Corina Madreiter-Sokolowski, Altersforscherin an der Med Uni Graz
© fotoKrafie – Katharina Schauperl
Obwohl Fasten in den vergangenen Jahren immer populärer wurde, ist es nicht bloß ein Trend – sondern ein uralter Schlüssel zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden. Für viele gehört regelmäßiges Fasten mittlerweile auch abseits der „offiziellen“ Fastenzeit zum Alltag, sei es in Form von Intervallfasten, dem Verzicht auf bestimmte Lebens und Genussmittel oder als längere Fastenkur.
Neben der positiven Wirkung auf die Psyche hat der bewusste Verzicht, sofern richtig praktiziert, noch viele weitere gesundheitsfördernde Effekte. Für die Wissenschaft zählt Fasten sogar zu den effektivsten Methoden, um den Alterungsprozess einzubremsen. Denn der Nahrungsverzicht aktiviert im Körper ganze Kaskaden biochemischer Reaktionen und Mechanismen. Einer davon ist die Autophagie – quasi unsere körpereigene „Müllabfuhr“, die dafür sorgt, dass in unseren Zellen schadhafte Bestandteile abgebaut und recycelt werden. Dieser Abbau defekter oder schadhafter Moleküle wirkt auf die Zelle wie eine Art Frühjahrsputz. Nicht umsonst fühlt man sich nach dem Fasten erholt und erfrischt.
Corina Madreiter-Sokolowski, Altersforscherin an der Med Uni Graz
© fotoKrafie – Katharina Schauperl
Wissenschaftliche Studien belegen außerdem, dass Fasten Entzündungen im Körper reduziert, hohen Blutdruck senkt und das Wachstum von Tumorzellen hemmen kann – auch dadurch entsteht der „Jungbrunneneffekt“. Um die reinigenden Prozesse im Körper zu induzieren, braucht es nicht unbedingt eine radikale Fastenkur mit komplettem Nahrungsverzicht. In Forschungskreisen gilt bereits eine generell reduzierte Kalorienzufuhr als effektive Methode zur Lebensverlängerung – bzw. um gesünder zu altern.
„Eine maßvolle Kalorienrestriktion von 15 Prozent des Gesamtumsatzes reduziert nicht nur das Gewicht, sondern hält auch den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel in Balance“, so Corina Madreiter-Sokolowski, Altersforscherin an der Medizinischen Universität Graz. „Es gibt beim Thema Fasten aber kein Patentrezept, weil jeder Körper unterschiedlich auf diverse Umwelteinflüsse reagiert“, betont die Molekularbiologin. „Die Auswahl der Fastenmethode sollte deshalb stets individuell erfolgen. Vor allem bei Frauen können bestimmte Fastenmodelle die Hormone aus dem Gleichgewicht bringen.“
Als leitende Diätologin am Klinikum Klagenfurt ist Caroline Burgstaller Expertin, wenn es ums Thema Ernährung geht. Im Yavida-Interview erklärt sie, wann und warum regelmäßige Nahrungspausen sinnvoll sein können, man jedoch nicht einfach „drauflos fasten“ sollte.
Caroline Burgstaller: Am besten informiert man sich bei einer diätologischen oder ärztlichen Beratung darüber, welche Arten des Fastens es gibt und was in der individuellen Situation passend wäre. Sinnvoll ist, zwischen den Mahlzeiten über den Tag hinweg mehrere Stunden auf Nahrung zu verzichten, also auch nicht zu naschen. Oder man nimmt ein frühes Abendessen – zum Beispiel zwischen 17 und 19 Uhr – zu sich und fastet dann über Nacht über zwölf, 14 Stunden hinweg. Auf eigene Faust mehrere Tage lang zu fasten, ist jedoch nicht empfehlenswert. Längere Fastenperioden sollten immer ärztlich oder diätologisch begleitet werden.
Vom Fasten Abstand nehmen sollten Schwangere und Stillende und Menschen mit akuten Erkrankungen. Menschen mit chronischen Erkrankungen sollten – wenn überhaupt – nur unter ärztlicher Aufsicht fasten. Auch für Menschen mit Essstörungen und ältere Personen ist Fasten nicht geeignet.
Caroline Burgstaller, leitende Diätologin am Klinikum Klagenfurt
© KABEG
Gesund ist Fasten, wenn man seinem Körper eine Ruhepause von der Verstoffwechselung von Nahrung gönnt. Das können mehrere Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten sein oder eine nächtliche Fastenperiode. Wenig empfehlenswert ist hingegen, pausenlos über den Tag hinweg Nahrung zu konsumieren – dort und da einen Bissen, mehrere Tassen Kaffee mit Milch und Zucker (Milch ist ein Lebensmittel!) oder gesüßte Getränke wie Sirup oder Softdrinks. Schaden nimmt der Körper dann, wenn über Wochen oder Monate unzureichend Nahrung zugeführt wird, weil es dann zu Nährstoffdefiziten kommen kann. Weshalb es immer ratsam ist, sich diätologisch unterstützen und begleiten zu lassen.
Ja, zum Beispiel, dass man durch Fastenkuren langfristig erfolgreich sein Gewicht reduzieren kann. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist eher gering. Manche schaffen es zwar, nach einer Fastenkur bessere Gewohnheiten zu etablieren. Eine erfolgreiche Gewichtsreduktion ist immer mit gesundheitsförderlichen Routinen verbunden und gelingt dann, wenn Ernährung, Bewegung, Schlaf und mentale Gesundheit im Einklang sind. Wer sich in Sachen Ernährung kompetent beraten lassen möchte, ist bei Diätolog:innen und/oder Ernährungswissenschafter:innen gut aufgehoben. Vorsicht bei „Ernährungscoaches“ und „Ernährungsexperten“, denen eine fundierte Ausbildung fehlt und die rechtlich gesehen gar keine Beratungen durchführen dürfen.