"Der Trend zu nachwachsenden Rohstoffen ist enorm und auch die Regierungen kommen da nach und nach drauf. Es ist absolut notwendig, mit nachwachsenden Rohstoffen zu bauen."
Fritz Klaura: Wir werden viel mehr mit Holz bauen müssen
advantage: Ihr persönlicher Bezug zu Holz, gab es den schon in Ihrer Kindheit?
Fritz Klaura: Mit meinem Vater war ich damals schon bei den Bauern Holz einkaufen, von ihm habe ich viel gelernt. Den Geruch von frischem Holz fand ich immer schon phantastisch, viele Kindheitserinnerungen verbinde ich mit dem Wald. Meine Generation hat einen ganz anderen Bezug zum Material als die heutige, wir sind mehr haptisch geprägt. Aber wir haben trotzdem auch die technologische Entwicklung miterlebt – früher wurde noch alles per Hand erledigt, jetzt gibt es die Maschinen.
Was waren die entscheidendsten Entwicklungen im Holzbau?
Revolutionär war schon zu Zeiten der Gotik die Anwendung der Darstellenden Geometrie zur Ermittlung von wahren Längen der im Raum liegenden Hölzer. In den 80er-Jahren war es der Taschenrechner und dann hielt bald danach der PC in unseren Betrieben Einzug.
Seit gut 20 Jahren ist es Standard, Building Information Modeling (BIM) einzusetzen – es ist möglich, einen virtuellen Zwilling des endgültigen Bauwerks zu schaffen. Heute bauen wir mit null Toleranz, die Präzision der Computer ermöglicht uns Unglaubliches: Wir können Freiformen bauen, viel mehr Teile vorfabrizieren… Das verkürzt die Bauzeit, verringert die Lärmbelästigung auf der Baustelle und erhöht die Verarbeitungsqualität. Somit ist ein Holzhaus schneller benutzbar.
Welche Trends herrschen im Holzbau vor?
Alte Holzverbindungen, die viele Eigenschaften in sich vereint haben, können durch präzise Maschinen nun wieder wirtschaftlich hergestellt werden. Sie erleben eine Renaissance, also keine Verbindungsmittel zu benötigen. Ein Trend ist sicher die absolut ökologische Bauweise – frei von Fremdmaterialien.
Auch ein Passivhaus, ein Haus ohne aktives Heizsystem, lässt sich am einfachsten aus Holz bauen, weil es mit Holz einfach ist, eine hochdämmende Gebäudehülle herzustellen. Man kann also auch ein thermisches Wrack zu einem Passivhaus aufrüsten, wenn man eine hochdämmende, in Holzrahmen vorgefertigte Außenhaut inklusive der Fenster und Fassade auf den Bestand aufbringt.
Es gibt generell einen Trend zum Holzbau – im Einfamilienhaus-Bereich liegen wir bei 30 Prozent, Tendenz steigend.
Aber auch im mehrgeschoßigen Wohnbau ist Holz vor allem im urbanen Bereich, wo es um verdichtete Bauweise geht, beliebt: Man kann sehr gut mit Holzbau auf bestehenden Gebäuden aufsetzen, was etwa in Wien und auch in anderen Städten vermehrt gemacht wird. Die Holz-Rahmenbauweise weist zehn Prozent des Gewichts von Massivbau auf, die Holz-Massivbauweise etwa ein Sechstel. Dieser Umstand ermöglicht es, Gebäude aufzustocken, wozu sie vorher gar nicht vorgesehen waren.
Wird Holzbau im öffentlichen Bereich zu wenig forciert?
Der Trend zu nachwachsenden Rohstoffen ist enorm und auch die Regierungen kommen da nach und nach drauf. Es ist absolut notwendig, mit nachwachsenden Rohstoffen zu bauen. Für Holz spricht die Möglichkeit der Kaskadennutzung, also der Nutzung über mehrere Stufen – vom Rohholz über Konstruktionselemente, Lamellen (z. B. für einen Tisch) bis hin zu Spänen einer Spanplatte und dann erst folgt die energetische Nutzung in einer Kraft-Wärme-Kopplung, wo die Wärme für Heizung und gleichzeitig Strom-Erzeugung anfällt. Alles, was in Holz möglich ist, sollte auch in Holz gebaut werden. Und die Politik muss das vorleben.
Wir werden viel mehr mit Holz bauen müssen. Ohne an unsere Nachhaltigkeitsgrenzen zu stoßen – nachhaltig ist, nicht mehr aus dem Wald zu entnehmen als nachwächst – müssen wir Holzbauten noch materialeffizienter bauen als bisher. Das bedarf den Mix von Holzarten verschiedener Qualitäten und Eigenschaften zu sehr belastbaren Bauteilen.
Welches ist das beeindruckendste Holz-Gebäude, das Sie je gesehen haben?
Ein buddhistischer Tempel in Japan, erbaut im Jahr 745. Die Haupthalle ist 48 Meter hoch, da könnte man ein zehnstöckiges Hochaus einbauen.
Es beeindruckt mich aber auch der in Hannover errichtete Timber Tower. Das erste Windkraftwerk auf einem 100 Meter hohen Holzturm versorgt 10.000 Haushalte mit Strom. Auf der Spitze thront die 84 Tonnen schwere Turbine mit 40 Meter langen Flügeln. Zur Verwirklichung dieses Bauwerks konnte ich ein paar kleine Hinweise einbringen, was mich etwas stolz macht.
Und die Kindergarten-Brücke in Bad Eisenkappel ist noch zu erwähnen. Sie hat ein Eigengewicht von 4,5 Tonnen und eine Tragfähigkeit – unter Volllast – von 14 Tonnen bei 23 Metern Länge. Ein ganz tolles Tragkraft-Verhalten. Sie ist bis auf das Notwendigste „abgespeckt“. Bis wir so weit waren, hatten wir mehr Stunden in die Planung gesteckt als in die Herstellung. Eine eindrucksvolle Ingenieur-Leistung! Diese Brücke ist noch immer ein Highlight.
Als Holzbau-Fachberater: Mit welchen Fragen werden Sie am häufigsten konfrontiert?
Sehr oft geht es um die Haltbarkeit. Pflege und Wartung ist alles! Dann ist ein Holzbau dauerhaft.
Warum ist Wohnen mit Holz auch gesund?
Die bekannteste Holzart, die mit Gesundheit in Verbindung gebracht wird, ist die Zirbe. Zirbenholz wirkt beruhigend. Das funktioniert aber auch mit anderen Holzarten, denn der Mensch hat sich im Laufe der Evolution am besten auf dieses natürliche Material eingestellt. Natur ist genial und diese Genialität können wir nicht kopieren. Deshalb sollten wir sie nutzen, wenn sie bei uns in Hülle und Fülle vorhanden ist. Und das ist Holz.
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Fakten zum Holzbau
Das spricht für Holz als Baustoff:
- ökologisch
- ökonomisch (kürzere Bauzeit)
- Leichtigkeit des Baustoffs
- Holz ist dauerhaft, wenn es total trocken ist oder komplett unter Luftabschluss
Das derzeit höchste Holzhaus der Welt steht im norwegischen Brumunddal, trägt den Namen "Mjøstårne". Es überragt sein Wiener Pendant, das 84 Meter hohe HoHo (HolzHochhaus) in der neuen Seestadt Aspern, um 1,5 Meter.
Diese Holzarten werden hauptsächlich im Holzbau verwendet:
- Fichte
- Tanne
- Kiefer
- Lärche
Landesinnung Holzbau Kärnten:
- 231 aktive Mitglieder mit ca. 850 Beschäftigten
- Lehrlinge in der Landesinnung: 138
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Zur Person
Fritz Klaura ist mit Holz groß geworden – im elterlichen Zimmereibetrieb samt Sägewerk. Der Großvater war schon Zimmermeister, der Vater Architekt und Zimmermeister. Klaura maturierte 1980 an der HTL für Holzwirtschaft in Kuchl und landete dann durch Zufall bei der Firma Lindner in Spittal (Planung von Sägewerken, Konstruktion von Anlagen). Mit 23 Jahren entschied er sich im zweiten Bildungsweg für eine Zimmerer-Lehre in mehreren Betrieben in Salzburg und absolvierte diese in verkürzter Lehrzeit. Es folgte die Bauhandwerkerschule in Hallein und er legte 1986 die Meisterprüfung ab.
Weitere Stationen:
- sieben Jahre Mitarbeit im elterlichen Unternehmen, das der Bruder weiterführte
- Betriebsleiter und Geschäftsführer in der Fertighaus-Industrie (Griffner Haus)
- selbständig als beratender Ingenieur
- Mitarbeiter bei der KLH Massivholz GmbH, Markteinführung von Brettsperrholz
- seit 1995 selbständiger Holzbaumeister (Planung von Holzbauten, Berater von Architekten und Bauingenieuren), Holzbau-Fachberater bei pro:Holz Kärnten, Trainer von Holzfachleuten, Vortragender bei Fachveranstaltungen (auch an Schulen, Universitäten), gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger für die Bereiche Holzbau, Zimmerei und Fertighaus
- seit 2021 Holzbau-Innungsmeister
Positionspapier
pro:Holz Kärnten und die Landesinnung Holzbau richteten bereits im Februar 2019 ein Positionspapier an die Kärntner Landesregierung.
Zentrale Punkte:
- Kärnten soll zu einem „Holz-Musterland“ werden, daher sollte Holz vermehrt zum Einsatz kommen – im Wohnbau, bei Gebäuden, Brücken, Türmen (bis hin zu Straßenleitschienen).
- Holz schafft Einkommen im ländlichen Raum und kann auch ein touristisches Magnet werden (Holzbau-Tourismus).
- Holz ist ein Baustein in Richtung Energieautarkie (Hausbau ohne aktive Heizung, Speicherung von CO2, Sanierung von Gebäuden hin zu Niedrigenergie-Bauten, Restwärme aus Biomasse).
- Als Vorbild für Private sollen öffentliche Gebäude in Holz errichtet oder mit Holz saniert werden.
Der Weg zum Ziel:
- Bildungseinrichtungen ausbauen oder schaffen
- Stärkung des ländlichen Raumes
- Holzbau-Architektur forcieren