EU-Lieferkettengesetz für Wirtschaft und Industrie nicht praktikabel
Vertreter von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer üben scharfe Kritik an der für Freitag geplanten EU-Abstimmung. „Wenn wir als Standort wettbewerbsfähig bleiben wollen, ist der Abbau von Bürokratie ein wesentlicher Baustein. Das neue EU-Lieferkettengesetz bewirkt genau das Gegenteil – es schafft neue Bürokratie und geht völlig an der wirtschaftlichen Realität vorbei. Die Regelungen sind in keiner Weise praxistauglich, und sie lassen die administrativen Kosten für unsere Unternehmen weiter in die Höhe schnellen“, argumentiert Timo Springer, Präsident der IV Kärnten. Hier mache es sich die Politik einfach, indem sie die Verantwortung auf die Betriebe abwälze. Die Unternehmer:innen sollen nun lösen, was Regierungen über Jahre nicht erreicht haben.
Regelungen nicht umsetzbar
Zahlreiche Kärntner Industrieunternehmen führen bereits seit vielen Jahren Sorgfaltsprüfungen entlang ihrer Lieferketten durch und arbeiten mit ihren Lieferant:innen eng zusammen, um Standards zu verbessern. „Es kann aber nicht sein, dass Unternehmen für Unzulänglichkeiten in ihren Lieferketten haftbar gemacht werden, wenn sie diese nicht verursacht haben, oder sie entsprechende Sorgfaltspflichten getroffen haben, um sie zu verhindern“, sagt Springer. Das jetzt vor der Abstimmung stehende Gesetz sei für viele Unternehmen gerade im mittelständischen Bereich, der in Kärnten stark vertreten sei, schlichtweg nicht umsetzbar. Ein europäisches Gesetz müsse für die Betriebe in der Praxis anwendbar und praktikabel sein.
Gute Intention, schlechte Ausführung
Unmissverständlich gegen den vorliegenden Entwurf eines EU-Lieferkettengesetzes hat sich auch Kärntens Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl ausgesprochen. Er könne der grundlegenden Intention der Regelung zustimmen, aber für viele Betriebe könne sich dieses Gesetz in der aktuellen Fassung als „Bürokratiemonster“ erweisen, warnte Mandl: „Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe steht ohnehin wegen der Energiepreise und der im europäischen oder OECD-Vergleich viel zu hohen Lohn- und Lohnnebenkosten unter starkem Druck. Wir sollten dringend aufhören, auf Kosten unserer Betriebe den Weltverbesserer zu spielen, diese Rolle hat Europa derzeit international nicht.“ In einer arbeitsteiligen Weltwirtschaft sei es schlicht unmöglich, als Unternehmer unter persönlicher Strafandrohung die Hand für den Lieferanten eines Lieferanten eines Lieferanten ins Feuer zu legen. Dazu komme, dass manche internationale Zulieferer mit europäischen Firmen einfach nicht mehr zusammenarbeiten würden.
Wettbewerbsfähigkeit gefährdet
Scharfe Kritik kommt auch aus der Steiermark. WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk: „Selbstverständlich unterstützen wir die Ziele und die Absichten dieses Gesetzes, Menschenrechte und Umweltstandards weiter auszubauen.“ Aber der vorliegende Entwurf sei ein Bürokratiemonster mit unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft, warnt Herk: „Wenn dieses Gesetz in der vorgeschlagenen Form kommt, ist es ein harter Anschlag für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe. Darum fordere ich unsere Abgeordneten auf, dieses Gesetz so nicht zu beschließen. Anstatt dessen sollte es zurück an den Start zu gehen, neu überlegt werden und nur solche Regeln angedacht werden, die auch administrierbar sind.“
Hürden für KMUs
Das beispielsweise auch Klein- und Mittelunternehmen die komplette Wertschöpfungskette ihrer Lieferanten beurteilen und dokumentieren sollen sei fern von jeder Praxistauglichkeit. „Wie soll man den Lieferanten des Lieferanten seines Lieferanten nachvollziehen? Das würde, wie wir schon mehrfach gewarnt haben, tausende Dokumentationen nach sich ziehen. So etwas ist in der Praxis nicht machbar, würde durch das Gesetz aber schwere Strafen nach sich ziehen“, so Herk abschließend.