Herta Stockbauer
„Jedes Problem hat noch eine Lösung gefunden“
Im Interview mit advantage spricht die Nachhaltigkeitspionierin über Meilensteine, Herausforderungen und den Umgang mit Krisen.
advantage: In den letzten 20 Jahren haben Sie mit der BKS Bank eine Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit eingenommen. Wie hat dieser Weg begonnen?
Herta Stockbauer: Es war ganz zu Beginn meiner Vorstandstätigkeit. Ich erinnere mich noch gut daran. Die Nachhaltigkeitsdiskussion war damals sehr stark ethikgetrieben. Und für viele stellte sich die Frage: Was hat Ethik mit Unternehmertum zu tun und wie bringt man das zusammen? Heute bin ich schon ein bisschen stolz darauf, dass ich diesen Trend so früh erkannt habe. Wobei es nicht meine Motivation war, andere davon zu überzeugen. Es ist mir schon immer sehr um die Entwicklung der BKS Bank gegangen – ein Alleinstellungsmerkmal zu finden im Wettbewerb. Wir wurden mehrfach als nachhaltigste Bank Österreichs ausgezeichnet und haben zahlreiche Preise für unser Engagement erhalten. Das zeigt wirklich, dass diese Positionierung gelungen ist. Ganz abgesehen davon, dass mich das Thema persönlich interessiert hat. Das kommt ja immer mit dazu. Das muss sich mit der Interessenslage decken – persönlich und für das Unternehmen. Nachhaltigkeit ist ein Prozess. Es braucht immer dieses Commitment – im Vorstand, bei allen Führungskr.ften und bei allen Mitarbeiter:innen. Nachhaltigkeit in einem Unternehmen zu verankern ist wirklich harte Arbeit und braucht meiner Erfahrung nach mindestens fünf Jahre.
Was waren neben der Positionierung des Themas Nachhaltigkeit weitere wichtige Meilensteine?
Für die BKS Bank am prägendsten, was Wachstum und Profitabilität anbelangt, war sicherlich die Internationalisierung. Diese hat noch in meiner Zeit als Abteilungsleiterin gestartet. Ich bin 1998 das erste Mal über den Loiblpass gefahren, um ein Unternehmen zu kaufen. Das ist heute unsere BKS Leasing d.o.o. in Slowenien. 2002 ist dann eine Leasinggesellschaft in Kroatien hinzugekommen. 2004 konnten wir die Eröffnung der ersten EU-Bankfiliale in Slowenien feiern. Heute sind wir in Slowenien, Kroatien, Slowakei, Serbien und Italien vertreten. Ohne diese Märkte hätten wir dieses Wachstum nicht erreichen können. Wir haben mit den Jahren das Ergebnis verzehnfacht, die Bilanzsumme ist glaube ich dreimal so groß wie wir damals gestartet haben. Ein weiterer großartiger Meilenstein, der über die letzten Jahre hinweg umgesetzt wurde und wird, ist die Digitalisierung. Heute sind wir im Privatkundengeschäft vollkommen digital. Beim Firmenkundengeschäft sind wir noch nicht ganz so weit. Der nächste Schritt – und da sind wir mitten drin – ist, dass wir sehr stark auch datengetriebene Produktangebote für die Kunden generieren. Es ist vieles schon gelungen, aber da kommt einfach noch sehr viel, auch über die KI. Die Entwicklung ist bei weitem noch nicht abgeschlossen.
Was waren die größten Herausforderungen in Ihrer Zeit als Vorstandsvorsitzende?
Ab 2008 sind wir quasi von einer Krise zur anderen getappt. Die Finanzkrise war mit Abstand die größte Herausforderung. Also da ohne Staatshilfe durchzukommen, das war keine Selbstverständlichkeit. Dann natürlich die Pandemie. Und dazwischen die Eurokrise, Staatsschuldenkrise, Negativzinsen und nun der Ukrainekrieg – die ganze Bandbreite. Unsere Auseinandersetzungen mit der Uni Credit Bank Austria in den letzten fünf Jahren, ganz ehrlich, die haben mich auch viel Kraft gekostet. Ich habe immer gewusst, ich habe mir überhaupt nichts vorzuwerfen. Mit diesem Bewusstsein wird man auch stark. Heute sind die Dinge alle rechtlich entschieden, alles in unserem Sinne bis ins letzte Detail. In Wahrheit ist es heute klarer als in der Vergangenheit und wir sind unabhängiger denn je von der Bank Austria.
Welche Botschaft haben Sie für Führungskräfte?
Ganz besonders den Frauen möchte ich Mut mitgeben. Sie haben es nach wie vor nicht leicht, aber ich glaube, die Voraussetzungen sind besser denn je. Und ich denke, das Thema Selbstführung und diese intrinsische Motivation, selbst etwas voranbringen zu wollen und nicht zu warten, bis von außen ein Impuls kommt – das ist das, was Führungskräfte vor allem brauchen. Und auch was Frauen vor allem brauchen.
Welche Tendenzen beobachten Sie am Arbeitsmarkt?
Die demografische Veränderung hat dazu geführt, dass Arbeitskräfte knapp geworden sind. Viele, die heute neu ins Arbeitsleben kommen, wissen oft gar nicht, was es bedeutet keine Arbeit zu haben. Sie kennen das Gefühl nicht. Sie werden so nachgefragt, dass dieser Wunsch „Den Job würde ich jetzt wirklich gern bekommen und jetzt knie ich mich hinein“ abhandengekommen ist. Deswegen fehlt das Bewusstsein für die Bedeutung von Arbeit als Teil eines erfüllten Lebens, vor allem bei den Jüngeren. Zudem wird auch politisch immer wieder suggeriert, dass Arbeit Ausbeutung sei, dass man sich irgendwie wehren müsse gegen die schlimmen Unternehmer, die viel Gewinn machen und die Arbeitnehmer bekommen nichts davon. Und das stimmt so einfach nicht. Hut ab vor jedem, der es sich heute antut, Unternehmer zu werden in dieser schwierigen Zeit. Der Stellenwert des Unternehmertums hat in Wahrheit auch gelitten in den letzten Jahren. Das ist total schade.
Was geben Sie gerade den Jungunternehmer:innen mit?
Respekt und Bewunderung für den Mut, dass sie das tun. Ich glaube, man muss als junger Unternehmer auch wissen, dass es wahnsinnig schön sein kann, dass man viele Erfolgserlebnisse hat. Erfolge, die man sich wirklich selber zuschreiben kann. Gleichzeitig muss man aber auch wissen, dass es in jedem Unternehmen auch Krisen gibt. Mit diesem Bewusstsein muss man es anlegen, Unternehmer und Führungskraft zu sein.
Ihr Tipp für den Umgang in Krisen?
Man darf die Augen nicht zumachen, muss ganz genau hinschauen und darf aber die Nerven nicht wegwerfen. Man muss wirklich wissen: Jedes Problem hat noch eine Lösung gefunden. Üblicherweise braucht man in Krisen Verbündete, man braucht Netzwerke, ein gutes Team. Man darf nichts auf die lange Bank schieben, frei und sehr offen kommunizieren.
Stichwort Betriebsnachfolge: Welche Rolle spielen die Banken?
Unternehmensnachfolge geht nicht in drei Monaten. Das muss man – wie bei der Nachhaltigkeit – über Jahre gut vorbereiten. Wir Banken sind wichtige Netzwerkpartner in diesem Zusammenhang, weil wir den Überblick haben über die Unternehmenslandschaft in einer Region und darüber hinaus. Das Thema gehört irgendwie zu unserem Selbstverständnis und unserem Angebot dazu für die Firmenkunden.
Welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Zunächst einmal muss ich wirklich loslassen, das ist glaube ich mein wichtigstes Thema im Moment. Dann freue ich mich schon ein bisschen auf weniger Fremdbestimmtheit. Ich werde aber weiterhin sehr aktiv sein, bleibe auch sehr wirtschaftsverbunden, das werde ich immer sein. Ich habe noch sehr schöne Aufsichtsratsmandate. Diese werde ich mit viel Hingabe weiterhin ausüben.
WISSENSWERT
Bereits im Jahr 1992 begann die Karriere von Herta Stockbauer bei der BKS Bank. 2004 wurde sie Mitglied des Vorstandes und im Jahr 2014 zu dessen Vorsitzender ernannt. Neben Nikolaus Juhász als CEO besteht der Vorstand der BKS Bank ab 1. Juli 2024 aus Claudia Höller, Dietmar Böckmann und Alexander Novak.
Im Rahmen einer Farewell Gala wurde das vorbildliche, berufliche Wirken von Herta Stockbauer im Juni von Wegbegleiter:innen und Vertreter:innen aus Wirtschaft und Politik gewürdigt.