„Jeder Schritt war eine Motivation, weiterzumachen und innovative Produkte zu entwickeln.“
Dem Hadn auf der Spur
Ursprünglich durch heidnische Wandervölker aus Asien nach Mittel- und Westeuropa gebracht, entwickelte sich der Buchweizen über die letzten Jahrzehnte ausgehend vom Kärntner Jauntal zu einem traditionellen Superfood. Unter der Bezeichnung Hadn strahlt das Kraftkorn mittlerweile weit über Südkärnten hinaus. Zentrum der „Hadnbewegung“ ist zweifelsohne die Gemeinde Neuhaus, die im September zum „Slow Food Village“ ernannt wurde und ab sofort Teil einer Weltmarke ist. Mit der internationalen Zertifizierung des Jauntaler Hadn als „Slow Food Presidio“ wurde der Buchweizen zudem als schützenswertes Kulturgut anerkannt. Advantage hat sich auf eine Entdeckungsreise begeben und mit Menschen aus der Region über die Entwicklung der Hadninitiative gesprochen.
Wertvolle Pionierarbeit
„Die Hadnbewegung in Neuhaus nahm ihren Anfang, als Wirt Peter Rupitz vorschlug, den Buchweizen wiederzubeleben. Gemeinsam waren wir die Initiatoren der Hadnbewegung“, erinnert sich Astrid Steharnig-Staudinger, Geschäftsführerin der Österreich Werbung und gebürtige Neuhauserin. Hadn wurde in der Region immer schon als Zweitfrucht angebaut, aber nie wirklich genutzt. In Zusammenarbeit mit Landwirt:innen und Gastwirt:innen entstand daraus eine neue Initiative und so wurde 1997 der Verein „Wir laden zum Hadn“ ins Leben gerufen. Fortan verschrieb man sich dem Anbau und der Veredelung des Buchweizens.
„Trotz anfänglicher Skepsis in der Bevölkerung – wir wurden auch belächelt – war es unser Ziel, zu zeigen, dass Hadn mehr Potenzial hat, als nur für traditionelle Gerichte wie Sterz. Über die Jahre stieg die Nachfrage nach Hadn-Produkten, vor allem durch das wachsende Interesse an glutenfreien Lebensmitteln“, erzählt Steharnig-Staudinger. „Wir haben etwas, das eigentlich in Vergessenheit geraten ist, wieder erweckt. Es ist schön, dass es sich für den einen oder anderen Bauern wieder lohnt, daheim zu bleiben und seine Produkte ab Hof zu vertreiben. Ich denke schon, dass hier ein paar Familien mittlerweile davon leben können“, ergänzt Hadnwirt Peter Rupitz.
Buchweizen-Kulinarik
Um das Wirken der Initiative zu bündeln, wurde 2012 im Ortsteil Schwabegg auch ein „Hadnzentrum“ errichtet. Herzstück bildet eine urige „Hadnmühle“, die von den Mitgliedsbetrieben genutzt wird und wo ausschließlich Buchweizen aus der Region verarbeitet wird. „Wir haben eine strenge Qualitäts- und Sauberkeitskontrolle und stellen den Anspruch auf Glutenfreiheit“, erklärt Vereinsobmann Josef Hirm. Des Weiteren befinden sich im „Hadnzentrum“ ein Vortragsraum, Büros sowie ein Verkaufsraum, wo die Buchweizenprodukte der Mitgliedsbetriebe erhältlich sind. „Das Sortiment reicht von Hadnmehl, Hadngrieß über Hadnchips, Hadnbusserln bis hin zu Hadncookies“, so Hirm.
Großer Beliebtheit erfreuen sich auch die traditionellen Hadnfeste, die alljährlich im September in und um Neuhaus stattfinden und seit 2023 um die „KunstSinnNeuhaus“ Wochen erweitert wurden. Zahlreiche Besucher:innen aus nah und fern nutzen die Gelegenheit sich von der heimischen Gastronomie und den Direktvermarktern mit kulinarischen Hadnkreationen umrahmt von künstlerischem Ambiente verwöhnen zu lassen. Verkaufsschlager ist nach wie vor die Hadntorte. „Es gibt aber kein einheitliches Rezept, jeder Wirt macht die Torte anders“, schmunzelt Hirm.
„Die Anerkennung als Slow Food Village war für mich persönlich sehr emotional und erfüllt mich mit großem Stolz, da der Hadn ein wichtiger Bestandteil unserer regionalen Vielfalt und damit auch der gesamten österreichischen Kulinarik ist.“
Slow Food Village
Mit der Verleihung des Titels „Slow Food Village Neuhaus“ durch Slow Food Kärnten-Obmann Gottfried Bachler wurde das Engagement der Gemeinde und ihrer 14 teilnehmenden Betriebe für nachhaltige und regionale Lebensmittelproduktion schließlich entsprechend gewürdigt. Die Förderung einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Ernährungs- und Esskultur sowie die Produktion von regionalen Lebensmitteln zu fairen Preisen steht im Fokus der Slow Food Initiative in Neuhaus. „Die Anerkennung als Slow Food Village nach 30 Jahren Arbeit war für mich persönlich sehr emotional und erfüllt mich mit großem Stolz, da der Hadn ein wichtiger Bestandteil unserer regionalen Vielfalt und damit auch der gesamten österreichischen Kulinarik ist“, freut sich Steharnig-Staudinger.
„Mich freut es, dass bereits junge Menschen da sind, die unsere Initiative weiterführen.“
Mit dem Hadn aufgewachsen
Ein weiterer Meilenstein ist die internationale Anerkennung des Jautaler Hadn als „Slow Food Presidio“ Produkt, der den Charakter als schützenswertes Kulturgut mit Alleinstellungsmerkmal untermauert. Die erfolgreiche Zertifizierung durch Slow Food International wurde federführend von Gudrun Glawischnig ausgearbeitet. Die 30-jährige stammt von einem landwirtschaftlichen Direktvermarkterbetrieb, Schloss Leifling, in Neuhaus und hat sich nach dem Studium der Agrar- und Umweltpädagogik ganz dem Buchweizen verschrieben. Inspiriert von ihrer Familie und der Liebe zur regionalen Küche, hat Glawischnig innovative und einfache Rezepte entwickelt, die sie in ihrem Kochbuch „Buchweizen-Zauber – Genuss ohne Gluten“ teilt.
„Ich finde, der Jauntaler Hadn ist etwas ganz Besonderes. Es ist mir ein Herzensanliegen, dass das Bewusstsein in der Bevölkerung dafür noch weiterwächst“, betont Glawischnig und ergänzt: „Ein wichtiger Faktor in Zusammenhang mit Slow Food Presidio ist das Thema Nachhaltigkeit. Hier geht es auch um die Transportwege: Von unserem Hof bis zur Hadnmühle sind es gerade einmal acht Minuten. Zudem wird auf Düngung und Pflanzenschutz zur Gänze verzichtet, denn sonst wächst die Pflanze nicht.“
WISSENSWERT
Buchweizen (umgangssprachlich: Hadn) hat sich vom „Arme-Leute-Essen“ zu einem hochwertigen und beliebten Lebensmittel entwickelt.
Das Pseudogetreide, ein Knöterichgewächs, enthält kein Gluten und ist demnach vielseitig einsetzbar. Buchweizen ist sehr kohlenhydratreich, leicht verdaulich und enthält einen ausgewogenen Mineralstoff-Mix und ist für alle gut geeignet, die hohe Ansprüche an ihre Ernährung stellen.
1.–3.: Der Jauntaler Hadn (Buchweizen) bildet wunderschöne Blüten aus, die nicht nur das menschliche Auge begeistern, sondern auch für die Bienen eine wertvolle Nahrungsquelle sind. © Verein Genussregion Jauntaler Hadn „Wir laden zum Hadn“ / Josef Plimon
4. Im September wurde die Gemeinde Neuhaus zum Slow Food Village ernannt. Von dieser Auszeichnung profitiert der gesamte Südkärntner Raum. © KSL Tourismus Marketing GmbH
5. Gudrun Glawischnig und Josef Hirm vor der Hadnmühle im Jauntaler Hadnzentrum in Schwabegg. © Josef Plimon
7.–11.: Im Kochbuch „Buchweizen-Zauber – Genuss ohne Gluten“ teilt Gudrun Glawischnig schnelle und einfache Hadn-Rezepte für die ganze Familie. © Privat, Stabentheiner