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Wirtschaft
01.03.2024

Chancen­gleichheit im Fokus

Am 8. März wird jährlich der Internationale Frauentag begangen. Ziel ist es, auf die Gleichberechtigung und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam zu machen.

In Österreich wurde bereits vieles erreicht, rechtlich sind Frauen und Männer gleichgestellt. In Wirklichkeit gibt es aber trotz großer Fortschritte noch Benachteiligungen und unterschiedliche Voraussetzungen und Bedingungen im Leben von Frauen und Männern. Wir haben daher Entscheidungsträger:innen und Führungskräften aus Kärnten und der Steiermark folgende Frage gestellt: Was braucht es, um eine tatsächliche Chancengleichheit im Erwerbsleben für Frauen und Männer zu erwirken?

Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende BKS Bank

„Ein entscheidender Erfolgsfaktor auf dem Weg zur Chancengleichheit ist, Frauen zu ermutigen Führungspositionen zu übernehmen. Je mehr Role Models es gibt, desto besser. In der BKS Bank haben wir aus diesem Grund bereits vor vielen Jahren ein eigenes Frauenkarriereprogramm entwickelt. Es fokussiert bewusst die Persönlichkeitsebene, die gesellschaftliche Erwartungshaltung bzw. Stereotypen und schärft die eigene Positionierung und Ziele. Wir konnten dadurch den Anteil an Frauen in Führungspositionen von 21 % im Jahr 2012 auf 36 % im Jahr 2023 heben. Ebenso wichtig sind die Rahmenbedingungen außerhalb des Unternehmens, vor allem Kinderbetreuungsplätze. Die Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen ist z.B. ein Erfolgsmodell. Im Jahr 2023 lag der Anteil an Aufsichtsrätinnen bei 35 % und der in nicht­quotenpflichtigen Unternehmen bei 21,4 %. Auch das Thema Teilzeit muss neu gedacht werden. Solange es derart hohe Teilzeitquoten unter den berufstätigen Frauen gibt, wird sich der Anteil an Frauen in Führungspositionen nur langsam erhöhen. Managementziele an die Erreichung von Diversitätszielen zu koppeln, macht ebenfalls Sinn. Gut etabliert sind bereits flexible Arbeitszeitmodelle, die es Frauen und Männern gleichermaßen ermöglichen ihrer familiären, sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden.“

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Heinz Mayer, Geschäftsführer JOANNEUM RESEARCH

„Es gibt kein Patentrezept für gelebte Chancengleichheit in Unternehmen. Es gibt aber ein Bewusstsein für Veränderungsbedarf und Strategien, um Strukturen aufzubrechen und gleichberechtigte Rahmenbedingungen zu schaffen. Es ist wichtig, dass Gleichstellungsaktivitäten auf oberster Managementebene mitgetragen werden. Dazu zählen die Bereitstellung von Ressourcen, die Einbeziehung von Anregungen und Ideen von Mitarbeitenden sowie die entsprechenden Reaktionen darauf. Es liegt in der Natur von Forschenden, Gegebenheiten zu hinterfragen und zu verbessern. Für uns als Forschungsgesellschaft ist es selbstverständlich, und es ist mir ein persönliches Anliegen, Gleichstellung und Wertschätzung im Unternehmen zu leben. Wir bieten allen dieselben Rahmenbedingungen, um Spitzenergebnisse in der Forschung möglich zu machen. Und das betrifft natürlich Frauen und Männer gleichermaßen.“

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Susanne Prisching, Gleichbehandlungsanwältin Kärnten und Steiermark

„Trotz der Einführung des Gleichbehandlungsgesetzes für die Privatwirtschaft 1979, besteht Benachteiligung vor allem von Frauen am Arbeitsplatz fort. Gesetzliche Bestimmungen sind wichtig, gesellschaftliche Awareness über stereotype Vorstellungen von Frauen und Männern ebenso. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft setzt neben individueller Beratung benachteiligter Personen durch ein individuell abgestimmtes, kostenfreies Vortragsangebot immer stärker auf Prävention. Unternehmen, die den Wert von Fairness und wertschätzendem Umgang erkennen, greifen auf dieses Angebot zurück. Information über die Diskriminierungsgründe wie auch den neuen Diskriminierungsgrund Betreuung und Pflege sind ebenso Inhalt, wie Rechte und Pflichten im Fall sexueller Belästigung oder abwertendem Verhalten im Arbeitsverhältnis. Zusammenhänge von Nachhaltigkeitsmaßnahmen und Gleichbehandlung verdienen ebenso Betrachtung.“

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Andreas Jesse, Geschäftsführer autArK Soziale Dienstleistungs-GmbH

„Chancengleichheit und diesbezüglich auch die Gleichstellung von Frauen und Männern haben bei autArK höchsten Stellenwert. Strukturen und Rahmenbedingungen gelten für Frauen und Männer gleichermaßen. Flexible Arbeitszeitmodelle, Geschlechteraus­ gewogenheit in den Gremien wie auch in Führungs­ und Entscheidungspositionen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit sowie eine positive und offene Unternehmenskultur zur Vermeidung von Diskriminierung jeglicher Art sind fixe Standards und schaffen in jeder Hinsicht einen Mehrwert. Trotzdem gibt es bei vielen Frauen aufgrund von Elternschaft und demnach unbezahlter Betreuungsarbeit einen signifikanten Verdienstunterschied. Hier müssten meiner Meinung nach seitens der Politik Maßnahmen wie eine lückenlose Kinderbetreuung, bezahlte Karenzzeiten für beide Elternteile (obligatorisch auch für Väter) und garantierte Pensionsleistungen für Betreuungsarbeit gesetzt werden.“

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Gabriele Lechner, Vizepräsidentin WKO Steiermark

„Zuerst die schlechte Nachricht: Ich fürchte, dass es in Österreich leider noch sehr lange brauchen wird, bis wir absolute Chancengleichheit im Erwerbsleben haben. Die gute Nachricht ist aber, dass wir Frauen – in den unterschiedlichsten Organisationen wie z. B. Frau in der Wirtschaft – nicht aufgeben werden dafür zu kämpfen. Was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeht, sind wir in Österreich europaweit gesehen noch sehr weit hinten. Als Beispiel nehme ich gerne Schweden, wo bereits in den 1970­er Jahren Änderungen – vor allem in der Kinderbetreuung – vorgenommen wurden und heute Chancengleichheit herrscht. Die Kinderbetreuung der unter Dreijährigen auszubauen und für mehr Kinderbetreuungspersonal (letztere mit besseren Rahmenbedingungen) zu sorgen ist der wichtigste Schritt. Was wir brauchen, sind große gesellschaftspolitische Änderungen. Wir müssen Frauen erklären, dass mehr Arbeit für sie mehr Unabhängigkeit bedeutet (siehe Scheidungsraten) und dass man als Frau keine Rabenmutter ist, wenn man das tut. Weiters muss Väterkarenz genauso akzeptiert werden wie Mütterkarenz – und beide sollten ihre Aufstiegschancen nicht verlieren, wenn sie dies in Anspruch nehmen.“

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Andreas Stugger, Geschäftsführer E-Werk Franz in Graz

„Eine 100%­ige Chancengleichheit im Erwerbsleben zu erreichen ist aufgrund individueller Lebensumstände mitunter herausfordernd, aber sollte selbstverständlich in jedem Unternehmen angestrebt werden. Bewährte Lösungen – auf die auch wir verstärkt setzen – wie flexible Arbeitszeiten, Gleitzeit­ und Teilzeitmodelle sowie Home Office­Möglichkeiten erleichtern es Familien, Privatleben und Beruf auf die persönlichen Bedürfnisse abzustimmen. Chancengleichheit bedeutet bei uns im Unternehmen auch, dass Stellenbesetzungen primär auf Basis der mitgebrachten Gesamtkompetenz erfolgen. So ist es uns gelungen, dass bei knapp der Hälfte aller Abteilungen – insbesondere der technischen – die Führungspositionen mit Frauen besetzt sind, was mir als Geschäftsführer sehr wichtig erscheint. Bei unserer Suche nach Elektrotechnik­Lehrlingen achten wir ebenfalls darauf, alle Geschlechter gleichermaßen anzusprechen, da wir auch in diesem wichtigen Nachwuchsfeld entsprechende Diversität und Chancengleichheit sicherstellen wollen.“

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Sara Schaar, Frauenreferentin Land Kärnten

„Es braucht vor allem entsprechende Rahmenbedingungen: Jede Frau muss die Chance auf eine gute Ausbildung haben, um später einen Job mit entsprechendem Einkommen ausüben zu können. Frauenarmut bzw. die oftmals finanzielle Abhängigkeit von Frauen erfordern bundesweite Maßnahmen für mehr Lohn­, Pensions­ und Steuergerechtigkeit. Auf europäischer Ebene ist dank der Initiative der Vizepräsidentin des Europaparlaments Evelyn Regner ein Meilenstein mit der EU­Transparenzrichtlinie gelungen. Diese verpflichtet Unternehmen dazu, Informationen offenzulegen, mit denen Arbeitnehmer:innen ihre Gehälter vergleichen und Unterschiede aufdecken können. Die Bundesregierung muss diese Richtlinie endlich umsetzen. Schließlich müssen Frauen aber auch mehr Möglichkeiten der Teilhabe erhalten, indem sie gezielt gefördert und in politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Daher ist es so wichtig, klassische Rollenbilder weiter aufzubrechen.“

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Kurt Aschbacher, Vertriebsdirektor BILLA Kärnten und Osttirol

„Chancengleichheit für alle Geschlechter herzustellen ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit, die nur gemeinsam bewältigt werden kann. Dieser Tatsache ist man sich auch bei BILLA bewusst, wo aktuell 21.700 Frauen beschäftigt sind, knapp 1.000 davon in Führungspositionen. Um diese Zahl kontinuierlich zu steigern, setzt das Unternehmen einen breitgefächerten Maßnahmenkatalog um. Unter anderem erfolgen regelmäßig FE:Male Culture Checks, um unbewusste Vorurteile zu hinterfragen und zu überwinden. Als familienfreundlicher Arbeitgeber entwickelt BILLA darüber hinaus laufend flexible und lebensphasenorientierte Karrierewege, die Unterbrechungen ermöglichen. Um Berufs­ und Familienleben auf allen Ebenen zu vereinen, ermöglicht BILLA außerdem Frauen sowie Männern Führung in Teilzeit. All diese Maßnahmen sind Teil der BILLA Strategie, um noch mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen.“

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