieg aus Erdgasimporten vor

Der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine führt in Verbindung mit der hohen Abhängigkeit Österreichs von Erdgas- und Erdöllieferungen aus Russland zu einer dramatischen Gefährdung unserer Energieversorgung. Es besteht dringender Handlungsbedarf zur bestmöglichen Nutzung unserer regional verfügbaren nachwachsenden Ressourcen. Der Österreichische Biomasse-Verband, der Waldverband Österreich und proPellets Austria legen ein 10-Punkte-Programm zum raschen Ersatz fossiler Erdgasimporte durch Holzenergie vor.

Fossiles Erdgas ist keine Brückentechnologie

„Die Lösung des Problems wächst sprichwörtlich vor unserer Tür“, erklärte Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes, anlässlich einer Pressekonferenz. „Fossiles Erdgas wurde immer wieder als Brückentechnologie positioniert, mittlerweile ist allen klar, dass diese Brücke von Putin gesprengt wurde. Mit der Holzenergie haben wir die Möglichkeit, in allen Bereichen der Energienutzung noch einige ‚Scheite‘ nachzulegen. Das 10-Punkte-Programm verfolgt einen umfassenden Ansatz von Rohstoffaktivierung bis hin zum klimaeffizienten Rohstoffeinsatz, vom Wald bis zur Baustelle.“ Mit Hilfe der Holz-energie könnten innerhalb weniger Monate die entstandenen Erdgas-Lücken in wichtigen Teilbereichen gefüllt werden. „Insgesamt sehen unsere Szenarien ein nachhaltig verfügbares Potenzial von 450 PJ Bioenergie pro Jahr vor, dies entspricht 12,5 Mrd. m³ Erdgas-Äquivalent pro Jahr. Die in den vergangenen Jahrzehnten aufgebauten Nutzungsrückstände im Wald können darüber hinaus noch zusätzlich eingesetzt werden, um die Verbrauchsspitzen der nächsten Jahre bei Problemen mit russischen Erdgaslieferungen abzudecken“, so Titschenbacher.

Aktivierung von 250 Mio. Festmeter Nutzungsrückständen

„Unsere Nutzungsrückstände für verstärkte Waldpflegemaßnahmen liegen aktuell bei über 250 Mio. Festmetern Holz. Mobilisieren wir zügig diese Potenziale! Das ist genug Holz für ein massives Holzbauprogramm inklusive ausreichend Energie, um den Gasbedarf für Raumwärme, Fernwärme und Stromerzeugung die kommenden Jahre zu decken. Das 10-Punkte-Programm ist die nachhaltige Antwort der Waldbauern auf die Aggression aus Russland“, schilderte Rudolf Rosenstatter, Obmann des Waldverbandes Österreich. „Wird der 10-Punkte-Plan umgesetzt, sinkt unsere Import-Abhängigkeit, steigt unsere Versorgungssicherheit, der Wald wird letztendlich gesünder und vitaler. Dadurch kann er in Zukunft mehr nachwachsende Rohstoffe produzieren und ist auch besser gegen den Klimawandel geschützt. Mit Holz können wir Brücken bauen, bei denen als Nebenprodukt große Mengen Energieholz anfallen.“

Umrüstung der Wärmeversorgung von vordringlicher Bedeutung

„Oft wird übersehen, dass 50% unseres Endenergiebedarfs in Form von Wärme benötigt wird – für industrielle Prozesse und für die Beheizung unserer Gebäude. Gerade hier wird das meiste Erdgas benötigt“, erklärte Christian Rakos, Geschäftsführer proPellets Austria. „Mit Pelletsheizungen bieten wir eine ausgereifte und komfortable Wärmeversorgung mit heimischer Heiztechnik, die international führend ist. Momentan gibt eine große Investitionswelle in neue Pelletsproduktionen, die zu einer substanziellen Produktionssteigerung führen wird. Dabei sind wir schon heute Nettoexporteur bei Pellets. Wir stehen bereit für einen beschleunigten Umbau der Wärmeversorgung.“

Waldbewirtschaftung und Biodiversität schließen einander nicht aus

„Um unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu beenden, ist ein umfassender Maßnahmen-Mix notwendig: Ein ambitioniertes Energiesparprogramm und der naturverträgliche Ausbau der Erneuerbaren – allen voran Photovoltaik – sind Voraussetzung. Zudem muss die Nutzung von Erdwärme für Wärmepumpen-Heizungen breitenwirksam verfügbar gemacht werden. Auch der Rohstoff Holz gewinnt als Substitut für ölbasierte Materialien und Produkte und als Brennstoff zunehmend an Bedeutung. Um die Energiewende zu schaffen, müssen wir auch unsere Wälder nutzen – doch nur in einer Weise, die den Biodiversitätsschutz mitdenkt und sensible Natur-Hotspots, wie Auwälder oder hochalpine Zirbenwälder, als Lebensräume für zahlreiche gefährdete Arten erhält. Zudem kann im Wirtschaftswald die Biodiversität mithilfe einfacher Bewirtschaftungsmethoden, wie dem Anlegen von Amphibiengewässern oder Altholzinseln, verbessert werden. Fakt ist, dass Bewirtschaftung und Biodiversitätsschutz einander nicht ausschließen, wenn sie von Anfang an gemeinsam umgesetzt werden“, führte Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes, aus.

Bioenergie in Österreich unverzichtbar

Aus Bioenergie wird mehr als die Hälfte der erneuerbaren Energie in Österreich, Europa und weltweit bereitgestellt. Holz ist unsere wichtigste inländische Energiequelle. Dank des Bioenergie-Ausbaus kann Österreich auf Kohle- und Atomkraftwerke verzichten. Die installierte Leistung der Holzenergie-Anlagen, die an kalten Tagen für die Wärme- und Stromerzeugung abgerufen werden kann, beträgt rund 28 GW. Das entspricht einer Leistung von etwa 39 Atomkraftwerken der Marke Zwentendorf. Holzbrennstoffe basieren auf Reststoffen und Koppelprodukten, die im Wald bei der Waldpflege und bei der Produktion von Holzprodukten anfallen. Für einen Kubikmeter verbautes Holz fallen sechs Kubikmeter Nebenprodukte an, die auch energetisch verwertet werden können. Die energetische Nutzung dieser Nebenprodukte generiert die mit Abstand höchsten CO2-Einsparungen in der Nebenprodukte-Verwertung.

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