Klimaschutz durch aktive, nachhaltige Bewirtschaftung. © Kuneth
Wirtschaft
15.03.2022

Green Deal und die Herausforderungen für die Forstwirtschaft

Mit dem Green Deal hat sich die Europäische Union dem ehrgeizigen und langfristigen Ziel verschrieben, die Netto-Treibhausgasemissionen Europas bis 2050 auf null zu reduzieren. Eine Leitinitiative des Green Deals ist die EU Waldstrategie 2030, die die heimische Forstwirtschaft vor große Herausforderungen stellt. (Anzeige)

Green Deal klingt gut, doch von einem Deal spüren die heimischen Waldbauern leider nichts. Das Ziel, die europäischen Wälder klimafit zu machen und die Potenziale des Waldes im Kampf gegen die voranschreitende ­Klimaverschlechterung zu nutzen, wird grundsätzlich begrüßt und mitgetragen. Viele der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen und Prozesse werden jedoch als kontraproduktiv eingeschätzt und stoßen daher bei der öster­reichischen und europäischen Forstwirtschaft auf Ablehnung.

Wald Hauptbetroffener und Teil der Lösung

Im Klimawandel ist der Wald selbst einer der Hauptbetroffenen, aber auch wesent­licher Teil der Lösung. Die aktive Bewirtschaftung der Wälder, deren Erhaltung sowie die Erhöhung ihrer Leistungsfähigkeit und die effiziente Verwendung von Holz können zur Bewältigung der Klimakrise einen maßgeblichen Beitrag leisten. Die Forst- und Holzbranche in Österreich stellt seit Jahrzehnten aufgrund der Zunahme von Waldfläche und Holzvorrat eine Netto-Senke dar. Ermöglicht haben dies die heimischen Waldbäuerinnen und -bauern, die ihren Wald seit Genera­tionen für die nächsten Generationen sorgsam und nachhaltig gemäß den strengen Vorgaben des Forstgesetzes bewirtschaften, einen nachwachsenden Rohstoff produzieren und damit auch den Erhalt der Waldfunktionen sicherstellen. Damit wird auch die Multifunktionalität des Waldes aufrechterhalten – und dies vollkommen unentgeltlich zum Wohle der Gesellschaft. Ganz wesentlich ist dabei die nachhaltige Nutzung und Verwendung des Holzes, denn damit wird aktiv zum Klimaschutz beigetragen.

Schulterschluss mit anderen EU-Waldbesitzern

Im Oktober 2021 fand die sogenannte Wiener Konferenz der europäischen Waldbesitzer statt, wo rund 70 Delegierte – Forstminister und Waldbesitzervertreter aus 16 europäischen Ländern – eine gemeinsame Deklaration an die EU-Kommission unterzeichneten. Sie forderten darin deutliche Korrekturen der EU Waldstrategie in einigen Punkten. Zentrales Ziel müsse primär die Beibehaltung und Stärkung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung sein, um einen realistischen und zielgerichteten ­Klimaschutz sicherzustellen.

Aktive Bewirtschaftung statt Außernutzung-Stellung

Besonders kritisch gesehen wird die in der EU-Waldstrategie vorgesehene Außernutzung-Stellung von Teilen der Waldfläche. Vorgesehen sind konkret eine Reduktion der Holzeinschlagmenge um zehn Prozent. Hier gilt es allerdings zu beachten, dass in einem naturbelassenen Wald die Kapazitäten zur CO2 Bindung beschränkt sind, wogegen ein nachhaltig bewirtschafteter Wald CO2 intensive Rohstoffe sowie fossile Energieträger durch Holz ersetzen kann. Überdies stellen solche Forderungen nach Außernutzung-Stellung massive Eingriffe ins Eigentum dar – 82 Prozent der österreichischen Waldflächen und 96 Prozent der Kärntner Wälder befinden sich in Privatbesitz!

Auch die wirtschaftlichen Folgen wären fatal! Eine Studie des Forschungsinstituts Economica zeigt die Auswirkungen einer zehn prozentigen Reduktion der Holzeinschlagsmenge für Österreich:

  • Die Wertschöpfung in der Holz- und Forstwirtschaft würde um 8,6 Prozent bzw. um eine Milliarde Euro auf 10,3 Milliarden Euro zurückgehen.
  • Rechnet man auch die mittelbar betroffenen Branchen hinzu, würde sich das Minus auf 1,75 Milliarden Euro erhöhen, was immerhin 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung Österreichs entspräche.
  • Insgesamt wären 15.400 Jobs in der Forst- und Holzwirtschaft unmittelbar gefährdet, hinzu kämen weitere 10.800 Arbeitsplätze in den Zulieferbetrieben.
  • Von ursprünglich knapp 8,7 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben würden im gesamten Wertschöpfungsnetzwerk nur mehr 7,9 Milliarden Euro an die Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträger fließen, ein Minus von 800 Millionen Euro.
  • Es ist davon auszugehen, dass auch andere waldreiche europäische Länder ähnlich hohe wirtschaftliche Einbußen zu verzeichnen hätten!

Kernkompetenz der Waldbesitzer anerkennen und würdigen

Die Waldbesitzer bekennen sich klar zum Klima- und Biodiversitätsschutz und tragen viel dazu bei. Die Waldfläche in Europa ist nämlich seit 1990 um 14 Millionen Hektar und der Holzvorrat um 8,3 Mrd. Vorratsfestmeter gewachsen, in Österreich nahmen die Waldfläche im gleichen Zeitraum um 0,14 Millionen Hektar und der Holzvorrat um 201 Millionen Vorratsfestmeter zu. Biodiversitätsrelevante Parameter haben sich verbessert, was auf die aktive nachhaltige Bewirtschaftung zurückzuführen ist. Gleichzeitig hat sich die Forst- und Holzwirtschaft zu einem enorm wichtigen Wirtschaftssektor entwickelt. In der vorliegenden EU-Waldstrategie werden die Bedürfnisse der 16 Millionen Waldbesitzer schlichtweg ignoriert. Viele Maßnahmen bedeuten eine massive Entwertung der Wälder, was für viele Familien einen Entzug des Einkommens und damit ihrer Existenz darstellen würde.

In der Gesellschaft werden leider überwiegend nur Informationen und Aussagen der NGOs goutiert, wobei zahlreiche dieser Informationen einseitig und hinter­fragenswürdig sind. Wer die Verantwortung trägt, wer für die Erhaltung der Wälder in ihrer Vielfalt und Funktion sorgt, wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Die Leistungen der Waldbesitzerinnen und -besitzer sollten endlich einmal anerkannt und gewürdigt werden, anstatt sie unnötig zu behindern!

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