© Petra Plimon
Die Innovations-Dynamik stärken
Im Interview mit advantage spricht Obmann-Stellvertreter Horst Jöbstl über die Zukunftschancen durch die Koralmbahn aus Sicht des Vereins Lavanttaler Wirtschaft. Der Geschäftsführer des Traditionsbetriebes Schwing in St. Stefan im Lavanttal über die Bedeutung von Fachkräfteaustausch, Wissenstransfer und die Förderung von Start-ups.
advantage: Der VLW wurde vor knapp 25 Jahren ins Leben gerufen. Welche Ziele verfolgt der Verein?
Horst Jöbstl: Damals war das Lavanttal – quasi eingepfercht zwischen Koralpe und Saualpe und abseits der Ballungszentren – eine relativ strukturschwache Region mit wenigen Industriefeldern. Zudem fand ein Wandel statt, weg von der „verlängerten“ Werkbank hin zur Industriefertigung. Und da war die Region nicht besonders gut aufgestellt. Man hat auch keine Aktivitäten gespürt, weder von der Politik, noch von sonst jemandem. Um die Dynamik des Tales voranzutreiben, sind wir deshalb als Unternehmer selbst aktiv geworden und haben den VLW gegründet. Heute sind wir rund 120 Mitglieder mit mehr als 8.000 Beschäftigten. Mithilfe dieses Netzwerkes, das langsam gewachsen ist, ist es gelungen das Lavanttal so zu diversifizieren, wie es heute dasteht. Wir haben inzwischen das höchste Brutto-Medianeinkommen in Kärnten und eine Firmen- und Branchenpalette von Reichenfels bis Lavamünd, die in dieser Vielfalt bezogen auf die Region – das Lavanttal hat knapp 53.000 Einwohner– kaum wo gegeben ist: von der Holzindustrie, Stahl- und Maschinenbau über Pharma-, Chemie- und Papierindustrie bis hin zur Land- und Forstwirtschaft.
Das Jahrhundertprojekt Koralmbahn ist auf Schiene. Welche Weichen müssen jetzt noch gestellt werden?
Eine verbesserte, infrastrukturelle Anbindung – wie vor Jahrzehnten auch durch den Ausbau der Südautobahn –- ist immer ein enormer Impulsgeber. Aber natürlich hilft auch die beste Infrastruktur nichts, wenn die entsprechende Dynamik fehlt. Es liegt jetzt an uns und auch an der Politik, das bestmöglich zu nutzen, damit die einzelnen Regionen des Wirtschaftsraums Südösterreich langfristig zu einer Einheit werden. Für eine nachhaltige Entwicklung ist ein interkommunaler Zusammenschluss aller Lavanttaler Gemeinden – natürlich mit Unterstützung des Landes – notwendig. Wir müssen alle an einem Strang ziehen. Der gegenseitige Wettbewerb untereinander, den darf es nicht (mehr) geben.
Welche Potenziale tun sich mit der neuen Südbahn auf?
Ein wesentlicher Faktor ist der Fachkräfteaustausch. Mit der Lehrlingsakademie (TAK) und innerbetrieblichen Maßnahmen werden im Lavanttal bereits wichtige Impulse gesetzt, um das Image der Lehre anzuheben. Die Betriebe sind eng in Kontakt mit den Schulen des Tales, um den Jugendlichen frühzeitig den Zugang zur Praxis zu ermöglichen. Wir haben eine gute Ausgangsbasis und eine hohe Quote, was Lehrlinge und Facharbeiter betrifft, aber es braucht mehr. Damit unsere Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben, müssen wir uns weiterentwickeln und unsere Innovationsdynamik stärken. Ein wichtiger Hebel ist die Vernetzung mit Forschung und Entwicklung. Durch die Koralmbahn wird aufgrund der Zeitreduktion ein wesentlich rascherer Austausch mit den wissenschaftlichen Stätten in Graz aber auch in Klagenfurt und Villach möglich sein. Umgekehrt könnte für jene Menschen, die in den Ballungszentren leben, das Lavanttal als Arbeitsplatz an Attraktivität gewinnen, weil bei uns viele „Hidden Champions“ aus Industrie und Wirtschaft ansässig sind. Das Standortmarketing wird künftig eine wichtige Rolle spielen, auch um das weitere Abdriften von jungen Talenten in die Ballungsräume zu vermeiden.
Stichwort Innovationsdynamik: Werden bereits konkrete Maßnahmen gesetzt?
Innovation ist der Schlüssel für zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Wir sind gerade dabei das Comet-Projekt „GAM“ (Grüne Additive Fertigung) gemeinsam mit der Fachhochschule Kärnten und der BABEG ins Lavanttal zu bekommen, um hier ein Forschungszentrum aufzubauen. Die 3D-Druck-Technologie soll unsere Unternehmen bei der Entwicklung und Produktion von innovativen und smarten Produkten unterstützen. Die großen Vorteile des 3D-Drucks liegen in der Unabhängigkeit von Lieferketten und einem geringeren CO2-Ausstoß bei der Anwendung.
Welche Rolle nehmen Start-ups in punkto Innovationen für Sie ein?
Ich bin überzeugt, dass Start-ups in punkto Innovationsdynamik einen Vorteil gegenüber „eingesessenen“, großen Unternehmungen haben, weil sie einen scheuklappenfreieren Zugang haben, hierarchisch frei sind und „neu“ denken. Bei der Firma PMS in St. Stefan gibt es deshalb eine Gründer-Garage und eine Innovationswerkstatt speziell für Start-ups. Ziel ist es durch die Kooperation mit Lavanttaler Unternehmen innovative Ideen künftig gemeinsam auf den Markt zu bringen, sodass die Wertschöpfung im Tal sichergestellt ist.