Günther Goach, Präsident der Arbeiterkammer Kärnten
„Die Arbeitswelt der Zukunft muss sozial nachhaltig gestaltet werden“
Im Interview mit advantage spricht Günther Goach über aktuelle Herausforderungen am Kärntner Arbeitsmarkt und welche Bedeutung die Koralmbahn in diesem Kontext einnimmt.
advantage: Welche Bedürfnisse nehmen Sie als Vertreter der Arbeitnehmer:innen aktuell am stärksten wahr?
Günther Goach: Wir nehmen besonders die Veränderungen der Arbeitswelt im Kontext der Digitalisierung wahr, wobei es hier starke Unterschiede zwischen Arbeitstätigkeiten, Branchen und Betrieben gibt. Arbeitsinhalte und Berufsbilder verändern sich stetig. Eine wesentliche Begleiterscheinung der Digitalisierung von Arbeit ist die zunehmende Flexibilisierung: Arbeit ist weniger an bestimmte Zeiten oder Orte gebunden. Neue Freiräume ergeben sich, was z. B. zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben beitragen kann. Auf der anderen Seite trägt dies aber auch zu einer Entgrenzung von Arbeit bei, das heißt zu einer zunehmenden Vermischung von Berufs- und Privatleben. Gesteigerter Zeit- und Leistungsdruck und Überlastungen sind hierbei oft Begleiterscheinungen. Ein Grundbedürfnis der Menschen ist es, sich mit ihrem Einkommen ein gutes Leben leisten zu können. Hier muss die Politik mehr Anstrengungen in puncto Ausbildung und Entlastungen schaffen, damit Arbeitnehmer:innen, die täglich zum Erfolg des Unternehmens beitragen und das Land am Laufen halten, sich auch ein gutes Leben leisten können!
Welche Rahmenbedingungen braucht es für eine zukunftsträchtige Arbeitswelt?
Es ist notwendig, sich ständig fort- und weiterzubilden und so neuen Arbeitserfordernissen Rechnung tragen zu können. Wir als Arbeiterkammer bieten unseren Mitgliedern mit der AKademie eine Plattform mit Online-Kursen, Webinaren oder blended learning-Angeboten, um digitale Bildung voranzutreiben, auszubauen und Teilhabe zu schaffen. Generell müssen Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die sich primär an menschlichen Bedürfnissen und an guten Arbeitsbedingungen, statt an technischen Vorgaben ausrichten. Dabei spielt die betriebliche Mitbestimmung eine Schlüsselrolle. Die Arbeitswelt der Zukunft muss sozial nachhaltig gestaltet werden. Der Arbeitnehmer:innenschutz spielt hier eine wichtige Rolle! Es geht darum, faire Bedingungen für die Beschäftigten durchzusetzen, natürlich auch im Einklang mit der Wirtschaft.
(Wie) wird die Inbetriebnahme der Koralmbahn den Arbeitsmarkt im Süden Österreichs aus Ihrer Sicht verändern?
Durch die Eröffnung des Koralmtunnels wird sich ein neues Kapitel im Bereich des öffentlichen Verkehrs auftun. Die Bundesländer Kärnten und Steiermark werden zusammenwachsen und es entsteht ein neuer Wirtschaftsraum. Durch die neuen Chancen am Arbeitsmarkt werden neue Pendelverflechtungen entstehen. Wichtig ist, dass die Regionen an die Koralmbahn angebunden, Zubringersysteme ausgebaut und die Taktung zu bestimmten Zeiten verdichtet und allgemein aufeinander abgestimmt werden. Nichtsdestotrotz darf es zu keiner Benachteiligung jener Regionen in Kärnten kommen, die nicht an der Strecke liegen. Alle Kärntner:innen müssen von den Möglichkeiten der Koralmbahn profitieren können. Positive Auswirkungen, die das Jahrhundertprojekt mit sich bringt, sollen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch für den öffentlichen Verkehr im gesamten Bundesland genutzt werden.