Grüne Wende auf Österreichs Autobahnen
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Um die Klimaziele zu erreichen setzt die ASFINAG auf ein eigenes Klima- und Umweltschutzprogramm. Im Interview mit advantage erläutert Vorstandsdirektor Hartwig Hufnagl, welche Maßnahmen und Projekte realisiert werden.
advantage: Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Autobahn – ein Widerspruch? Wo setzt die ASFINAG an?
Hartwig Hufnagl: Das muss kein Widerspruch sein. Die wesentliche Frage dabei ist ja: Welche Art von Mobilität findet auf der vorhandenen Infrastruktur statt. Verkehr wird es weiterhin geben, wir müssen aber darauf schauen, dass dieser Verkehr umweltfreundlich abläuft – und vor allem sicher! Und da sind wir – als nachhaltiger und innovativer Mobilitätspartner – gefragt und gefordert, aber auch bestens aufgestellt und vorbereitet. Wir haben gerade im Bereich der Elektro-Mobilität viel vor. Zukünftig wird es neben den beschlossenen Bauprojekten hohe Investitionen in erneuerbare Energien sowie in einen massiven Ausbau von E-Ladestationen in ganz Österreich geben.
Welche Rolle spielt die E-Mobilität für die ASFINAG ganz konkret?
Ein ganz entscheidender Anteil des Verkehrsaufkommens führt über die Autobahn. 40 Prozent der österreichischen Verkehrsleistung werden auf dem hochrangigen Straßennetz erbracht, das damit ein Rückgrat für den Wirtschaftsstandort ist. Für die derzeit mehr als 124.000 in Österreich zugelassenen Elektro-PKW haben wir daher entlang der Autobahnen an 36 Raststationen Ladestellen mit 220 Ladepunkten zur Verfügung gestellt, teilweise bereits mit 350 kW. Und diese flächendeckend vorhandene Lade-Infrastruktur wird mittlerweile auch gut genutzt: Insgesamt waren es 2022 über 190.000 Ladungen. Das ist ein Plus von 87% gegenüber 2021. Bis Ende des Jahres werden voraussichtlich noch neun neue E-Ladestandorte am ASFINAG-Netz in Betrieb gehen und so den durchschnittlichen Abstand zwischen den Lademöglichkeiten auf unter 60 Kilometer verkürzen.
Der flächendeckende Ausbau der E-Ladeinfrastruktur ist der ASFINAG ein wichtiges Anliegen. © Katja Prokofief
Diesem Schritt folgen bis 2030 aber noch weitere – und auch deutlich größere Schritte. Unser Ziel sind 1.500 Ladepunkte für PKW mit mindestens 150 kW. Ein E-Auto zu laden, muss und wird auf unseren Autobahnen so einfach sein, wie ein Tankvorgang bei einem herkömmlichen PKW.
Wir denken aber auch den Schwerverkehr bereits elektrisch: Elektro-LKWs sind zwar derzeit noch kaum am Markt vorhanden, die Hersteller arbeiten aber mit Hochdruck daran. Doch das würde nichts nutzen, wenn es die Infrastruktur dafür nicht gibt. Wir reden hier einerseits von Schnellladestationen bis zu 1000 kW pro Ladepunkt und andererseits von „Overnight Chargern“, mit denen ein LKW über Nacht geladen werden kann.
Unser Ziel ist klar: Bis 2035 insgesamt knapp 3000 Ladepunkte für PKW und LKW am hochrangigen Straßennetz.
Welche Maßnahmen werden in punkto Energie gesetzt?
Wir setzen auf Strom aus Eigenproduktion. Wir investieren selbst bereits seit Jahren in Photovoltaik-Anlagen, in Kleinwasserkraftwerke und in Windturbinen – und wir wollen 2030 bilanziell stromautark sein. Insgesamt 32 erneuerbare Energie-Anlagen auf Tunnelportalen und Dachflächen sowie zwei Kleinwasserkraftwerke sind bereits in Betrieb mit insgesamt 3.900 Kilowatt-Peak. Unser nächstes großes Kleinwasserkraftwerk wird in Kärnten entstehen. Wir nutzen die Bergwässer beim Karawankentunnel, um Strom für den Tunnel zu erzeugen. Der Baustart für diese 50 kW-Anlage soll noch heuer erfolgen und schlussendlich werden wir dort bis zu 500.000 Kilowattstunden pro Jahr produzieren.
Wir haben mehrere Standorte auch bereits energieautark gestaltet, indem wir PV-Anlagen errichtet haben, dazu Batteriespeicher mit einer intelligenten Steuerung. Kärnten war da sogar das erste Bundesland mit der Autobahnmeisterei Klagenfurt. Aber mittlerweile werden auch die Standorte Wien-Inzersdorf, Salzburg-Liefering, Bruck an der Leitha in Niederösterreich und Ansfelden in Oberösterreich mit PV-Strom versorgt.
Bis 2030 will die ASFINAG bilanziell stromautark sein und setzt u. a. auf PV, wie hier am Herzogberg an der steirisch-kärntnerischen Grenze. © ASFINAG
„Wir investieren bereits seit Jahren in Photovoltaik-Anlagen, Kleinwasserkraft-werke und Windturbinen – und wir wollen 2030 bilanziell stromautark sein.“
Hartwig Hufnagl
Die Bauwirtschaft zählt neben dem Verkehr zu den größten CO2-Emittenten. Wie wirkt die ASFINAG dem entgegen?
Wir bauen und sanieren, um die Infrastruktur für die Menschen und den Wirtschaftsstandort zu erhalten und so sicher wie möglich zu betreiben. Und gerade bei der Abwicklung von Bauprojekten haben wir schon sehr lange eine hohe Recyclingquote – in der Regel mehr als 90 Prozent. In den vergangenen Jahren wurden die öko-sozialen Zuschlagskriterien, die für die Bestbieter Suche ausschlaggebend sind, sukzessive erweitert, die liegen aktuell bei rund 10 Prozent und sind verpflichtend aufzunehmen. Hier ist die ASFINAG durch viele Initiativen und Innovationen sicher in einer Vorreiterrolle. Die Kriterien können zum Beispiel die Reduktion von Transportwegen, Wiederverwendung von Beton bzw. Asphalt im Zuge der Wiederherstellung der Fahrbahnbeläge, ÖKO-Zertifizierungen, Verringerung der Wege im Baulos, oder der Einsatz von E-Baufahrzeugen sein. Auch die Umsetzung von Innovationen im Bereich klimaschonendes Bauen, etwa die Verwendung von CO2-armem Zement oder überhaupt ressourcenreduzierende Lösungen, wo es zum Entfall von Bauteilen kommt wie bei Brücken ohne Randbalken, wird in der ASFINAG weiter gefördert.
Autobahnbau und Biodiversität: Welchen Stellenwert hat der Erhalt der Artenvielfalt?
Das mag jetzt für einen Autobahnbetreiber seltsam klingen. Aber wir sind einer der größten Waldbesitzer in Österreich und ebenso von zahlreichen Grünflächen. Kaum jemand weiß, dass wir einen eigenen Förster beschäftigen, der genau darauf achtet, dass Bäume und Wälder fachgerecht gepflegt werden. Dort, wo wir zum Beispiel durch Straßenbau eingreifen müssen, sorgen wir für Ersatz. Wir pflanzen einheimische Bäume, achten darauf, dass unsere Wälder gesunde Mischwälder sind. Das bedeutet, wir erwerben Flächen, die Jahrzehnte gesichert werden. Am Beispiel der S 37 kann man das gut sehen. Als Ausgleichsmaßnahmen legen wir ein 1,6 Hektar großes Biotop bei Hirt an, mit Amphibienteichen und einem Weiher. Und wir bepflanzen alle neuen Dämme und Parkplätze mit einheimischen Gehölzen. So schaffen wir neue Lebensräume, die zuvor nicht da waren und fördern die Biodiversität.