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Leben
02.11.2020

Energie-Tankstelle Wald

Bereits zehn Minuten Aufenthalt im Wald haben gesundheitsförderliche Wirkung. Umso erfreulicher, dass Österreich mit rund 48 Prozent Bewaldung eines der waldreichsten Länder Europas ist. Wer in den Wald geht, spürt es instinktiv: Wald tut gut. Aber warum ist das so?

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Aktuelle Studien zeigen einen deutlichen Anstieg von psychischen Erkrankungen wie Burnout oder Depressionen. Die Problematik der zunehmenden Digitalisierung, verbunden mit übermäßig langem Sitzen, Stress und wenig Bewegung scheint für viele Erkrankungen ursächlich zu sein. Als Gegenkonzept können besonders Waldaufenthalte den Stressabbau fördern, schlaffördernd wirken und zu einer Steigerung der Konzentrationsfähigkeit führen.


Bäume als Medizin?


Besonders in Städten und Ballungszentren wird die Natur zu einem immer wichtigeren Rückzugsort. Doch der Wald hat aber nicht nur auf unsere mentale Gesundheit eine positive Wirkung – dafür gibt es immer mehr wissenschaftliche Belege. In Japan ist in den letzten Jahren ein regelrechter Hype um den Wald ausgebrochen: Das sogenannte Waldbaden, Shinrin-yoku, gehört dort seit einiger Zeit zur Gesundheitsvorsorge. Bereits in frühwissenschaftlichen Studien konnte man feststellen, dass alleine der Blick auf das grüne Dickicht eine beruhigende Wirkung auf den Menschen hat. Ein Spaziergang im Grünen lässt das Herz messbar ruhiger schlagen, den Blutdruck sinken und die Muskeln entspannen – einen Baum zu umarmen soll sogar den Puls neutral werden lassen.

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Was kann „Waldbaden“?


Ein bewusster Ausflug in den Wald kann Wunder wirken: Der Wald absorbiert chemische Botenstoffe, sogenannte Terpene. Diese Terpene haben positive Auswirkungen auf den menschlichen Körper, besonders auf unser Nervensystem, die Psyche und das Immunsystem. Die speziellen Pflanzenbotenstoffe können das ganze Jahr über eingeatmet werden, jedoch ist die Konzentration in den Sommermonaten, sowie bei Nebel und Regen, am höchsten. Und wie funktioniert Waldbaden? Eigentlich ganz einfach: Man muss bereit sein, sich mit all seinen Sinnen der Natur hinzugeben und bewusst die Ruhe des Waldes genießen. Die richtige und konzentrierte Atmung spielt dabei eine große Rolle. Es ist nicht wichtig, sich bei diesem Waldspaziergang auszupowern, sondern einfach nur die Zeit für sich zu nehmen und die Seele so richtig baumeln zu lassen.

Wald-Workout


Der Wald ist ein Ort der Ruhe, kann aber auch ein perfekter Ersatz für ein Fitness- oder Yogastudio sein. Die Natur bietet alles, was es für ein knackiges Workout braucht – die Kombination mit der wohltuenden Waldluft bietet ein ultimatives Erholungserlebnis. Wie bei allen Übungen unter freiem Himmel ist auch im Wald in erster Linie ein Bodyweight-Workout angesagt: Beispielsweise eignet sich ein waagerecht gewachsener Ast auf Mannshöhe ideal für diverse Klimmzug- und Ruderübungen. Ebenso lässt sich ein liegender Baumstamm mit ein bis zwei Metern Länge optimal als Zusatzgewicht für das Kniebeugen oder Schulterdrücken umfunktionieren.

Ein bewusster Ausflug in den Wald kann wahre Wunder wirken und er eignet sich perfekt als Ersatz für ein Fitness- oder Yogastudio.

Holz: Genial gesund

Das Human Research Institut für Gesundheitstechnologie und Präventionsforschung untersucht in verschiedenen Studien die Auswirkungen von Holz als Einrichtungsmaterial auf den Menschen. Das Resultat: Holz tut nicht nur Körper und Seele gut, sondern auch dem Herzen.

Tief im Wald, den Bäumen nahe, fühlen wir uns wohl. Wir tanken Kraft, können frei atmen, können sein. Und es passiert nicht selten, dass uns beschützt von riesigen Baumkronen die Ehrfurcht vor den uralten Giganten packt. Welche Geschichten würden sie erzählen? Wie viele Jahre thronen sie schon hier, jeder für sich, an ein und derselben Stelle? Werden sie uns Menschen überdauern? Ja, werden sie. Diese einzigartige Energie zwischen den imposanten Riesen ist spürbar, selbst die Kommunikation unter ihnen ist inzwischen wissenschaftlich belegt. Es ist längst kein befremdliches Bild mehr, wenn jemand mitten im Wald seine Arme um einen Baumstamm legt, ein und ausatmet. Der Mensch taucht ein in die Welt der Bäume. Wir suchen ihre Nähe und tanken ihre Kraft.

Holz als Stress-Vermeider?

Ganz fernab des mystischen Zaubers des Waldes, ohne die metaphorischen knorrigen Gestalten und das unendlich-satte Grün: Was steckt eigentlich im Material des Baumes? Wie viel Kraft hat ihr Holz, wenn es in unserer Welt zum Einsatz kommt? Lange schon kennt man die positiven Eigenschaften der Zirbe – doch mittlerweile weiß man, dass es nicht nur das Zirbenholz ist, das nachweislich Auswirkungen auf unseren Körper hat. Forscher des Human Research Instituts wollten beispielsweise wissen, inwiefern sich eine Inneneinrichtung aus Holz positiv auf Lernverhalten und Wohlbefinden von Schülern auswirkt. Dazu wurden im Zuge der Renovierung der Hauptschule im Ennstal zwei Klassenräume ausschließlich mit Tannen-, Fichten- und Zirbenholz ausgestattet und über ein ganzes Schuljahr intensiv beobachtet: Die Forscher verglichen Herzschlag und Vagustonus von Schülern der beiden Holzklassen mit denen der Standardklassen. Pro Klasse nahmen jeweils zehn Schüler teil, jeden zweiten Monat wurde in einem 24-Stunden-EKG ihr Herzschlag gemessen. Und das Ergebnis ist bemerkenswert: Bei gleicher Konzentrations- und Notenleistung benötigten die Schüler der Holzklassen im Durchschnitt 8.600 Herzschläge weniger pro Tag als ihre Kammeraden in den Standardklassen. Außerdem wiesen sie einen höheren – für das Herz günstigen – Vagustonus auf. Der Vagustonus spielt in der Medizin eine wichtige kardioprotektive Rolle: Er schützt unser Herz nämlich vor Infarkt und Schädigung.

Projekt Fichtenholz

Eine weitere Studie befasste sich speziell mit dem Holz der heimischen Fichte. Hier wurde nachgewiesen, dass sich ein mit massiver Fichte ausgestatteter Raum positiv auf die Konzentrationsleistung von Menschen auswirkt. Subjektiv erlebten die rund 50 Testpersonen die mentale Belastung im Vollholz-Raum als weniger beanspruchend als im Holzimitat-Raum. Wieder war die Herzrate im Vollholz-Raum niedriger, der herzgünstige Vagustonus höher. Das Berühren von raumwarmem Aluminium, kühlem Plastik und rostfreiem Stahl verursacht eher Stressreaktionen im Körper, was sich in anderen Studien an einer Erhöhung des Blutdruckes zeigte. Das Berühren einer Holz­oberfläche dagegen rief eine solche Reaktion nicht hervor, im Gegenteil: Holz gibt Menschen ein Gefühl von Geborgenheit und Wärme.

Die gute alte Zirbe

Um die Auswirkungen von Zirbenholz auf die Belastungs- und Erholungsfähigkeit zu untersuchen, wurden 30 Erwachsene in einem Zirbenholzzimmer und einem identisch gestalteten Holzdekorzimmer mit Hilfe hochauflösender EKG-Rekorder beobachtet. Im „Zirben-Zimmer“ konnten sich die Testpersonen schneller von körperlichen und mentalen Belastungssituationen erholen. Das äußerte sich in einer niedrigeren Herzrate sowie einem beschleunigten vegetativen Erholungsprozess. Nach der reduzierten Herzfrequenz im Tagesverlauf zeigte sich anschließend auch eine bessere Nachterholung. Die Testpersonen sparten im Durchschnitt 3.500 Herzschläge pro Tag. Das entspricht etwa einer Stunde Herzarbeit. Dem ist wohl nichts hinzuzufügen. Außer, dass uns die Riesen des Waldes nicht nur Wohlgefühl schenken, sondern auch messbare Gesundheit. In ihrer und unserer Welt.

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