© kärnten.museum / Arnold Poeschl
Wirtschaft
23.05.2024

„Das Großprojekt Koralmbahn benötigt auch einen kulturellen Überbau“

Das neue kärnten.museum hat eine große Anziehungskraft entwickelt und bereitet sich gemeinsam mit der Steiermark auf die Eröffnung der Koralmbahn vor.

Seit einem Jahr leitet Wolfgang Muchitsch die Geschicke des kärnten.museum. Im Interview mit advantage spricht der gebürtige Steirer über aktuelle Projekte und wie man der Zugfahrt durch den Koralmtunnel künftig einen Mehrwert bieten will.

advantage: Was sind die programmatischen Schwerpunkte des kärnten.museum im heurigen Jahr?

Wolfgang Muchitsch: Unser großes Projekt im kärnten.museum ist in diesem Jahr das 100-jährige Jubiläum des Mediums Radio in Österreich, das wir anhand des Bundeslandes Kärnten bearbeiten. Die Sonderausstellung „Immer auf Sendung“ läuft vom 19. April bis 6. Oktober. Wir schaffen zudem eine neue, noch bessere Ausstellungsebene im Public Space im Erdgeschoss des kärnten.museum, die frei zugänglich ist. Dort werden wir uns Themen widmen wie „Hitler entsorgen“, wo es darum geht, wie man mit Überresten der NS-Vergangenheit umgeht, die man vielleicht in einem Privathaushalt findet. Weitere Schwerpunkte sind der Briefbombenterror der 1990-er Jahre und wir begeben uns wieder auf die Suche nach dem Ort Noreia. Wir beenden das Jahr mit einer großen Kunstausstellung, über die wir heute aber noch nichts verraten dürfen.

Mit welchen Angeboten können die Besucher:innen darüber hinaus rechnen?

2024 ist auch geprägt durch die Übernahme von zusätzlichen Standorten und Museen. Die „wissens.wert.welt“, das spartenübergreifende Mitmach-Museum für Kinder ab fünf Jahren, ist seit 1. Jänner Teil des kärnten.museum. Wir errichten gerade eine Erlebnisausstellung zum Thema „Zauberei. Von Merlin bis Hogwarts“, die im Juni eröffnet wird und schaffen dadurch ein zusätzliches Angebot für junge Besucher:innen. Auch verhandeln wir derzeit mit dem Pilgermuseum Globasnitz, das wir ja schon sehr schon lange wissenschaftlich mitbetreuen. Es gibt Gespräche den gesamten Betrieb zu übernehmen. Zudem soll das „Bachmann Haus“ in der Henselstraße in Klagenfurt für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es wird im Juni 2025 anlässlich des Geburtstags von Ingeborg Bachmann und den Tagen der deutschsprachigen Literatur eröffnet werden.

„Als kärnten.museum ist es uns wichtig, ein Ort des zivilgesellschaftlichen Diskurses zu sein, d. h. die brennenden Fragen der Gegenwart bei uns zu behandeln und auszuverhandeln.“

Wolfgang Muchitsch

Welche Pläne gibt es für das Kärntner Botanikzentrum sowie den Wappensaal?

Wir haben als kärnten.museum inzwischen elf Standorte. Innerhalb dieses Verbandes ist das Kärntner Botanikzentrum natürlich DER Hotspot der Biodiversität. Es gibt selten eine vergleichbare Situation im Zentrum einer Landeshauptstadt, wo man einen solchen Ort der Naturvielfalt zur Verfügung hat. Wir sind gerade in Verhandlung mit der Stadt Klagenfurt um die Erweiterung der Stollenanlage am Kreuzbergl, die wir als großes Schaufenster nutzen wollen. Es soll ein Ort der Bewusstseinsbildung entstehen. Im Wappensaal im Landhaushof planen wir gemeinsam mit dem Land Kärnten „ein Tor zur Demokratie“ – vor allem für junge Menschen – zu schaffen. Dafür haben wir einen Gestaltungswettbewerb durchgeführt und sind dabei eine Umsetzung bis zu Beginn des kommenden Jahres zu realisieren. Das wird der Auftakt für das Erinnerungsjahr 2025 sein.

2025 wird auch die Koralmbahn in Vollbetrieb gehen. Wie bereitet sich das kärnten,museum darauf vor?

Wir werden uns gemeinsam mit den Kolleg:innen des steirischen Landesmuseums mit der besonderen Beziehung der beiden Bundesländer auseinandersetzen – speziell mit den Motiven, weshalb Menschen die Landesgrenze überquert haben bzw. überqueren. Zeitgleich mit dem Start der Koralmbahn im Dezember 2025 planen wir ein großes Ausstellungsprojekt. Wir bemühen uns auch um eine Kooperation mit den ÖBB, weil es uns auch darum geht, die Inhalte, die wir generieren, zu den Menschen in die Züge zu bringen und dieser Zugfahrt einen Mehrwert zu geben. Das Großprojekt Koralmbahn benötigt nicht nur eine entsprechende Infrastruktur und wirtschaftliche Vernetzung, sondern auch einen kulturellen Überbau, um den Menschen zu signalisieren, dass wir eine gemeinsame, wichtige Region darstellen und dass es eine ganz besondere Beziehung zwischen unseren beiden Bundesländern gibt, die für mich ja ähnlich ist wie jene zwischen Tirol und Vorarlberg oder zwischen Salzburg und Oberösterreich. Es war schon immer ein gemeinsamer Kulturraum, der durch Gebirgslandschaften getrennt ist, die es immer irgendwie zu überwinden galt und gilt. Mobilität ist aus meiner Sicht kein menschliches Grundbedürfnis, sondern eine Notwendigkeit, um Grundbedürfnisse zu stillen. Wenn diese nicht mehr an einem Ort erfüllt werden können, wie es in der Historie oft der Fall gewesen ist, dann brauche ich auf einmal die Mobilität. Diese Tunnelstrecke ist natürlich für das Land Kärnten auch ein Jahrhundertereignis. Da braucht es auch ein gewisses kulturelles Umfeld, abgesehen von einem Festakt. Viele Kärntner:innen sind in der Steiermark und umgekehrt: Nun ist es wichtig, die Chancen zu erkennen und Synergien zu suchen.

Das kärnten.museum bietet auch 2024 vielfältige Schwerpunkte wie die Sonderausstellung „Immer auf Sendung“ oder die „wissens.wert.welt“. © kärnten.museum / Arnold Poeschl

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