© Jonas Millonig
Leben
05.06.2025

Caring Men: Denkmäler als für­sorg­liche Väter

Anlässlich des Vatertages macht die Kunst­aktion „Caring Men“ österreich­weit auf eine gerechte Vertei­lung von Sorge­arbeit aufmerksam.

Männerstatuen, ausgestattet mit lebensgroßen Babypuppen in Tragetüchern: Inspiriert von der britischen Initiative „Dad Shift“ setzt die Kunstaktion „Caring Men“ nun auch hierzulande ein starkes Zeichen für etwas, das viele Männer längst leben oder leben möchten: mehr Verantwortung in Beziehungen übernehmen, aktiver in der Sorgearbeit sein und mehr für ihre Kinder da sein. Eine Art von Männlichkeit, die als Schlüssel zur Gleichstellung, zur Gewaltprävention und zu einer stabilen Demokratie fungiert.

Männer wollen mehr Care-Arbeit leisten

Seit jeher prägen Statuen unser Geschichtsbild, spiegeln die Werte unserer Gesellschaft wider – und zeigen fast immer ein bereits überholtes Bild von Männlichkeit: dominant, unnahbar und heroisch. Ein Bild, das bröckelt – denn heute ist belegt: Männer wollen allgemein mehr Sorgearbeit leisten, mehr für ihre Kinder da sein. In der repräsentativen österreichischen Untersuchung „Elternorientierte Personalpolitik mit Focus auf Väter“ etwa waren sechs von zehn Männern bereit, in Karenz zu gehen, und drei Viertel der Befragten konnten sich vorstellen, zugunsten von Kinderbetreuung Teilzeit zu arbeiten. Bereits eine 2003 von Paul M. Zulehner herausgegebene österreichische Männerstudie namens „MannsBilder. Ein Jahrzehnt Männerentwicklung.“ zeigte ein ähnliches Bild: 81 % der Befragten erklärten damals ihre Bereitschaft, ihre Arbeit zugunsten von pflegerischer Tätigkeit zu reduzieren. Sowohl internationale Studien als auch österreichische Forschungen verdeutlichen: Das Modell der Caring Masculinities (ürsorgliche Männlichkeiten) fördert Gleichstellung, beugt Gewalt vor und stärkt das gesellschaftliche Miteinander.

„Ponto unterstützt diese Kunst­aktion aktiv, um auf die steigende Anzahl engagierter Väter auch in Kärnten auf­merksam zu machen und allen anderen Männern Mut zu machen, ihre sorgenden liebe­vollen Aspekte von Männlich­keit zu zeigen.“

Dominique Pipal, Männer­berater und Mitbe­gründer von ponto

Männlichkeit, die Frieden schafft

Gary Barker, Mitbegründer der internationalen MenCare-Kampagne, erklärt: „Männer können und müssen Teil der Lösung sein – nicht durch Macht, sondern durch Fürsorge.“ Auch Erich Lehner, Männerexperte aus Österreich, betont: „Die sorgeorientierte Männlichkeit ist ein Gegenmodell zur hegemonialen, überlegenen Männlichkeit. Sie ist nicht weichgespült, sondern bewusst solidarisch.“ Wie ein alternatives Bild von Männlichkeit aussehen könnte – nämlich sorgend, beziehungsorientiertfähig und gewaltfrei – verdeutlicht die Kunstaktion „Caring Men“ auf kreative Weise im öffentlichen Raum. Die lebensgroßen Babypuppen an Männerstatuen stehen symbolisch für diese Vision.

Die renommierte Grazer Soziologin Elli Scambor forscht seit Jahren zu den Themen Männlichkeit und Gleichstellung. Ihr Fazit: „Fürsorglich orientierte Männlichkeit wirkt präventiv gegen Gewalt und stärkt soziale Resilienz.“ So bestätigt etwa die aktuelle Studie "Gender Equality and Quality of Life Austria”, dass Paare, die sich Sorgearbeit teilen, glücklicher sind und ihre Kinder besser aufwachsen. In Familien, in denen Erwerbs- und Sorgearbeit zu gleichen Stücken verteilt werden, gibt es auch am wenigsten Gewalt. Aktuell gehen jedoch nur zwei Prozent der Väter zwischen drei und sechs Monate lang in Karenz und nur ein Prozent mehr als sechs Monate.

„Wir brauchen ein Gesell­schafts- und Wirtschafts­system, welches die überlebens­wichtige Care-Arbeit ins Zentrum stellt.“

Monika Thuswald, Aktivistin bei fair sorgen!

Fürsorge darf nicht als Schwäche gelten

Um Änderungen in Gang zu bringen, wäre ein struktureller Wandel vonnöten: Noch immer mangelt es an unterstützenden Rahmenbedingungen, an politischen Maßnahmen sowie an öffentlicher Sichtbarkeit. Noch immer gilt Fürsorge oft als weiblich – dabei ist sie menschlich und somit auch männlich. „Wir brauchen ein Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, welches die überlebenswichtige Care-Arbeit ins Zentrum stellt. Menschen jeglichen Geschlechts können fürsorglich sein. Daher sollte die – bezahlte und unbezahlte - Sorgearbeit gerecht verteilt werden. Wir brauchen mehr Vorbilder und mehr Unterstützung für fürsorgliche Männlichkeiten“, so Monika Thuswald, Aktivistin bei fair sorgen!

Auch Soziologin Riane Eisler, Pionierin des Konzepts der „Fürsorgenden Demokratie“, warnt: „Wenn Fürsorge als Schwäche gilt und Gewalt als Lösung, bleibt Demokratie ein brüchiges Versprechen.“ Wer Gewalt im Privaten duldet, öffnet autoritären Tendenzen in Politik und Gesellschaft die Tür. „Wer häusliche Gewalt toleriert, schwächt unsere Demokratie an der Wurzel“, betont Erich Lehner vom DMÖ, dem Dachverband für Männer-, Burschen-, und Väterarbeit in Österreich.  „Fürsorge muss nicht nur moralisch, sondern auch politisch zur Priorität werden.“

WISSENSWERT

Verein ponto bietet vielfältiges Angebot für Männer und Burschen

In Kärnten engagiert sich der Verein ponto seit rund drei Jahren sozial und fachlich für Männer und Burschen. Zusätzlich zu vielen anderen Angeboten finden an mittlerweile neun Orten verteilt in Kärnten Vätertreffs statt. Zudem gibt es vom Land Kärnten geförderte Kurse für werdende Väter. „Ponto unterstützt diese Kunstaktion aktiv, um einerseits auf die steigende Anzahl engagierter Väter auch in Kärnten aufmerksam zu machen und andererseits allen anderen Männern Mut zu machen, ihre sorgenden liebevollen Aspekte von Männlichkeit zu zeigen und entsprechende Akzeptanz dieser gesellschaftlich einzufordern“, sagt Dominique Pipal, Männerberater und Mitbegründer von ponto.

Forderungen an Politik und Gesellschaft:

  • Väterfreundliche Karenz- und Teilzeitmodelle
  • Pflege-, Bildungs- und Sozialberufe strukturell und finanziell aufwertenG
  • Geteilte Care-Arbeit und gemeinsame Verantwortung als Stärke anerkennen
  • Sorgende Männlichkeits-Narrative in Politik, Medien und Bildung verankern

Für Fürsorge – gegen Gewalt:

  • Gewalt als Männlichkeitsmerkmal kulturell dekonstruieren
  • Gewaltprävention und Empathie-Training in Bildung integrieren
  • Gewaltschutz flächendeckend ausbauen und sichern
  • „Care gegen Gewalt“ als fixen Bestandteil in der Jugendarbeit installieren

MEHR INFOS: www.ponto.pro

Im Rahmen der Kunstaktion „Caring Men“ setzen Denkmäler in vielen österreichischen Städten mit lebensgroßen Babypuppen ein Zeichen für Gleichstellung.
© Jonas Millonig, Rainer Konderla/Männerbüro Salzburg, Nicolas Becker, kk

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