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Umwelt
08.05.2024

Ein Rohstoff im Kreislauf der Natur

Wie nachhaltige Waldbewirtschaftung und Bauen mit Holz zu einem klimafreundlichen Leben für die nächste Generation beitragen können.

Schon der Freiberger Oberberghauptmann Carl von Carlowitz formulierte vor mehr als 300 Jahren, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung wieder nachwachsen kann. Das Prinzip der Nachhaltigkeit hat aktuell mehr Relevanz denn je. Wir haben Persönlichkeiten aus Kärnten und der Steiermark daher folgende Frage gestellt: Wie hilft die Wald- und Holzwirtschaft dem Klima und welche Bedeutung hat der Wald für Sie persönlich?

Anna-Sophie Pirtscher, Leiterin der Forstlichen Ausbildungsstätte Ossiach am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW)

Der Wald kann CO2 aus der Luft aufnehmen und den Kohlenstoff in Biomasse und dem Waldboden speichern. Durch die langfristige Nutzung von Holz wird dieser Effekt sogar noch verstärkt, indem Kohlenstoff über die Lebensdauer der Bäume hinaus gebunden wird. Besonders in städtischen Gebieten ist der Wald ein wertvoller Luftfilter und sorgt für angenehme Kühle an heißen Sommertagen. Damit er auch zukünftig all seine Funktionen erfüllen kann, ist eine klimafitte und nachhaltige Waldbewirtschaftung unerlässlich. Während der Wald zweifellos ein Teil der Lösung zum Klimawandel ist, darf er nicht als alleiniges Heilmittel betrachtet werden. Persönlich bewundere ich den Wald zutiefst. Er ist mein Arbeitsplatz und schafft es, dass ich bei Spaziergängen abschalten kann. Er bietet endlose Entdeckungsmöglichkeiten: ein kleines Buschwindröschen am Wegrand, ein Fraßmuster auf einer Rinde oder einen geschäftigen Ameisenhaufen.

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Paul Lang, Obmann Waldverband Steiermark und proHolz Steiermark

Unser Land wäre ohne Wald gar nicht vorstellbar. Ohne Wald würden wir uns nicht wohlfühlen. Speziell unser Kleinklima wäre ohne den kühlenden Effekt der Wälder sicher nicht so angenehm, wie es derzeit noch ist. Klimatechnisch gesehen haben unsere Wälder aber eine noch viel erstaunlichere Funktion. Sie können das CO2 in unseren lebensnotwendigen Sauerstoff umwandeln – und das nur mithilfe von Wasser und der Sonne. Das Geniale dabei ist: Wenn wir Holz als Baustoff – für Möbel oder auch Fenster, Böden und vieles mehr – verwenden, dann wird der im Holz gebundene Kohlenstoff noch viele weitere Jahre gespeichert. Inzwischen können an jenem Platz, an dem reife Bäume geerntet wurden, schon wieder neue Bäume wachsen und wieder CO2 binden! Holzverwendung ist also Klimaschutz! Durch möglichst hohen Einsatz von Holz und Holzfasern in immer mehr Bereichen können wir zudem enorm viel Erdöl ersetzen. Das ist ein zusätzlicher wichtiger Klimaschutz. Für mich ist der Wald die sauberste Fabrik der Welt. Wir Waldbäuerinnen und Waldbauern bewirtschaften unsere Wälder seit vielen Jahren, indem wir Holz nutzen und trotzdem wird der Wald nicht weniger! Kein anderer Wirtschaftssektor arbeitet so nachhaltig.

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Elisabeth Schaschl, Leiterin des Referates Forstwirtschaft der Landwirtschaftskammer Kärnten

Der Wald spielt in Kärnten eine überaus wichtige Rolle und ist Teil unserer Kulturlandschaft. Rund 61,3 % der Kärntner Landesfläche sind mit Wald bedeckt. Neben der Bereitstellung erneuerbarer Rohstoffe und der Einkommensquelle für die Eigentümer:innen – 96 % des Kärntner Waldes befindet sich in Privatbesitz – sorgt der Wald für sauberes Trinkwasser, wirkt als Klimaregulator und schützt vor Naturkatastrophen. Damit er diesen vielen Anforderungen gerecht werden kann, ist eine nachhaltige, verantwortungsvolle Bewirtschaftung durch die Waldbesitzer:innen Voraussetzung. Mittels Jungwuchspflege, Mischbaumförderung und Durchforstungen werden stabile Wälder geschaffen, die dem Klimawandel gewachsen sein werden, denn die Verwendung von Holz ist nach wie vor der Schlüssel zur Einsparung von CO2-Emissionen. Der Wald ist für mich Einkommensquelle, Klimaregulator und Schutzfaktor Nr. 1. Wichtig ist der achtsame Umgang mit dieser wertvollen Ressource.

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Herfried Lammer, Bereichsleitung Projects & Services Smarte Composite & Oberflächen bei „wood kplus“

Viele zögerliche Haltungen gegenüber Maßnahmen zum Klimaschutz kommen daher, weil wir sie – oft unberechtigt – mit Rückschritt verbinden. Konsequente Aufforstung kann global einen signifikanten Beitrag zur Reduktion von CO2 leisten, ohne diese Bedenken zu tangieren. Die stoffliche Nutzung von Holz in verschiedensten Anwendungen in vermehrtem Ausmaß, aufbauend auf einer nachhaltigen Waldwirtschaft, und damit das CO2 aus dem Kreislauf zu entnehmen, ist langfristig aber notwendig und bietet gleichzeitig eine große Chance. Diese Form des Carbon Capturing, die meist auf bereits existierenden Technologien aufbaut, gilt es in Zukunft vermehrt zu nutzen. Berechtigte Bedenken, im Sinne von Nichterfüllen von wichtigen Anforderungen an das jeweilige Produkt, müssen dabei beispielsweise durch Forschung und Entwicklung ausgeräumt werden, ebenso wie unberechtigte Vorurteile.

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Doris Stiksl, Geschäftsführerin ProPellets Austria

Der Wald und das Holz sind für den Klimaschutz unverzichtbar. Der Baum ist eine geniale Erfindung der Natur: Produziert beim Wachsen den wunderbaren Rohstoff Holz, bindet dabei CO2 und setzt nur ein Gas frei – und das ist Sauerstoff. Holzprodukte – vom Dachstuhl bis zum Kochlöffel – binden den Kohlenstoff wie ein zweiter Wald. Sägespäne, die bei der Verarbeitung entstehen, dienen der klimaneutralen Wärmegewinnung und ersetzen klimaschädliche fossile Energieträger. Somit ist der Wald und das Holz für uns Österreicher:innen wohl einer der größten Hebel im Kampf gegen den Klimawandel. Für mich ist es ein unglaubliches Privileg hier in diesem Waldland Österreich leben zu können. In einem Land, das knapp zur Hälfte mit Wald bedeckt ist. Die langjährige Tätigkeit im Forst- und Holzbereich hat meine Wertschätzung für diesen wertvollen Lebensraum und Rohstoff noch weiter gestärkt. Ich lebe in einem Holzhaus, nutze Wärme aus nachhaltigen Holzpellets und unser Familienwald wird mittlerweile von meinem Sohn mit Herzblut gepflegt und bewirtschaftet. Der Wald ist nicht nur mein liebster Erholungsort, sondern auch eine der größten Möglichkeiten, regionale Wertschöpfung zu generieren und aktiv dem Klimawandel entgegenzuwirken.

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Richard Stralz, CEO & Aufsichtsratsvorsitzender Mayr-Melnhof Holz

Die steigende Nachfrage nach Holz im Zuge der Klima- und Ressourcenwende markiert die Renaissance dieses Werkstoffs. Seine einfache Bearbeitung, regionale Verfügbarkeit und unschlagbare CO2-Bilanz machen ihn essenziell für unsere Zukunft und die unserer Kinder und Enkelkinder. Holz leistet einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise, denn ein Kubikmeter Holz bindet eine Tonne CO2 – als Baum wie als Möbel, Holzgebäude oder Spielzeug. Holznutzung schafft also einen zweiten Wald, da der Kohlenstoff im verarbeiteten Material gebunden bleibt, während durch die Aufforstung ein neuer Wald nachwächst, der wiederum Kohlenstoff speichert und Sauerstoff an die Umgebung abgibt. Der größte Hebel ist der Substitutionseffekt: Wenn Holz andere, CO2-intensive, nicht-nachwachsende Materialien ersetzt und dadurch deren CO2-Emissionen bei der Herstellung vermieden werden. Die in Österreich aus heimischem Holz hergestellten Produkte ersparen pro Jahr rund acht Mio. Tonnen CO2, das entspricht etwa einem Zehntel der nationalen Treibhausgasemissionen. Holz haben wir genug, das ist die schöne Nachricht. Es wächst hierzulande mehr nach, als geerntet wird. Für mich persönlich ist der Wald ein wichtiger Erholungsraum und er schafft viele Arbeitsplätze. Er gehört unbedingt nachhaltig bewirtschaftet, damit er uns auch zukünftig in all seinen Funktionen dienen kann.

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Johann A. Weinberger, Obmann proHolz Kärnten und Geschäftsführer Weinberger Holz

Die Holzwirtschaft ist Abnehmer für nahezu alle Produkte, die der Wald produziert. Das entnommene Holz beinhaltet sehr viel gebundenes CO2. Eine verstärkte Holznutzung erhöht unsere Menge an CO2, die wir aktiv einlagern. Mit Häusern aus Holz können wir einen zweiten Wald wachsen lassen, der eine echte CO2 Senke ist. Bei der Herstellung vieler anderer Baumaterialen werden große Mengen an CO2 in die Atmosphäre freigesetzt, diese weisen daher einen deutlich schlechteren CO2 Fußabdruck auf. Je mehr in Holz gebaut wird, desto besser ist das für unser Klima. Wir können diesen Effekt noch weiter verstärken, indem wir die Produkte länger nützen und am Verwendungsende einer weiteren stofflichen Nutzung zuführen (z. B. Altholz upcyclen mittels Spanplattenerzeugung – so wird aus der alten Gartenbank eine Küche). Für mich persönlich ist die Wald- und Holzwirtschaft einer der größten, effektivsten und einfachsten Hebel, um unsere Welt „enkelfähig“ zu machen. Es liegt in unserer Verantwortung, heute bestmögliche Entscheidungen für morgen zu treffen. Ein bewusster Spaziergang in einem gepflegten, hellen und lichtdurchfluteten Wald, wo die Vögel zwitschern, ist ein „Akkuladen“ für Seele, Geist und Körper.

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Andrea Pirker, Waldbesitzerin aus Kulm am Zirbitz und Mitglied des Vereins „Forstfrauen“

Der Wald reinigt die Luft, sorgt für sauberes Wasser und gleicht Klimaextreme aus. Er befeuchtet die Luft wo nötig und entzieht ihr durch die Atmung der Bäume Schadstoffe. Schlussendlich wird durch das Wachsen der Bäume CO2 gespeichert, das durch die Verwendung von Holz weiterhin gebunden bleibt. Denkt man an einen Holzbau, so kommt Holz nicht nur in tragender Funktion zur Anwendung, sondern isoliert durch die eingeschlossene Luft zugleich. Damit wird der bei Betonbauten notwendige Vollwärmeschutz obsolet. Der Wald ist für mich Natur pur, Heimat, Kraftort, Entspannungsraum, Lebensraum, aber auch Arbeitsplatz, Beobachtungsraum, Fitnesscenter und Finanzreserve! Ohne meinen Wald wäre ich nicht, was ich heute bin und er darf auch von mir erwarten, dass ich ihn sorgsam hege und pflege. Ich sehe es als primäre Aufgabe den Wald für uns alle und die nächsten Generationen zu erhalten!

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Martin Gruber, Landeshauptmann-Stellvertreter und Forstreferent von Kärnten

Mehr als 60 Prozent der Kärntner Landesfläche sind mit Wald bedeckt. Das ist ein hoher Wert für eine sehr wertvolle Ressource. Denn der Wald ist ein CO2-Speicher. Aber er erfüllt noch viel mehr Funktionen. Nachhaltig bewirtschaftete Wälder bedeuten Wertschöpfung, Biodiversität sowie Schutz unserer Siedlungen und Straßen vor Lawinen oder Muren. Nur ein gesunder Wald kann auch in Zukunft all diese Rollen erfüllen. Deshalb ist es wichtig, einerseits die Forstbesitzer:innen zu unterstützen, um zerstörte Wälder wiederherzustellen, und andererseits Projekte zu fördern, die sich mit dem Aufbau klimafitter Wälder beschäftigen. Für mich persönlich ist der Wald ein wichtiger Erholungsort und Holz gleichzeitig ein nachhaltiger Rohstoff, der in Kärnten beim Fenster hereinwächst. Wer aktiven Klimaschutz betreiben will, muss sich für eine nachhaltige Bewirtschaftung unserer Wälder einsetzen.

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WISSENSWERT

Rund 48 % der Staatsfläche Österreichs ist Wald – das sind mehr als vier Mio. Hektar. Das waldreichste Bundesland ist die Steiermark mit einer Bewaldung von 62 %, gefolgt von Kärnten (61 %).

Quelle: Österreichischer Waldbericht 2023

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