© Eddy Aldrian
Umwelt
03.12.2024

Grüne Transformation braucht Management und Zeit

Die grüne Transformation der Energiesysteme stand im Fokus bei den Innovationsgesprächen der Innoregio Süd Steiermark und Kärnten. Die Veranstaltung fand in der Energie Steiermark in Graz statt.

Die Industrie im Süden Österreichs hat bereits Vorleistungen für die grüne Transformation erbracht. Die beiden Präsidenten Kurt Maier (IV Steiermark) und Timo Springer (IV Kärnten) verwiesen auf die Bedarfsanalysen, die mit energieintensiven Industriebetrieben und den beiden großen regionalen Energieversorgern sowie wissenschaftlicher Unterstützung erarbeitet worden sind. Außerdem liegt für die Steiermark bereits ein grüner Masterplan vor.

Strategie für Kärnten

Der zuständige Kärntner Energielandesrat Sebastian Schuschnig kündigte eine entsprechende Energiestrategie für Kärnten „Anfang 2025“ an. Die Eckpunkte sind klar: Der Anteil von Erdgas am Energiemix soll stark sinken, gleichzeitig soll der Verbrauch von elektrischem Strom steigen. In Kärnten wird es bis 2040 sogar zu einer Verdoppelung kommen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Energie leistbar und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe gewährleistet bleibe, betonten beide Präsidenten.

Energiewende braucht Zeit

Johannes Benigni vom internationalen Energieberatungsunternehmen JBC Vienna hält die Klimaziele weder auf internationaler noch auf österreichischer Ebene für erreichbar. Die Energiewende werde schlicht mehr Zeit brauchen. Er schilderte, wie die Energiemärkte und Gasnetze funktionieren und welche Fehler man in Teilen Europas und in Österreich gemacht habe, indem man etwa bei der Gasversorgung einseitige Abhängigkeiten zugelassen und damit explodierende Kosten, Inflation und Verlust von Wettbewerbsfähigkeit in Schlüsselindustrien in Kauf genommen habe.

Infrastruktur notwendig

Gas werde noch sehr lange wichtig als Backup für Erneuerbare bleiben, weil der verfügbare Wasserstoff wohl zunächst vor allem stofflich in Industrieprozessen eingesetzt werde. Abgesehen davon, dass die Frage nach einer adäquaten Transportinfrastruktur noch weit von praktikablen Geschäftsmodellen entfernt sei.

Professionelles Management

Dazu kämen noch versagende Marktmechanismen wie etwa die berüchtigte Merit Order, auf die man nicht flexibel genug reagiert habe. Er fordert daher dringend ein professionelles Management in der Transformation der Energiesysteme auf allen Ebenen, für Österreich einen Energie- und Handelsminister.

CO2-Steuern aussetzen

Als erste Akutmaßnahme ist er für eine Streichung von CO2-Steuern, denn die Industrie habe keine Möglichkeit auszuweichen. Sie verliere an Wettbewerbsfähigkeit und werde hier nicht mehr investieren. Markus Ritter von der Stahl- und Walzwerk Marienhütte GmbH möchte mit den Steuern auch den teuren Handel mit den Emissionszertifikaten loswerden, der Investitionsvolumina in den Klimaschutz binde.

Öffentliches Interesse

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden sowohl von Vertretern der energieintensiven Industrie als auch von den Energieversorgern kritisiert. Benigni verweist darauf, dass in Deutschland für den Erneuerbaren-Ausbau längst ein „übergeordnetes öffentliches Interesse“ definiert wurde, was in Österreich fehle.

Windkraft in den Bergen

In Kärnten wolle die FPÖ mit einer Volksbefragung am 12. Jänner sogar den Ausbau von Windkraftanlagen auf Almen und Bergen landesgesetzlich untersagen, beklagt Sebastian Schuschnig. Seine Kollegin Barbara Eibinger-Miedl kann hingegen schon auf 115 Anlagen in der Steiermark verweisen. Damit ist man das windkraftstärkste Bundesland in den Alpen.

Kritik an Widerstand

Danny Güthlein, Vorstand des Kärntner Energieversorgers Kelag, betonte, wie wichtig die Windkraft sei, um mit der Erzeugung möglichst nahe an die Verbrauchskurve zu kommen. Der integrierte österreichische Netzinfrastrukturplan des Klimaministeriums sehe für die alpinen Bundesländer eine Zubaukapazität von fünf Terawattstunden vor. Auch René Haberl, Vorstand der Treibacher Industrie AG, kritisiert die Widerstände, die langen und aufwändigen Verfahren beim Ausbau von Erneuerbaren und Netzen. Sein Unternehmen habe das bis dahin größte Kärntner Photovoltaik-Kraftwerk nur auf eigenem Industriegrund realisieren können.

Hohe Netzkosten

Die in letzter Zeit aufgeflammte Diskussion über die massiv steigenden Netzkosten für elektrischen Strom versuchen weder Danny Güthlein noch sein Gegenüber von der Energie Steiermark, Martin Graf, zu beschönigen. Letzterer setzt sich für innovative Lösungen ein, um die Kosten in den Griff zu bekommen. Er nennt es „Flexibilitäten nutzen“. Da geht es um die Abnahme von Industriewärme oder um Leistungsbegrenzungen zu Spitzenzeiten, um die Netzkapazität zu entlasten. Die wissenschaftliche Basis etwa für die passenden KI-Projekte sei in der Steiermark vorhanden. Er stellt aber auch klar: „Wir müssen über die Ziele reden. Je schneller wir die Klimaziele erreichen wollen, desto teurer wird es“, stößt er ins selbe Horn wie Benigni. Güthlein unterstreicht noch einmal, wie wichtig vor allem schnellere Verfahren für den effizienten und damit kostengünstigen Netzausbau sind.

Zuversicht

Dem problematischen Umfeld zum Trotz dokumentierte eine „Menti-Umfrage“ die überwiegende Zuversicht im Publikum, dass die Chancen der grünen Transformation gegenüber den Risiken dominieren. Claudia Mischensky und Christoph Robinson, die Geschäftsführerin der IV Kärnten und der Geschäftsführer der IV Steiermark, kündigten in ihrem Fazit der Veranstaltung an, dass ihre Organisationen zusammen mit ihren Mitgliedsunternehmen weiter beharrlich und faktenbasiert an den strategischen Grundlagen für die grüne Transformation der Industrie arbeiten werden.

Schlagwörter