Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig ist u. a. Referentin für Digitalisierung, Technologie sowie Forschung und Entwicklung. – Foto: Gleiss
Wirtschaft
01.03.2021

Gaby Schaunig: So gut wie alle Branchen müssen ihre Geschäftsmodelle adaptieren

Im Interview spricht Landeshauptmann-Stellvertreterin und Digitalisierungsreferentin Gaby Schaunig über Digitalisierungsprojekte in Kärnten und wie das Land digitalen Initiativen finanziell auf die Sprünge hilft.

advantage: Kärnten will sich seit Jahren verstärkt als Wirtschafts-, Forschungs- und Technologiestandort präsentieren. Ist das bisher gut gelungen?

Gaby Schaunig: Es ist uns gelungen, mit kontinuierlicher Aufbau- und Vernetzungsarbeit Kärnten als eine der Top-Forschungsregionen Europas zu etablieren – das macht uns als Standort für Unternehmen hoch attraktiv, ich nenne als Beispiel die Milliardeninvestition von Infineon, aber es gibt auch Ansiedlungen etwa im holzverarbeitenden Bereich oder im Anlagenbau. Wir bilden gemeinsam mit der Steiermark die Forschungsachse Süd. Entlang dieser Achse haben sich das Robotics Institut der Joanneum Research in Klagenfurt angesiedelt, die Silicon Austria Labs in Villach und das Fraunhofer-Institut mit KI4Life. Netzwerke wie der Silicon Alps Cluster oder der Green Tech Cluster bieten den Kärntner Betrieben Plattformen für Austausch, Wachstum und Innovation, unsere Forschungsstätten stehen ihnen für Entwicklungsarbeiten offen.

Welche Projekte/Initiativen laufen derzeit bzw. starten heuer in puncto Digitalisierung, bei denen das Land beteiligt ist?

Mit der KWF-Digitalisierungsoffensive bieten wir Kleinst- und Kleinunternehmen die Möglichkeit, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und die Herausforderungen der Covid-19-Krise gut zu meistern. Es geht darum, dass Unternehmen nicht nur für die Zeit der Krise, sondern insgesamt besser für eine digitalisierte Zukunft gerüstet sein sollen. Gefördert werden eine Beratung und darauf aufbauend Innovationsmaßnahmen in den Bereichen E-Commerce, Geschäftsmodelle und Prozesse, Verbesserung der IT-Sicherheit sowie Digital Services & Organisation. Über die Babeg bauen wir derzeit einen Digital Innovation Hub auf, ein Kompetenznetzwerk, das KMU bei ihren Digitalisierungsbestrebungen unterstützt, und zwar vor allem in den Zukunftsthemen Artificial Intelligence, Data Science und Cybersecurity.
Praxisnahe Forschung und Entwicklung im Bereich der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz betreibt das Kärntner Innovationszentrum KI4Life, einer von vier Standorten der Fraunhofer Austria Research GmbH. Hierbei wird großer Wert auf die Vernetzung mit regionalen Unternehmen und Forschungseinrichtungen und die Nutzung von Synergien gelegt. Mit der Mensch-Roboter-Interaktion beschäftigt sich das von uns mitfinanzierte Robotics-Institut der Joanneum Research, an Schlüsseltechnologien für Digitalisierung forschen die Silicon Austria Labs in Villach.

Allen unseren Forschungseinrichtungen sowie interessierten Unternehmen steht unser 5G Playground offen, eine flexible und dynamische Plattform für die Entwicklung und unmittelbare Erprobung von 5G-Anwendungen. Die Coding School Wörthersee unterstützen wir bei der Ausbildung und Qualifizierung von IT-Fachkräften, über die bfi-ITL@bs bilden wir Lehrlinge in einschlägigen Berufen aus.

"Mit der KWF-Digitalisierungsoffensive bieten wir Kleinst- und Kleinunternehmen die Möglichkeit, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und die Herausforderungen der Covid-19-Krise gut zu meistern."

Gaby Schaunig

Wie viel Geld nimmt das Land zukünftig jährlich für digitale Initiativen in die Hand? Wird es bei Förderungen einen Digitalisierungsschwerpunkt geben?

Für den Breitbandausbau sind 20 Millionen Euro jährlich bis 2023 vorgesehen. Die Digitalisierungsoffensive ist mit rund einer Million Euro dotiert, für den Digital Innovation Hub Süd rechnen wir mit 300.000 Euro pro Jahr, der 5G Playground wird von Landesseite jährlich mit 400.000 Euro finanziert, auch das KI4Life unterstützen wir mit 400.000 Euro pro Jahr. Darüber hinaus gibt es Projekte und Initiativen, die nicht direkt unter dem Titel „Digitalisierungsoffensive“ laufen, aber natürlich dazugehören. Wenn wir beispielsweise am HTC Villach um 15 Millionen Euro den größten Forschungsreinraum Österreichs errichten, dann ermöglichen wir dort Spitzenforschung im Bereich der elektronikbasierten Systeme, einer der Schlüsseltechnologien für die Digitalisierung. Dasselbe gilt für das Robotics Institut in Klagenfurt, das Holzkompetenzzentrum Wood K Plus in St. Veit und die Silicon Austria Labs, die jeweils mit Millionenbeträgen von Landesseite mitfinanziert werden.

„Corona“ hat die Digitalisierung quasi angeschoben: Woran haben Sie persönlich das bemerkt?

Persönlich habe ich es ähnlich wie viele andere Kärntnerinnen und Kärntner erlebt, nämlich vor allem mit ständigen Online-Besprechungen. Ich habe auch erfreut festgestellt, dass viele heimische Unternehmerinnen und Unternehmen entweder gut vorbereitet waren – mit Onlineshops und Zustelldiensten – bzw. sich rasch umgestellt haben. Gleichzeitig wurde deutlich, dass so gut wie alle Branchen ihre Geschäftsmodelle ganz genau anschauen und adaptieren werden müssen.

"Wir setzen bei der Frage der Breitband-Infrastruktur ganz klar auf Glasfaser."

Gaby Schaunig

Orten Sie auch teilweise Überforderung von Betrieben oder der Bevölkerung, wenn es um Digitalisierung geht? Laut einer Studie ist die Nachfrage der Privathaushalte für digitale Anwendungen in Österreich eher gering. Wie könnte man dem entgegenwirken?

Covid-19 wird die Arbeitswelt nachhaltig verändern. Um die benötigten Skills sicherzustellen, fördert das Land Kärnten gemeinsam mit dem AMS Kärnten verstärkt Fortbildungen im Bereich der Digitalisierung über die Qualifizierungsförderung. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten 50 Prozent der Kosten rückerstattet, wenn die Bildungsmaßnahme der digitalen Höherqualifizierung dient. Wichtig ist – aber das ist nicht nur kennzeichnend für Digitalisierung –, dass die Motivation zur Weiterbildung vorhanden ist, die Bereitschaft Neues zu lernen und mit der Zeit zu gehen. Die Kärntner Erwachsenenbildung ist breit aufgestellt und Angebote zu digitalen Skills sind für Einsteigende, Ältere oder Jugendliche genauso vorhanden wie für Fortgeschrittene, die ganz spezifische Kenntnisse erwerben möchten. Unabhängig davon wird auch die Nachfrage der Privathaushalte steigen, wenn Infrastruktur und Angebot vorhanden sind.

Um die Digitalisierung vorantreiben zu können, ist gezielter Glasfaser-Ausbau essenziell. Wie sieht hier der Status quo aus und welche Ziele hat sich Kärnten bei Glasfaser gesetzt?

Wir setzen bei der Frage der Breitbandinfrastruktur ganz klar auf Glasfaser. Anders als etwa Wasser oder Kanal gilt Breitbandversorgung leider nicht als öffentliche Infrastruktur, weshalb wir beim Vorantreiben des Ausbaus in Kärnten das EU-Wettbewerbsrecht beachten müssen. Wir haben uns daher für ein Partnermodell entschieden: Über unsere Breitbandgesellschaft BIK bauen wir jene Gebiete aus, die für die Telekom-Betreiber unwirtschaftlich und daher uninteressant sind – man spricht hier von weißen Flecken. Dafür haben wir auch grünes Licht von der EU erhalten. Um die Wirkung dieser Ausbauprojekte zu erhöhen, holen wir über eine Ausschreibung Unternehmen ins Boot, die dann entlang unserer Ausbautrassen jene Gebiete erschließen, in die wir nicht vordringen dürfen. Die BIK hat im Rahmen der jüngsten bundesweiten Ausschreibungen sechs Projekte eingereicht und alle sechs genehmigt bekommen, was sowohl eine Auszeichnung für die Qualität der Einreichungen als auch eine Bestätigung für unseren Weg ist. Mit diesen sechs Ausbauprojekten erreichen wir 23 unterversorgte Gemeinden und – gemeinsam mit den Partnern – rund 28.000 Haushalte in ganz Kärnten. Das Investitionsvolumen beträgt 53 Millionen Euro, vom Bund wurden Förderungen im Umfang von 34 Millionen Euro zugesagt. Die nötigen Landesmittel haben wir bereits reserviert.

Stichwort Bildung: Wird das Thema Digitalisierung in Kärntens Schulen ausreichend behandelt?

Gemeinsam mit Bildungsreferent Landeshauptmann Peter Kaiser und Gemeindereferent Landesrat Daniel Fellner haben wir gerade das Projekt „Digitale Schule“ auf den Weg gebracht. Mit 900.000 Euro rüsten wir mehr als 600 Schulklassen in Kärnten mit fehlender Infrastruktur auf. Neben der Schaffung der Infrastruktur ist besonders die Vermittlung digitaler Kenntnisse, Fähig- und Fertigkeiten essentiell für den weiteren Berufs- und Lebensweg, denn die Digitalisierung durchdringt und verändert unser aller Leben nachhaltig. Um die Risiken richtig einschätzen und den richtigen Umgang mit der Technik zu erlernen, braucht es medienpädagogischen Unterricht, der den Jugendlichen faire Zukunftsbedingungen sichert.

Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig ist u. a. Referentin für Digitalisierung, Technologie sowie Forschung und Entwicklung. – Foto: Gleiss
Schlagwörter