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Wirtschaft
28.07.2025

IV Kärnten warnt vor schlei­chender De­industriali­sierung

Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der IV Kärnten deuten auf stagnierende Zahlen und den Abbau von Mitarbeiter:innen hin.

Rund 59.000 Menschen arbeiten aktuell in Kärntner Industriebetrieben. Zählt man die indirekten Beschäftigten aus an die Industrie geknüpften Dienstleistungen dazu, so sind es rund 100.000 Arbeitsplätze, die mit dem Industriesektor verbunden sind. In der kürzlich veröffentlichten Konjunkturumfrage für das zweite Quartal 2025 zeichnet die Industriellenvereinigung (IV) Kärnten jedoch ein düsteres Bild: Rund 14 Prozent der 60 befragten Unternehmen stufen die aktuelle Geschäftslage als schlecht ein, bei der Ertragssituation sind es sogar 23 Prozent. Und auch die Prognose für das nächste halbe Jahr geht in eine ähnliche Richtung. Anstatt eines Aufschwungs nach der vorigen, deutlich rezessiven Phase diagnostiziert die IV Kärnten eine weitgehende Stagnation.

„Die Einschätzung in Bezug auf den Beschäftigtenstand hat sich gegenüber dem 1. Quartal wieder verschlechtert.“

Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten

„Die Einschätzung in Bezug auf den Beschäftigtenstand hat sich gegenüber dem 1. Quartal wieder verschlechtert. Im Jänner 2025 war noch mehr als die Hälfte aller Industriebetriebe in Kärnten davon ausgegangen, Mitarbeiter:innen abbauen zu müssen, im April 2025 waren es ‚nur noch‘ 14 Prozent. Jetzt allerdings denken wieder 38 Prozent der Kärntner Industriebetriebe darüber nach, in den kommenden drei Monaten die Zahl der Beschäftigten reduzieren zu müssen“, so Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten.

Globale Krisen als Einflussfaktor

Einen Grund für die herausfordernde Wirtschaftslage sieht die IV in den globalen Krisen und Konflikten. „Die Welt befindet sich in einem Zustand dauerhafter Instabilität. Kriegerische Auseinandersetzungen, geopolitische Spannungen und wirtschaftspolitische Unsicherheiten prägen das globale Umfeld. Jeder siebente Mensch lebt mittlerweile in einem Konfliktgebiet, und das bedeutet eine dramatische Zunahme der globalen Unruhe, die auch an Österreich nicht spurlos vorbeigeht“, erklärt Mischensky. Als Weltmarkt sei der Markt der Industrie von Unruhen und Unsicherheiten direkt betroffen – auch wenn sich Ereignisse in großer Entfernung abspielen, wirken sie über Kund:innen, Zuliefer:innen oder Rohstoffe bis in die Kärntner Industrie hinein.

„Die Industrieproduktion fällt und mit ihr auch Beschäftigung, Investitionen und Innovationskraft.“

Timo Springer, Präsident der IV Kärnten

Durch eine steigende Zahl an Tigerstaaten würde der Industriestandort Österreich zusätzlich ins Hintertreffen geraten, so Timo Springer, Präsident der IV Kärnten: „Die Industrieproduktion fällt und mit ihr auch Beschäftigung, Investitionen und Innovationskraft. Im IMD World Competitiveness Ranking sind wir 2025 auf den 26. Platz abgerutscht, 2020 war es zumindest noch Platz 16, 2007 Platz 11.“

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Strukturelle Schwächen am Standort

Am Industriestandort Österreich kritisiert die IV vor allem hohe Lohnstück- und Energiekosten, Bürokratie und Überregulierung sowie den gravierenden Fachkräftemangel. „Österreich weist im OECD-Vergleich die höchsten kaufkraftbereinigten Arbeitskosten für Durchschnittsverdiener auf und gehört laut Eurostat zu den Top-5 jener Länder, die mit ihren Arbeitskosten weit über dem EU-Durchschnitt liegen“, kritisiert Springer. Auch bei den Energiekosten schneide Österreich im EU-Vergleich schlecht ab. Die IV plädiert hier vor allem für den Ausbau der Energie- und Netzinfrastruktur, insbesondere der 380-kV-Leitung, die sich aktuell in Planung befindet. In Bezug auf den Fachkräftemangel bedürfe es besonderer Maßnahmen im Bereich der MINT-Fächer.

„Wenn Produktion aufgrund von Lohnkosten, Energiepreisen oder regulatorischem Aufwand nicht mehr konkurrenzfähig ist, wird sie ins Ausland verlagert, oft widerwillig, aber aus unternehmerischer Notwendigkeit.“

Timo Springer, Präsident der IV Kärnten

„Trotz aller Widrigkeiten wollen viele Industriebetriebe weiterhin am Standort Österreich investieren, wachsen und ausbilden. Doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen es zunehmend unmöglich. Wenn Produktion aufgrund von Lohnkosten, Energiepreisen oder regulatorischem Aufwand nicht mehr konkurrenzfähig ist, wird sie ins Ausland verlagert, oft widerwillig, aber aus unternehmerischer Notwendigkeit“, so Springer. Die Folge sei ein Rückgang an Arbeitsplätzen und eine geringere Wertschöpfung.

Forderungen der IV

„In unserem aktuellen Strategiepapier haben wir aufgezeigt, was es am Standort Kärnten braucht, damit unsere Industrie erfolgreich arbeiten kann. Nämlich gezielte Reformen und Investitionen in mehreren Schlüsselbereichen“, so Mischensky. Neben einer Modernisierung des Bildungssystems mit einem klaren Fokus auf MINT-Kompetenzen sei vor allem eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Hochschulen nötig, um Innovation und Technologietransfer zu fördern. Zudem fordert die IV den Abbau bürokratischer Hürden und die Einrichtung eines zentralen One-Stop-Shops für Innovationsförderung, um Verfahren zu vereinfacht und zu beschleunigen, verbunden mit einem umfassenden „Innovations-Masterplan Kärnten“. Die Forderungen seien alles andere als neu, so Mischensky und Springer unisono – nun liege es an der Politik, konkrete Maßnahmen zu setzen.

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