Industrie erwartet herausforderndes Jahr 2023
Die Energiekrise erschwert die Bedingungen für viele Betriebe. Die Elektronikindustrie bewegt sich weiter im Aufwind. Zudem fordert die IV eine strukturelle Neuaufstellung der Standortentwicklung in Kärnten. „So erfreulich es für die Kärntner Industrie in den ersten drei Quartalen 2022 noch gelaufen ist, vor allem die steigenden Energiepreise dämpfen die Erwartungen für 2023“, so IV-Kärnten-Präsident Timo Springer zu den Ergebnissen der aktuellen Konjunkturumfrage.
Energiekrise in vollem Gang
Viele Lieferverträge für Energie seien schon ausgelaufen bzw. würden in den nächsten Wochen auslaufen. Neuverträge brächten durchwegs schlechtere Konditionen und Unsicherheiten. „In den meisten Fällen können die Kostensteigerungen nicht zur Gänze über höhere Verkaufspreise an die Kunden weitergegeben werden“, betont Springer. Die stark exportorientierte Kärntner Industrie müsse sich an den Weltmarktpreisen orientieren. Als Manager bewege man sich auf einem schmalen Grat zwischen Pest und Cholera, also zwischen dem Verlust wichtiger Kunden und drohenden Verlustgeschäften. Das gelte umso mehr für energieintensive Betriebe. Der IV-Kärnten-Präsident begrüßt daher auch die Unterstützung des Bundes. Inklusive Energiekostenzuschuss II gebe die österreichische Bundesregierung sieben Prozent des BIP für stabilisierende Maßnahmen aus, habe IV-Chefökonom Christian Helmenstein beim Neujahrsauftakt der IV Kärnten vorgerechnet. Damit liege man gemeinsam mit Deutschland unter den besten in Europa. Das Jahr 2023 werde dennoch sehr hart für die Kärntner Industrie werden. Für 2024 habe IV-Chefökonom Christian Helmenstein allerdings schon einige positive Signale: das reiche von der Abnahme der Anspannung bei den Lieferketten bis zum Sinken der Logistikkosten im Überseehandel.
Betriebe wollen ihre Mitarbeiter halten
IV-Kärnten-Geschäftsführerin Claudia Mischensky zu den Ergebnissen: „Der Saldo zwischen positiven und negativen Beurteilungen zeigt gegenüber der letzten Konjunkturumfrage bei fast allen Indikatoren nach unten. Einzige Ausnahme: die Verkaufspreise.“ Die Verkaufspreise seien aber auch nur deshalb gestiegen, weil wenigstens ein Teil der Kostensteigerungen durch Energie und Lücken in den Lieferketten in höhere Preise Eingang gefunden habe. Die Auftragslage werde zwar noch von fast der Hälfte der Unternehmen als positiv beurteilt, allerdings auch schon von fast einem Viertel als negativ. Ein wenig besser sehe es bei den Auslandsaufträgen aus. Bei der Einschätzung der Produktionsentwicklung dominiert der Durchschnitt. Ein Viertel sieht schon sinkende Tendenz. Hier seien aber auch Saisoneffekte etwa in der Holz- oder Bau(stoff)industrie einzuberechnen. Trotz angespannter wirtschaftlicher Situation geben nach wie vor über drei Viertel der Betriebe an, ihre Mitarbeiter halten zu wollen. Die in Kärnten an allen Ecken und Enden fehlenden wertvollen Fachkräfte wolle man jedenfalls halten.
Ertragslage wird sich schlechter
Die weiter große Verunsicherung der Unternehmen könne man anhand der Antworten bei den Indikatoren Ertrags- und Geschäftslage ablesen, so Mischensky. Beurteilen aktuell noch genau die Hälfte der Unternehmen die Ertragslage als gut, sind es in der Vorschau auf das nächste Halbjahr nur noch zwei Prozent (!). Ebenso die Situation bei der Geschäftslage: derzeit sind noch 65 Prozent der Betriebe positiv, in sechs Monaten nur noch zwei Prozent. Zugpferd der Konjunkturentwicklung sei weiterhin die Elektronik-Branche, die etwas problematischere Entwicklungen in anderen Branchen überdecke. Letzteres betreffe etwa Kärntens beschäftigungsstärkste Branche, die metalltechnische Industrie, wo sich die Positiv- und Negativmeldungen in Sachen Geschäftslage fast die Waage halten: 42 Prozent vergeben ein „Gut“, aber 38 Prozent „Schlecht“. Bei der Ertragssituation verschiebt es sich deutlich ins Negative: 21 Prozent „gut“, 45 Prozent „schlecht“. Auch bei der in Kärnten häufig energieintensiven chemischen Industrie haben sich die Aussichten laut Mischensky deutlich eingetrübt.
Erneuerbaren Ausbau vorantreiben
Springer appelliert an die kommende neue Regierung in Kärnten, den Ausbau der Erneuerbaren Energie voranzutreiben. Gerade nach der Novelle des Gesetzes der Umweltverträglichkeitsprüfung des Bundes gelte es, auch in den Ländern die Verfahren zu beschleunigen. Da sei vor allem im Bereich der Flächenwidmungen noch viel zu tun, um Verfahren bei Photovoltaik auf der Freifläche und Windkraft zu beschleunigen bzw. überhaupt erst zu ermöglichen. Es brauche dringend ein Update für den Kärntner Energiemasterplan, um im Lichte neuer Technologien auch die Möglichkeiten für bisher noch wenig berücksichtigte Energieformen wie Biogas, Wasserstoff oder Geothermie neu zu bestimmen.
Standortmarketing ist gefordert
Kärntens zentrales Problem sei aber die ungünstige demografische Entwicklung, die schon bis 2030 zu einer deutlich sinkenden Zahl von Erwerbstätigen führen werde, so Springer. Es gelte daher, bei Bildung und qualifizierter Zuwanderung entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Im ersten Fall gelte es, einen attraktiven zentralen Bildungs-Campus mit Sogwirkung zu erzeugen, andererseits das bestehende Potenzial an jungen Menschen möglichst früh und nahe an die wertschöpfungsträchtigen Branchen der Industrie und Technologie heranzuführen. Im zweiten Fall seien Wirtschaftsentwicklung und Standortmarketing gefordert. Von der nächsten Landesregierung fordert Springer, dass die wesentlichen Agenden des Standortmarketing und der Wirtschaftsentwicklung endlich in einer Hand zusammengefasst werden. Die Landesgesellschaften darunter (KWF, BABEG, Standortmarketing, Kärnten Werbung) sollten in einer Matrixorganisation eng zusammenarbeiten. Die Steiermark und Oberösterreich hätten diese Effizienzsteigerung in der Struktur längst vorexerziert, in Kärnten gebe es noch zu viele Doppelgleisigkeiten.
An der Konjunkturumfrage haben im Zeitraum zwischen 09.12.2022 bis 12.01.2023, 63 Firmen mit 20.312 Beschäftigten teilgenommen, Die Antworten sind nach Beschäftigten gewichtet.