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Wirtschaft
05.03.2024

„Frauen als wichtiges Fachkräfte­potenzial erkennen“

Mädchen und junge Frauen für MINT-Berufe zu begeistern, ist für die Industriebetriebe von großer Bedeutung. Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der IV Kärnten im Interview mit advantage.

advantage: Welcher Stellenwert kommt der MINT­-Ausbildung zu?

Claudia Mischensky: Es braucht umfassende Initiativen im schulischen, außerschulischen und hochschulischen Bereich, die Mädchen bzw. junge Frauen ermutigen, technische Berufe zu erlernen und MINT­Studienrichtungen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik­Fächer) zu wählen. In Bezug auf die Lehre sind vor allem auch die Betriebe vor Ort wichtig, die Mädchen in technischen Berufen ausbilden. Ein Großteil der Betriebe sucht händeringend vor allem in den MINT­Bereichen nach qualifizierten Arbeitskräften. Eine Schere, die sich zumindest ein wenig schließen lassen würde, könnte man mehr junge Frauen dazu motivieren, mit einer Ausbildung in einem technischen Beruf zu starten.

Weshalb sind Frauen in MINT­-Jobs noch immer unter­repräsentiert?

Ein Grund ist sicherlich der, dass Mädchen und junge Frauen, wenn es um die Berufswahl geht, Fähigkeiten wie Mathematik oder räumliches Vorstellungsvermögen bei sich selbst sehr oft schlechter einschätzen, als es tatsächlich der Fall ist. Technische und naturwissenschaftliche Berufe kommen bei ihnen aus diesem Grund häufig gar nicht in die engere Wahl. Wenn wir also mehr Mathematikerinnen, Informatikerinnen, Forscherinnen und Entwicklerinnen haben wollen, müssen wir bei diesen geschlechterspezifischen Vorurteilen ansetzen, und mit ihnen aufräumen. Rollenklischees aufzubrechen und den jungen Mädchen Perspektiven in der Welt der Technik und Naturwissenschaft aufzuzeigen muss daher in den kommenden Jahren ein Thema mit höchster Priorität sein. Und man muss den Frauen auch vermitteln, dass mit den hervorragenden Jobaussichten in MINT­Berufen und den damit einhergehenden Gehaltsmöglichkeiten die Voraussetzung für ökonomische Unabhängigkeit und in der Folge Selbstbestimmtheit geschaffen wird. Die Industriellenvereinigung unterstützt daher die Arbeit der MINTality Stiftung, die einen wichtigen Beitrag dazu leistet, das Interesse für MINT bei Mädchen zu wecken. Es braucht darüber hinaus auch Bemühungen, jene Mädchen, die sich für eine technische Ausbildung entscheiden, dann nicht zu verlieren, etwa weil sie sich später doch für eine andere Ausbildung entscheiden oder nach der abgeschlossenen Ausbildung keinen technischen Beruf ergreifen.

Wie können Rollen­klischees aufgebrochen werden?

Dazu muss im Bildungssystem angesetzt werden, aber auch in den Familien. Eltern und Lehrer können schon sehr früh in der Entwicklung Einfluss nehmen. Besonders wichtig sind außerdem Vorbilder, also Frauen, die technische Studienrichtungen gewählt haben, oder bereits als Technikerinnen arbeiten. Mädchen brauchen die Möglichkeit, Dinge auszuprobieren. Die IV veranstaltet daher zum dritten Mal mit dem BKA und dem BMAW die MINT­Girls Challenge, einen österreichweiten Wettbewerb für Mädchen, bei dem sie eingeladen sind, MINT­Experimente einzureichen. Dabei gibt es tolle Preise zu Gewinnen – etwa MINT­Erlebnisse in Unternehmen.

„Rollenklischees aufzubrechen und den jungen Mädchen Perspektiven in der Welt der Technik und Naturwissenschaft aufzuzeigen muss ein Thema mit höchster Priorität sein.“

Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten

Was braucht es, um eine tatsächliche Chancen­gleichheit im Erwerbsleben für Frauen und Männer zu erwirken?

Neben dem Aufbrechen alter Rollenbilder setzt sich die Industrie stark für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen im Bereich der Kinderbetreuung ein. Denn ein ausreichendes, qualitativ hochwertiges elementarpädagogisches Angebot ist Grundvoraussetzung dafür, dass junge Eltern Familie und Beruf gut vereinbaren können. Das ist vor allem für Frauen essenziell, und trägt dazu bei, dass Mütter rasch wieder in den Beruf einsteigen können und so die gleichen beruflichen Möglichkeiten haben wie Männer.

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