Wolfgang Deutz
© LKH Villach
Krankenhäuser sind ebenso schädlich wie Flugzeuge. Daher ist die Reduktion von CO2-Emissionen entscheidend. Konkret werden etwa sieben Prozent der CO2-Emissionen in Österreich vom Gesundheitssektor verursacht. Davon fallen wiederum 32 Prozent auf Krankenanstalten. Verwunderlich ist das nicht: Schließlich wird hier modernste Hochleistungsmedizin erbracht. Zudem versorgen Krankenhäuser Patient:innen rund um die Uhr. „Dennoch kann man viel dafür tun, um seinen ökologischen Fußabdruck zu minimieren“, weiß Wolfgang Deutz. Er ist kaufmännischer Direktor des Landeskrankenhauses (LKH) Villach.
Klimaschutz spart Geld
Ein großer Teil der Emissionen werde über die Lieferkette verursacht. Deshalb sei eine ökologische Beschaffung ebenso wichtig wie die Reduktion von Verbrauchsmaterialien. „Die Frage Ein- oder Mehrweg kann man auch im Krankenhaus stellen“, so Deutz. Speiseabfälle könne man durch organisatorische Maßnahmen reduzieren. Vieles Weggeworfene könne man durch getrennte Sammlung wieder einem Kreislauf zuführen, wie zum Beispiel Einmal-OP-Scheren. Jedes eingesparte Material spare nicht nur CO2, sondern auch Geld.
Villach als Pionier
Einen der größten CO2-Treiber findet man in der Anästhesie. Viele als Narkosegase eingesetzte Verbindungen ähneln den Fluorchlor-Kohlenwasserstoffen (FCKWs). Sie dürfen ungefiltert in die Atmosphäre entlassen werden und verbleiben dort über Jahrzehnte. „Narkosegase haben ein sehr großes CO2-Äquivalent. Ein 240-ml-Fläschchen Desfluran entspricht einer 6.000 Kilometer langen Autofahrt“, erklärt Deutz.
Villach hat daher bereits 2021 das Recycling von Narkosegas eingeführt. Dabei wird das vom Patienten während der Operation ausgeatmete Narkosegas mit einem Filter aufgefangen und aufbewahrt. Im nächsten Schritt werden die Filter gesammelt und aufbereitet. So können die Narkosegase wiederverwendet werden. „Man verhindert also, dass diese Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen und muss gleichzeitig weniger neues Narkosegas produzieren“, erklärt Deutz. Durch Vernetzungsarbeit sei das Recycling schon österreichweit im Einsatz.
Wolfgang Deutz
© LKH Villach
Vernetzung im Fokus
Apropos Vernetzung. Deutz ist Präsident des Österreichischen Verbands Grüner Krankenhäuser (ÖVGK), der Ende 2022 gegründet wurde, um grüne Vorreiter:innen im österreichischen Gesundheitswesen zu vernetzen. Besonders der Gesundheitsbereich spürt die Folgen der Hitze massiv. „Hitzestress führt zu Immunsuppression oder beeinträchtigt die Wundheilung nach Operationen“, erklärt Deutz. Extremwetterereignisse können zudem zu einem Massenanfall an Patient:innen führen.
Umgekehrt können Sturmschäden die Krankenhausinfrastruktur beschädigen. „Durch den Klimawandel breiten sich auch neue Vektoren aus, die Zoonosen übertragen können“, fügt Deutz hinzu. Ein Beispiel dafür sei die Asiatische Tigermücke. Die Klimabedingungen würden für sie immer günstiger, wodurch das Risiko für tropische Krankheiten steige. „Auch Zecken breiten sich in immer höheren Lagen aus.“ Für all diese Punkte sei die Schaffung von Resilienz im Krankenhaus-Umfeld wichtig. „Abläufe und Strukturen müssen vorbereitet sein. Hier sieht sich der ÖVGK als Verband, der Awareness schafft, vernetzt und gute Beispiele verbreitet“, so Deutz.
„Man kann als Krankenhaus viel dafür tun, um seinen ökologischen Fußabdruck zu minimieren.“
Preisregen für grüne Krankenhäuser
Vor Kurzem würdigte der ÖGVK erstmals mit seinen Innovations- und Nachhaltigkeitspreisen herausragende Projekte im Gesundheitswesen Kärntens und Österreichs. Den ersten Platz in der Kategorie Österreich sicherte sich das LKH-Universitätsklinikum Graz mit dem Projekt „Sanfte Mitarbeiter-Mobilität“. Es zählt mit rund 7.700 Mitarbeitenden zu den größten steirischen Arbeitgebern, die Anzahl an Parkplätzen ist jedoch limitiert, weshalb man nach einer Alternative zum Parken suchte. Unter anderem wurde für alle Mitarbeitenden, deren Wohnsitz weiter als zwei Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt war, ein gefördertes Öffi-Jahresticket eingeführt. Darüber hinaus sind am Gelände Diensträder vorhanden und Radfahrer:innen können per App eingesparte CO2-Emissionen ermitteln und Preise gewinnen.
Mit Preisen ausgezeichnet wurden auch die Ordenskrankenhäuser wie das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit an der Glan sowie das Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt. Bei den Barmherzigen Brüdern sind „Umweltcoaches“ direkt auf den Stationen unterwegs und liefern Anregungen, wie Energie gespart werden kann. „Wir klopfen niemandem auf die Finger. Wir blicken nur mit geschulten Augen auf umweltrelevante Bereiche“, sagt Umweltcoach DGKP Martina Marcher. Das Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt hat sich bereits zum zweiten Mal für einen freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht entschieden. Darin informieren die Verantwortlichen über die „Aktivitäten“ der letzten beiden Jahre und stellen auch ihre Ziele vor.
Zu den Vorreiter:innen in Sachen Nachhaltigkeit zählt auch das A. ö. Krankenhaus des Deutschen Ordens Friesach. Es wurde vor Kurzem mit dem „Energy Globe Award Kärnten 2024“ dafür ausgezeichnet, dass es in nur drei Jahren den Energiegesamtverbrauch um rund ein Viertel senken konnte.
WISSENSWERT
Der Österreichische Verband Grüner Krankenhäuser (ÖVGK) wurde 2022 gegründet und zählt 24 Mitgliedsorganisationen. Mit circa 5.000 Betten umfasst er über zehn Prozent der fondsfinanzierten Betten Österreichs.
Der Verband bietet auch Angebote für Nichtmitglieder, z. B. kostenlose Online-Jours-fixes.
1. Villach hat bereits 2021 das Recycling von Narkosegas eingeführt. © LKH Villach
2. Um besondere Projekte in der Gesundheitsversorgung zu würdigen, verlieh der ÖVGK heuer erstmals seine Innovations- und Nachhaltigkeitspreise unter dem Motto „Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen“. © ÖVGK Gillner
3. ÖVGK Nachhaltigkeitspreis 2024. © ÖVGK Jamnig