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Wirtschaft
14.12.2022

„Die Sozial­partnerschaft ist besonders in Krisenzeiten von großer Bedeutung“

Die Sozialpartnerschaft ist ein wichtiger Anker für die Menschen in Österreich. Gemeinsam wird versucht, den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Kärnten zu schützen und zu stärken. Ein Interview.

AK-Präsident Günther Goach, Sylvia Gstättner Vorsitzende des Landesstellenausschusses der Österreichischen Gesundheitskasse in Kärnten und Direktorin des Wirtschaftsbundes Kärnten, Georg Steiner Vorsitzender des Landesstellenausschusses der Österreichischen Gesundheitskasse in Kärnten und Landessekretär des ÖGB Kärnten und Jürgen Mandl Präsident der Wirtschaftskammer Kärnten im Gespräch über die Bedeutung der Sozialpartnerschaft in schwierigen Zeiten, wie wir sie derzeit durchleben. 

advantage: Welche Aufgaben hat die Arbeiterkammer?

Günther Goach: Das AK-Gesetz definiert klar unseren Auftrag, die sozialen, wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen Interessen der ArbeitnehmerInnen zu vertreten und zu fördern. Die AK kann und muss dazu beitragen, dass es auch in Zukunft für alle soziale Gerechtigkeit
gibt: Fair verteilter Wohlstand, leistbares Wohnen, mehr und bessere Beschäftigung, Bildung für alle, Schutz der Umwelt und Ressourcen – dafür stehen wir ein. Und wir halten, was wir versprechen! Im Vertrauensindex von APA/OGM liegt die AK, nach der Polizei und dem Bundesheer, auf Platz drei.

Welche Aufgaben hat die ÖGK?

Sylvia Gstättner und Georg Steiner: Die Österreichische Gesundheitskasse ist die größte soziale Krankenversicherung Österreichs: Sie bietet 7,4 Millionen Versicherten in Österreich Schutz - unabhängig von Alter oder Einkommen. Eine Risikoauslese wie bei einer Privatversicherung gibt es nicht. Bei allen einschneidenden Ereignissen im Leben (Krankheit, Unfall, Tod, Arbeitslosigkeit, Alter) ist die ÖGK an der Seite Ihrer Versicherten. Dies alles ist jedoch nicht alleine möglich, denn unsere Vertragspartner erbringen für unsere Ver­sicherten Gesundheitsleistungen. Die Zusammenarbeit mit ihnen, die Abgeltung der Leistungen und die Planung der Versorgung in Kärnten sind wesentliche Aufgaben der ÖGK. Auch Dienstgeber sind wichtige Partner. Eine Besonderheit ist, dass die österreichische Sozialversicherung nach dem Prinzip der Selbstverwaltung organisiert ist. Dafür werden Selbstverwaltungskörper gebildet, in welche die Interessensvertretungen der Dienstnehmer und Dienstgeber sogenannte Versicherungsvertreter entsenden. Diesen sind die Bedürfnisse und Probleme der vertretenen Personengruppe bestens bekannt und sie sorgen für eine unbürokratische und kosten­günstige Organisation. Einer dieser Selbst­verwaltungskörper ist der Landesstellenausschuss. Die Österreichische Gesundheitskasse ermöglicht allen ihren Versicherten den gleichen Zugang zu unserem im internationalen Vergleich hervorragenden Gesundheitssystem.  

"Wesentlich ist die Handschrift der Sozialpartner bei den Arbeitsbedingungen, dem Ausverhandeln der Löhne und der Wirtschaftsförderung."

Georg Steiner, Vorsitzender des Landesstellenausschusses der Österreichischen Gesundheitskasse in Kärnten und Landessekretär des ÖGB Kärnten

Welche Aufgaben hat die Wirtschaftskammer?

Jürgen Mandl: Die drei strategischen Geschäftsbereiche der Wirtschaftskammer sind die Interessenvertretung, das Service und die Bildung. Im Bereich der Interessenvertretung gestalten wir aktiv die wirtschaftlichen Rahmenbedingen auf Landes-, Bundes- und Europaebene – aktuell etwa bei den Themen Energiewende, Strom- und Gaspreise- mit. Im Bereich Service sind wir einerseits der erste Ansprech­partner für unsere Mitgliedsunternehmen hinsichtlich Informationen und Beratung (zum Beispiel Gründerservice, Betriebshilfe, Betriebsnachfolge), andererseits Initiator, Vermittler und Partner bei regionalen, nationalen und globalen Wirtschaftsförderungsaktivitäten (zum Beispiel Wirtschaftsraum Süd). Im Bereich der Bildung sind wir ein wichtiger Qualifizierungs­partner (zum Beispiel TAZ, WIFI) und aktiver Wissensvermittler (zum Beispiel Kärntner Wirtschaft, Newsletter, Social Media, Veranstaltungen) für unsere Mitgliedsunternehmen, indem wir Expertenwissen professionell aufbereiten und dieses weltweit, zeitunabhängig und auf einfache Weise unseren Mitgliedsunternehmen zur Verfügung stellen.

Welche Bedeutung hat die Sozialpartnerschaft, vor allem in schwierigen Zeiten wie sie es derzeit sind? Merkt ihr, dass sich die Menschen öfter hilfesuchend an euch wenden?

Günther Goach: Der österreichische Weg umfassender sozialpartnerschaftlicher Mitbestimmung ist so aktuell wie nie! So ist die sozialpartnerschaftliche Kurzarbeits­lösung in Coronazeiten ein neuerlicher Beleg für die hohe Funktionsfähigkeit. Beim „Energieschock“ ist die AK treibende Kraft. So konnte – auch aufgrund des Druckes der AK – im Sommer ein Antiteuerungspaket der Regierung auf den Weg gebracht werden.

Die ständig steigende Inanspruchnahme unserer Leistungen bestätigt, dass wir mehr denn je gebraucht werden. Fast 200.000 Beratungen im Arbeits- und Sozialrecht, im Konsumentenschutz und im Lohnsteuerservice, brachten den rund 200.000 AK-Mitgliedern in Kärnten im Jahr 2021 rund 43 Millionen Euro zurück.

Sylvia Gstättner und Georg Steiner: Die Sozialpartnerschaft, das kooperative Verhältnis der Sozialpartner-Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, also der Interessensverbände Österreichischer Gewerkschaftsbund, Bundesarbeiterkammer, Wirt-
schaftskammer Österreich und Landwirtschaftskammer- mit der Regierung ist gerade in Krisenzeiten ein Garant für ­sozialen Frieden in Österreich. Durch Konsensfähigkeit, Interessenausgleich  und ein koordiniertes Vorgehen leistet die österreichische Sozialpartnerschaft auch einen wichtigen Beitrag zur wirtschaft­lichen und sozialen Stabilität. Wesentlich ist die Handschrift der Sozialpartner bei den Arbeitsbedingungen, dem Ausverhandeln der Löhne und der Wirtschaftsförderung. Sowohl Arbeitnehmervertreter wie auch Arbeitgebervertreter sind natürlich in schwierigen Zeiten besonders gefordert. 

Jürgen Mandl: Die Sozialpartnerschaft ist besonders in Krisenzeiten von großer Bedeutung. Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die Energiekosten – die großen Herausforderungen in diesen Zeiten sind vielfältig und nur gemeinsam zu bewältigen. Aber auch bei anderen Themen wie dem Fachkräftemangel, der besorgniserregenden demografischen Entwicklung oder der Digitalisierung sind wir gefordert. Zu Beginn und in den „Hochzeiten“ der Corona-Pandemie gab es einen sprunghaften Anstieg der Kontaktauf­nahmen durch unsere Mitgliedsbetriebe. Aktuell sind es die exorbitanten Energiepreise, die unsere Mitgliedsunternehmen in ihrer Existenz bedrohen und daher vermehrten Beratungs- und Informations­bedarf mit sich bringen.

 

"Sowohl Arbeitnehmervertreter wie auch Arbeitgebervertreter sind natürlich in schwierigen Zeiten besonders gefordert.“

Sylvia Gstättner, Vorsitzende des Landesstellenausschusses der Österreichischen Gesundheitskasse in Kärnten und Direktorin des Wirtschaftsbundes Kärnten

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den anderen Sozialpartnern in Kärnten?

Günther Goach: Die enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Sozialpartnern und AMS ist österreichweit einzigartig. Die Einbindung aller Kräfte ist zur Bewältigung von Herausforderungen und Krisen sozusagen oberste Prämisse. Wir finden uns zum Beispiel vierteljährlich zu einem Sozialpartnergipfel mit der Landesregierung zusammen, haben gemeinsam über Maßnahmen der Gelder aus der Coronastiftung entschieden, entsenden unsere AK-Experten regelmäßig in wirtschafts- und sozialpolitische Ausschüsse, um dazu beizutragen, die aktuellen Krisen zu meistern und den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Kärnten gemeinsam zu schützen und zu stärken.

Sylvia Gstättner und Georg Steiner: In Kärnten trägt die gut funktionierende Zusammenarbeit der Sozialpartner viel zur guten Entwicklung und zur Lebensqualität und guten gesundheitlichen Versorgung in unserem Land bei. Wenn Probleme auftreten, so setzt man sich gemeinsam an einen Tisch und versucht, eine konsensuale Lösung zu finden, die natürlich eine Kompromissbereitschaft von allen Seiten verlangt.

Jürgen Mandl: Eine gute Sozialpartnerschaft lebt von einer guten Streitkultur. Diese ist zwischen uns Sozialpartnern manchmal hart, aber immer wertschätzend im Interesse des Wirtschafts- und Lebensstandortes. Gemeinsam konnten und können wir gesamtgesellschaftliche Herausforderungen bewältigen und viel für die Menschen in Kärnten erreichen.

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