„Künstliche Intelligenz ist eine Schlüsseltechnologie, die unsere Zukunft gestalten und über kurz oder lang die Arbeitswelt revolutionieren wird.“
Exzellente Forschung rund um KI
Egal wo wir uns im digitalen Raum bewegen, Künstliche Intelligenz (KI) ist schon da und erwartet uns. Social-Media-Beiträge, lustige Bildchen, die in WhatsApp-Gruppen geteilt werden oder auch gefälschte Fotos von Prominenten, die täuschend echt wirken: Sobald wir auf einen Bildschirm blicken, sehen wir die Auswirkungen dieser Technologie. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich auch der österreichische Hochschulsektor intensiv mit KI auseinandersetzt, denn diese bietet viele neue Möglichkeiten für die Forschung.
Universitäten als Vorreiter
KI mag die breite Öffentlichkeit erst seit einem kurzen Zeitraum beschäftigen. Dennoch reichen derartige Technologien schon Jahrzehnte zurück. „Universitäten spielten eine Schlüsselrolle – weit vor dem aktuellen KI-Hype“, betont Gerhard Friedrich, Informatik-Professor an der Universität Klagenfurt (AAU). Bereits seit 1987 arbeitet er eng mit der Industrie zusammen, insbesondere mit der Siemens AG, um KI-Lösungen zu entwickeln, die bis heute im Einsatz sind, etwa in der Entwicklung, Planung und Konfiguration von Zugsicherungs- und Zugsteuerungssystemen.
Auch in der universitären Forschung ist KI längst etabliert, besonders in den Bereichen Maschinelles Lernen und Deep Learning gab es in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte. Das sind Teilbereiche der KI, bei denen Computer darauf trainiert werden, sich auf einen bestimmten Anwendungsfall hin selbst zu optimieren. Die Sammlung und Verwendung spezifischer Daten sind hierfür unerlässlich. Darüber hinaus wird Maschinelles Lernen auch in der Produktionsplanung verwendet. „Bei der Chip-Herstellung werden enorme Datenmengen verarbeitet“, so Friedrich. Algorithmen erkennen Muster in diesen Daten und treffen Vorhersagen, die helfen, Produktionsprozesse zu optimieren und Ressourcen effizienter einzusetzen.
Exzellenzcluster
Die österreichischen Hochschulen arbeiten aber nicht nur separat, sondern auch gemeinsam an der Erforschung von KI. Ein Beispiel ist das interuniversitäre Exzellenzcluster „Bilateral Artificial Intelligence“, dem auch Friedrich von der AAU angehört. Darüber hinaus sind die JKU Linz, die TU Graz, die TU Wien, die WU Wien sowie das Institute of Science and Technology Austria maßgeblich beteiligt. Im Exzellenzcluster arbeiten Expert:innen daran, logikbasierte und maschinelle Ansätze der KI zu kombinieren, um eine sogenannte „Breite KI“ zu entwickeln. Das ist eine KI, die nicht nur Spezialaufgaben lösen kann, sondern flexibel auf neue Situationen reagiert. „Um den nächsten großen Durchbruch in der automatisierten Problemlösung zu erreichen, muss Maschinelles Lernen mit logikbasierten Methoden verknüpft werden“, erklärt Friedrich.
„Es ist ein wenig wie Detektivarbeit: Man sammelt Hinweise und versucht, ein Bild davon zu erstellen, was im Gehirn tatsächlich vor sich geht.“
Das Gehirn als Vorbild
Die TU Graz untersucht im Exzellenzcluster, wie man KI-Systeme nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns breiter machen kann. Hier fließen u. a. Erkenntnisse aus dem EU-Flagship-Projekt „Human Brain Project (HBP)“ ein, das von 2013 bis 2023 an der Schnittstelle von Neurowissenschaften und Informationstechnologie das Gehirn und seine Krankheiten erforschte. „Wir haben neuronale Netzwerke von Gehirnen simuliert und daraus Prinzipien der Informationsverarbeitung abgeleitet“, berichtet Wolfgang Maass, der dieses Projekt an der TU Graz geleitet hat. Ein zentrales Hindernis für die breite Anwendung von KI sei derzeit noch ihr hoher Energiebedarf. Ein möglicher Lösungsansatz findet sich in den Prozessen des menschlichen Gehirns: Trotz einer Rechenleistung, die mit der eines Supercomputers vergleichbar ist, benötigt das Gehirn nur einen Bruchteil der Energie. Dies liegt am wesentlich effizienteren Informationsaustausch zwischen den Neuronen. „Neuronen senden nur dann Impulse, wenn es wirklich notwendig ist“, erläutert Maass. Im Gegensatz dazu arbeiten viele aktuelle KI-Systeme mit einem ständigen Datentransfer.
„Die ereignisbasierte Informationsverarbeitung im Gehirn ist vergleichbar mit einer idealen Diskussion unter Expert:innen – jeder spricht nur dann, wenn er wirklich etwas Relevantes beizutragen hat und bleibt ansonsten still“, veranschaulicht Maass. Darüber hinaus besitzt das Gehirn bereits von Geburt an eine ausgeprägte Fähigkeit zur Informationsverarbeitung, während heutige KI-Systeme ihre Kompetenzen nur durch intensives Training erwerben. Eine Herausforderung der Gehirnforschung besteht darin, dass man aus ethischen Gründen intelligente Prozesse nur mit nicht-invasiven Methoden wie MRI untersuchen kann. Direkte Erkenntnisse sind daher fast ausschließlich aus Tierversuchen verfügbar. „Wir versuchen, beide Bereiche zusammenzuführen. Es ist ein wenig wie Detektivarbeit: Man sammelt zahlreiche Hinweise und versucht, ein Bild davon zu erstellen, was im Gehirn tatsächlich vor sich geht“, sagt Maass.
Zukunftsperspektive
Wird die Künstliche Intelligenz den Menschen in Zukunft ersetzbar machen? „Die Entwicklungen schreiten enorm schnell voran. Innerhalb weniger Jahre verändert sich sehr viel“, erklärt Maass. Man müsse sich schon überlegen, wo der richtige Kompetenzbereich für den Menschen sei, sowohl im Beruf als auch in der Bildung. „Man müsste viel mehr darauf achten, dass Schüler:innen und Studierende komplementäre Kompetenzen zu KI-Systemen entwickeln“, stellt er fest. „Künstliche Intelligenz ist eine Schlüsseltechnologie, die unsere Zukunft gestalten und über kurz oder lang die Arbeitswelt revolutionieren wird“, betont Friedrich. Es sei daher von entscheidender Bedeutung, dass Österreich in der KI-Forschung eine führende Rolle übernimmt.
WISSENSWERT
Künstliche Intelligenz wird an den Hochschulen auch gelehrt. KI ist fester Bestandteil des Studienangebots der TU Graz als auch der AAU Klagenfurt, welche u. a. den Bachelorstudiengang „Robotics and Artificial Intelligence“ anbietet, der darauf abzielt, den Einsatz von Robotern und Drohnen in Verbindung mit KI weiter zu optimieren – beispielsweise bei Rettungsaktionen in Erdbebengebieten.
1. AAU-Team: Dietmar Jannach, Martin Gebser, Gerhard Friedrich und Wolfgang Faber (von links nach rechts) © Walter Elsner
2. Board of Directors des „Bilaterale KI“ Clusters: Agata Ciabattoni (TU Wien), Christoph Lampert (Institute of Science and Technology Austria), Sepp Hochreiter (Johannes Kepler Universität Linz), Gerhard Friedrich (AAU Klagenfurt), Martina Seidl (Johannes Kepler Universität Linz), Thomas Eiter (TU Wien), Axel Polleres (WU Wien). © FWF/Daniel Novotny
3. Wolfgang Maas von der TU Graz untersucht, wie man KI-Systeme nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns breiter machen kann. © Lunghammer – TU Graz