Die Initiatoren: Franz Huditz, Nikolaus Riegler, Michael Berndl und Paul Haas b(von links) – Foto: Match Werbeagentur/Peter Krivograd
Wirtschaft
26.02.2021

Gemeinsam aus dem Lockdown: So stellt sich Initiative eine Öffnung vor

Eine breite Front, die gemeinsam die Herausforderungen, die Corona mit sich bringt, angehen will, hat sich heute vorgestellt. Die Initiative „Gemeinsam aus dem Lockdown“ hat konkrete Vorstellungen, wie eine Öffnung – nicht nur in der Gastronomie oder im Tourismus – dauerhaft möglich ist. Wichtig dabei: Die Bevölkerung muss mitmachen! Testen muss normal werden.

„Gemeinsam aus dem Lockdown“ heißt die Initiative in Kärnten, die sich heute vorgestellt hat und zeigen will, wie eine weitere Öffnung möglich ist und was man tun kann, um nicht im vierten Lockdown zu landen. Die Initiatoren – die Gastronomen Nikolaus Riegler (Hirter Brauerei), Paul Haas (Domgassner, Gasthaus im Landhaushof, Augustin), Michael Berndl (Lindenhof Millstatt) und Franz Huditz (Wörthersee Schifffahrt, Villa Lido) – erhalten Unterstützung aus allen Bereichen – aus der Politik, von den Sozialpartnern, der Kirche, der Medizin oder der Kultur.

Es geht nur mit Solidarität

„Das Virus ist gekommen, um zu bleiben. Wir haben uns gemeinsam mit Experten Maßnahmen überlegt, um aus dem Lockdown herauszukommen und einen vierten Lockdown zu vermeiden“, so Haas. Alle noch zugesperrten Branchen seien bereit und hätten Konzepte, wie eine Öffnung funktionieren kann, sagte Riegler. Allerdings: „Wir können es nur gemeinsam schaffen“, fordern die Initiatoren die Gesellschaft zu Solidarität auf.

Konkrete Forderungen

Wie stellt man sich also eine Öffnung vor? Man muss die Bevölkerung mitnehmen und das funktioniere nur mit wenigen, aber klaren Regeln. Es brauche praktikable Regelungen für die Unternehmer.

Konkret wird gefordert:

  • mehr niederschwellige Test-Infrastruktur, einfach und unkompliziert, auch in mobiler Form für Randgebiete
  • Anerkennung der Selbst- bzw. Wohnzimmer-Tests als Eintrittstests
  • Einmal pro Woche Test in einem offiziellen Testzentrum, der sieben Tage gültig ist – unterstützt durch regelmäßige Selbsttests. Eine Test-Gültigkeit von 48 Stunden sei in der Gastronomie nicht machbar, da es dafür zu wenig Test-Infrastruktur gibt.
  • Eintrittstests sollen sich überall im gesellschaftlichen Leben widerspiegeln – ob beim Skifahren, beim Einkaufen, im Gasthaus, in den öffentlichen Verkehrsmitteln …
  • einheitliche digitale Plattform, um Testergebnisse abzubilden (auch jene der Heimtests)
  • Kontrollen verstärken, die Betriebe könnten sich vorstellen, Stichproben selbst durchzuführen.
  • Betriebe wollen ebenfalls testen.
  • konsequentes Contact Tracing, aber auch „Source Tracing“ (Wo finden Infektionen statt?)
  • baldiges Öffnen der Veranstaltungswirtschaft und Nachtgastronomie mitdiskutieren

Keine Versteifung auf ein Öffnungsdatum

„Unsere Hygiene-Konzepte sind vorhanden. Wir fordern auch eine Sperrstunde um 23 Uhr, denn es gibt Veranstaltungen, die nicht um 18 Uhr enden. Eine Sperrstunde um 23 Uhr entzerrt auch das Geschäft“, so Berndl. Die Maskenpflicht bis zum Tisch wolle man beibehalten. Und: Die Maßnahmen müssten ein Ablaufdatum haben und alle 14 Tage sollten sie evaluiert werden. „Wir wollen sicher öffnen und dafür offen bleiben. Wir versteifen uns nicht auf ein Öffnungsdatum“, sagte Riegler.

Breite Unterstützung

Unterstützung für die Initiative kam bei der Auftakt-Pressekonferenz von allen Seiten des öffentlichen Lebens – etwa von Generalvikar Johann Sedlmaier seitens der Kirche, Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl, Arbeiterkammer-Präsident Günther Goach, Hermann Lipitsch (Gewerkschaft vida) oder Industriellenvereinigung-Chef Timo Springer. Letzterer wiederholte seine Forderung einer „3G-Strateegie“: „Schrittweise Öffnung aller Bereiche für die drei Gruppen der negativ Getesteten, Geimpften und Genesenen.“

Kontaktpersonen unbedingt melden

Auch die Medizin unterstützt die Öffnungsforderungen. Intensivmediziner Rudolf Likar sprach sich ebenfalls für niederschwellige Tests aus. Außerdem solle man sich nicht allein auf Inzidenzen konzentrieren: „Die Inzidenzen müsste man in Verhältnis zu den Testungen setzen.“ Vielmehr gehe es aber um Kapazitäten in Krankenhäusern und einen Blick über die Medizin hinaus. „Es geht auch um Solidarität, etwa Kontaktpersonen zu melden.“

Corona belastet die Psyche

Kollege Wolfgang Wladika, Psychotherapeut, sprach von Verantwortung, die gefragt sei – für sich selbst und Mitmenschen. Er schilderte, was Corona mit der Psyche anstellt: „Bei Erwachsenen verzehnfachen sich die Depressionen, Schlafstörungen und Angststörungen. Je jünger die Person, desto belasteter ist sie, besonders ab der Pubertät. Wir bemerken mehr Essstörungen, Depressivität bis Suizidalität oder Lernstörungen.“

Comeback des Sports

Dass etwa sportliche Aktivitäten antidepressiv wirken, bemerkte nicht nur Wladika. Landessportdirektor Arno Arthofer wies nochmal auf die Anfang der Woche gestartete Initiative „Comeback des Sports“ hin. Wie die Gastronomie hätten auch die Sportvereine aller Sportarten Konzepte: „Wir fordern eine behutsame und langsame Öffnung der Trainingsmöglichkeiten im Breiten- und Gesundheitssport. Da sprechen wir noch nicht von Wettkämpfen, wir wollen Kleingruppen trainieren lassen.“

"An Wien: Sprecht mit uns"

Für die Kultur sprach Stadttheater-Intendant Aron Stiehl. „Auch wir haben die Konzepte nicht nur in der Schublade, wir haben sie auch schon gelebt und es hat funktioniert. Wir müssen Corona in unser Leben integrieren und zum Leben gehört eben Kultur, Sport oder die Gastronomie. Wir müssen die Angst bei den Menschen besiegen, denn sie frisst die Seele auf.“ Stiehl richtete einen Appell nach Wien: „Sprecht mit uns! Das Virus können wir nur gemeinsam besiegen.“

Fehlende Planungssicherheit demotiviert

Auch Hannes Dopler als Vertreter der Veranstaltungswirtschaft wies darauf hin, dass man 2020 gezeigt habe, dass sichere Events möglich sind. „Wir brauchen endlich Planungssicherheit“, wiederholte er seine Forderung.

Christiane Holzinger als Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft berichtete über eine Umfrage, die Ende Dezember zeigte, dass drei Viertel der jungen Selbständigen von der Krise betroffen sind oder waren und sie zu diesem Zeitpunkt trotzdem motiviert waren. „Doch diese Stimmung ist Anfang Februar gekippt, weil eben die Planungssicherheit fehlt. Wir stehen hinter dieser Initiative und wollen alles tun, um wieder aufsperren zu können.“

Unterstützung der Politik

Weitere Unterstützungsbekundungen kamen von Nika Basic (Junge Wirtschaft), Edgar Jermendy (Junge Industrie), WK-Gastroobmann Stefan Sternad oder Kärnten Werber Christian Kresse.

Auch die Politik war vertreten. Von Janos Juvan (Neos) gibt es eindeutige Unterstützung, FPÖ-Chef Gernot Darmann sprach sich ebenfalls für niederschwellige Tests aus, um die Bevölkerung mitzunehmen. „Wir müssen von Zwängen absehen“, sagte Darmann.

Für ÖVP-Landesrat Sebastian Schuschnig ist die Gastronomie Teil der Lösung. Er wies darauf hin, dass in einigen Tagen zwei Busse für mobile Testungen im Einsatz stehen werden, und lieferte auch einen Lösungsansatz für die Anerkennung der Selbsttests: „Man könnte sie im Gemeindeamt durchführen und dort die Bestätigung erhalten, wann man den Test gemacht hat.“

Landeshauptmann Peter Kaiser versprach, die positiven Anregungen in seine Gespräche auf allen Ebenen einfließen zu lassen: „Unser gemeinsames Ziel ist, einen zweiten Lockdown zu verhindern. Daher legen wir Wert aufs Impfen und aufs Testen sowie auf höhere Eigenverantwortung. Wir tragen eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung.“

Breite Unterstützung für die Initiatoren durch Arno Arthofer (l.), Rudolf Likar (3. v. r.), Aron Stiehl (2. v. r.) und Wolfgang Wladika (r.) – Foto: Match Werbeagentur/Peter Krivograd
Die Initiatoren: Franz Huditz, Nikolaus Riegler, Michael Berndl und Paul Haas b(von links) – Foto: Match Werbeagentur/Peter Krivograd
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