"Die AREA Süd öffnet uns neue unternehmerische Möglichkeiten weit über die Landesgrenzen hinaus, in den Alpen-Adria-Raum und weit bis in den wirtschaftlich aufstrebenden Osten Europas."
Den Wandel mit Entschlossenheit gestalten
Versäumnisse der Vergangenheit, gesellschaftliche Entwicklungen und veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen machen der heimischen Wirtschaft zu schaffen. WK-Präsident Jürgen Mandl: „Der Wirtschafts- und Lebensstandort Kärnten steht an einem Scheideweg. Wir müssen mit deutlich größerer Entschlossenheit den Wandel gestalten, um den bereits spürbaren Verlust von Wirtschaft, Wertschöpfung und Wohlstand in verkraftbaren Grenzen zu halten.“
Export ist für Kärnten unverzichtbar
Nicht nur Deutschland, das mit mehr als 50 Prozent aller Warenlieferungen der Kärntner Hauptexportmarkt ist, steckt seit Jahren in einer Rezession. Auch Italien und Slowenien schwächeln, wie die Nachfrage in Europa insgesamt. Österreich hat international an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt, Hauptursache sind hohe Energie- und Arbeitskosten, verstärkt durch eine überbordende Bürokratie auf nationaler und EU-Ebene sowie eine überzogene EU-Klima- und Umweltpolitik mit haarsträubenden und weltfremden Berichts-, Informations- und Kontrollpflichten. Die Trump-Präsidentschaft verunsichert zunehmend auch Exporteure in die USA. Mandl: „Es muss allen klar sein: Für einen kleinen Standort wie Kärnten ist der Export unverzichtbar.“
Arbeits- und Fachkräftemangel als große Herausforderung
Verstärkt wird der Effekt durch die gesellschaftlichen Entwicklungen: Die Ausdünnung der arbeitsfähigen Bevölkerung zwischen 15 und 65 führe bereits jetzt zu einem Arbeits- und Fachkräftemangel. Das Land Kärnten steuert durch eine auf Druck der WKK eigens geschaffene Arbeitskräfteagentur gegen, die im Ausland qualifiziertes Personal anwirbt. „Die immer stärker klaffende Lücke von 40.000 Arbeitskräften bis 2030 wird damit allein aber nicht zu füllen sein. Es muss uns also dringend etwas einfallen, sonst wird Kärnten ärmer – in einer Phase, in der die älter werdende Gesellschaft mehr Gesundheits-, Betreuungs- und Pflegeleistungen brauchen wird“, warnt Mandl. Durch den Teilzeitboom und das Streben nach Work-Life-Balance wird dieser Trend erschwert. Mandl: „Dieser gesellschaftliche Trend verstärkt die Auswirkungen des demografischen Wandels zusätzlich. Daher brauchen wir mehr Anreize, zum Beispiel steuerlich begünstigte Mehr- und Längerarbeit bei Überstunden und Pensionisten, was teilweise im Arbeitsprogramm der neuen Bundesregierung vorgesehen ist, ebenso wie die Ausweitung der Rot-Weiß-Rot-Karte.“
Selbstgemachte Versäumnisse der Vergangenheit ergänzen das Bild, was etwa im Tourismus sichtbar wird, der sich in einer tiefgreifenden Strukturreform befindet. Auch die Industrie hat bei Energie und Arbeitskosten mit drastischen Nachteilen zu kämpfen. Die regionale Budgetsituation ist eine weitere Belastung, aber auch die zögerliche Umsetzung von Energiewende und Netzausbau. „Wir schaffen es leider nicht, drängende Entscheidungen auf eine pragmatische Diskussion herunterzubrechen“, so Mandl in Bezug auf die jüngste Windkraft-Volksbefragung in Kärnten,.
Koralmbahn als Chance für den Süden
Chancen sieht die Wirtschaft vor allem durch das Jahrhundertprojekt Koralmbahn, die einen neuen Wirtschaftsraum in Südösterreich – im weiteren Sinne von der Adria bis an die Ostsee - schaffen wird. Kärnten habe, so Mandl, den enormen Standortvorteil, gleich an zwei der elf europäischen Bahnkorridore zu liegen, an der Baltisch-Adriatischen Achse und der Westbalkanstrecke. Das setze allerdings den Ausbau des Logistik-Centers Austria Süd in Fürnitz ebenso voraus wie die Schaffung von Mobilitätslösungen, um die Wirkung der neuen Bahnachse auch in die dezentralen Regionen zu verteilen. Diese Schwierigkeit zeige sich besonders am Beispiel Klagenfurt, betonte Mandl: „Ausgerechnet die Landeshauptstadt glaubt offenbar, gar nichts tun zu müssen, um sich auf die Koralmbahn vorzubereiten.“
Bürokratische Hürden abbauen
80 bis zur konkreten Formulierung in Gesetzestexten und Verordnungen ausgearbeitete Vorschläge hat die Wirtschaftskammer dem Land Kärnten im vergangenen Jahr gemacht, nichts davon ist bisher umgesetzt. Mandl: „Mehr als vorschreiben kann man bald nicht mehr.“ Mandl lobte allerdings auch die Kooperation mit Wirtschaftslandesrat Sebastian Schuschnig, mit dem er die Exportoffensive ausgebaut und aufgewertet habe: „Ein kleiner Standort muss in die Welt hinaus, wir brauchen eine stärkere Diversifikation der Märkte und Produkte.“
Programm der neuen Bundesregierung
Die Wirtschaft sei grundsätzlich erleichtert, dass Österreich nach fünf Monaten wieder eine Bundesregierung habe. Das mit Spannung erwartete Wirtschaftsprogramm sei gekennzeichnet von der offenbar dramatischen Budgetsituation, die keine großen Würfe zulässt. Trotzdem gibt es erfreuliche Signale der wirtschaftlichen Vernunft, von denen ganz Österreich und auch die Unternehmer:innen profitieren: So sei die Endbesteuerung von 25 Prozent für alle, die in der Pension noch weiterarbeiten wollen, ein Anreiz, ihr enormes Know-how noch länger in den Betrieb einzubringen und damit den Fachkräftemangel zu lindern. Höhere Freibeträge und Pauschalierungen, der Entbürokratisierungsbericht sowie die angekündigte Vereinfachung von Lohnverrechnung und Steuerrecht würden die Bürokratielast reduzieren.
Erfreut zeigte sich Mandl darüber, dass es auch zwei Forderungen aus Kärnten ins Arbeitsprogramm der Bundesregierung geschafft haben: So sei Mandls Vorschlag zur Schaffung eines Staatssekretariats für Deregulierung umgesetzt worden und der Entfall der Belegerteilungspflicht unter 35 Euro, für den sich Mandl schon vor der Wirtschaftskammerwahl 2020 eingesetzt hatte.
WK-Wahlen am 12. und 13. März
Mit Blick auf die Wirtschaftskammerwahl ließ Mandl die vergangenen Monate Revue passieren: Er habe seit dem Sommer knapp 1000 Betriebe besucht und viele Gespräche mit Unternehmer:innen geführt. Einerseits sei er beeindruckt, mit welcher Tatkraft und welchem Unternehmergeist Wertschöpfung und Existenzen in den Regionen erhalten werden. Andererseits habe er aber auch ein klares Bild von den Folgen von Abwanderung, Infrastrukturproblemen und hausgemachten Versäumnissen gewonnen.
Mandl appellierte beim Wirtschaftsgipfel auch an seine Unternehmerkollegen, ihr Schicksal wieder verstärkt in die Hand zu nehmen. Kärnten habe immer noch gute Voraussetzungen: „Top Unternehmen, hochqualifizierte Mitarbeiter:innen, einen funktionierenden Rechtsstaat, aktive Finanzinstitute, öffentliche Fördermöglichkeiten. Die AREA Süd öffnet uns neue unternehmerische Möglichkeiten weit über die Landesgrenzen hinaus, in den Alpen-Adria-Raum und weit bis in den wirtschaftlich aufstrebenden Osten Europas. Und sogar die Europäische Union hat den Ernst der Lage erkannt und setzt mit den Omnibus-Paketen, dem Clean Industrial Deal und dem Aktionsplan für leistbare Energie erste, wichtige Schritte. Also gehen wir es an!“
Studie zum Wirtschaftsstandort
Luft nach oben hat der Standort jedenfalls, wie WK-Direktor Meinrad Höfferer ausführte. Eine aktuelle Studie bescheinigt Kärnten eine im Vergleich zu Gesamtösterreich unter-durchschnittliche Entwicklung: „Bei der Bruttowertschöpfung verliert Kärnten gegenüber Tirol und Salzburg aufgrund geringerer Dienstleistungs-Orientierung, da müssen wir das Gap zum Bundesdurchschnitt schließen!“