Reinhold Janesch, Bezirksstellenleiter WK Völkermarkt
© F. Mori
Im Interview mit advantage sprechen Karl Eisner (Kommunalgesellschaft Völkermarkt), Peter Plaimer (Verein Regionalentwicklung Südkärnten) sowie Rudolf Bredschneider (Bezirksstellenobmann Wirtschaftskammer) und Reinhold Janesch (Bezirksstellenleiter Wirtschaftskammer) über aktuelle Herausforderungen und zukünftige Chancen durch die Koralmbahn.
advantage: Welche Chancen sehen Sie für den Bezirk Völkermarkt durch die Koralmbahn?
Bredschneider: Wir haben seit Jahrzehnten dieses Denken in politischen Bezirken, diese Abgrenzung Wolfsberg, Völkermarkt, Klagenfurt bis nach Slowenien hinunter. Über das Thema Koralmbahn kommt eine neue Qualität der Vernetzung zum Tragen: Die Zusammenarbeit mit Wolfsberg und Deutschlandsberg, das ist auf einem anderen Niveau jetzt.
Janesch: Im gesamten Wirtschaftsraum wird die Region an Bedeutung und an Standortqualität gewinnen. Auch für den Tourismus tun sich immense Chancen auf. Immerhin kommen 70 Prozent unserer österreichischen Gäste aus dem Raum Wien, Niederösterreich und der Steiermark.
Reinhold Janesch, Bezirksstellenleiter WK Völkermarkt
© F. Mori
Eisner: Die Koralmbahn ist für die Region die größte Chance sowohl im wirtschaftlichen als auch im gesellschaftlichen Bereich wieder aufzuholen. Es geht darum neue Arbeitsplätze zu schaffen und das verbunden mit einer ökologischen Frachtlogistik und mit einem ökologischen Pendlerverkehr. Das sind die zwei wesentlichen Standortvorteile für Betriebsansiedelungen in Kühnsdorf. Die Chancen muss man einfach nützen.
Plaimer: Und wir haben viele Jahre lang um das Verständnis gekämpft, dass man über diesen Wirtschaftsstrang jegliche Möglichkeit der Güterverladung erhält. Die Entwicklung rund um den Interkommunalen Gewerbepark (IGP) sehe ich zudem äußerst positiv und wird die Wirtschaftsregion aufwerten.
Welche Pläne gibt es hinsichtlich des Verladebahnhofs Kühnsdorf?
Eisner: Formal erfolgt die Übergabe an das Land Kärnten zu Jahresende, vertraglich ist bereits alles abgeschlossen. Mit der Entscheidung den Güterbahnhof Kühnsdorf zu erhalten, bieten sich neue Chancen. Die weiteren Anschlussbahnen in der Region haben auch zukünftig einen Güterbahnhof, wo größere Züge vorbereitet werden können und etwa für die Logistikzentren in Graz und Fürnitz Zulieferfunktion übernehmen könnten. Vielleicht werden wir nicht DAS große Logistikzentrum, dafür ist die Region wahrscheinlich zu klein. Aber wir haben mit dem IGP direkt daneben die Möglichkeit eine Gleisanbindung anzubieten. Denn zwischen der neuen Koralmbahn und dem Güterbahnhof gibt es eine Fläche von 25 Hektar, die für Betriebsansiedelungen zur Verfügung steht und über einen unmittelbaren Bahnanschluss an den Güterverkehr sowie auf der anderen Seite direkt über eine Haltestelle der Koralmbahn verfügt. Wir haben hier eine Widmung auf Industriegebiet, das ist kärntenweit einzigartig.
Karl Eisner, Logistikcenter IGP Jauntal
© S. Furgler
Der neue Bahnhof Kühnsdorf-St. Kanzian soll künftig als Mobilitätsdrehscheibe fungieren. Was ist hier konkret angedacht?
Plaimer: Ein Projekt, das heuer zur Umsetzung kommt, ist die Errichtung der Mobilitätszentrale, wo die Region aus eigener Kraft heraus eine Infrastruktur schafft. Die Menschen, die den öffentlichen Verkehr in Anspruch nehmen, werden dort serviciert. Angedacht ist auch eine Autovermietung, ein Radverleih, der Ticketverkauf sowie Carsharing. Und der öffentliche Busverkehr hat dort sozusagen seinen Knoten.
Welche Weichen müssten noch gestellt werden?
Janesch: Für das Halten von nationalen Schnellzügen, wie etwa dem Intercity, fehlen in Kühnsdorf aktuell 60 Meter Bahnsteig. Wenn wir diesen Halt nicht bekommen, dann muss der Gast künftig einmal umsteigen, entweder in Klagenfurt oder in St. Paul.
Plaimer: Eine Verlängerung des bestehenden Bahnsteiges wäre notwendig. Diese ist sowohl technisch als auch rechtlich möglich. Auch kostenmäßig ist das fast zu vernachlässigen. Wir sehen Chancen und hoffen, dass dieser Halt kommt. Derzeit werden die Möglichkeiten auch seitens des Landes geprüft.
Peter Plaimer, Verein Regionalentwicklung Südkärnten
© Privat
Eisner: Eine weitere wichtige Weichenstellung ist der öffentliche Nahverkehr, der auch ganzheitlich gedacht werden muss, Öffentlicher Nahverkehr und Erreichung touristischer Ziele müssen gemeinsam geplant werden. Auch hier muss die ganze Region weiterdenken.
Plaimer: Es gibt aber noch ein paar Hausaufgaben, die wir in der Region in der Fläche noch zu bewerkstelligen haben. Um qualifizierte Arbeitskräfte in die Region zu bringen, braucht es mehr: Das beginnt bei der Kinderbetreuung sowie interessanten Ausbildungsplätzen. Wir sollten uns auch über das kulturelle Angebot bewusst sein und müssen uns zudem um den nahen Wirtschaftsstandort Slowenien bemühen.
Eisner: Barrieren und Scheuklappen bei den Sicht- und Denkweisen müssen verschwinden, die gesamte Region muss von allen Entscheidungsträgern als „Gemeinsamkeit“ gesehen werden, dann würden wir uns bei Entscheidungen für die Zukunft wesentlich leichter tun.
Bredschneider: Wir sehen die Koralmbahn wirklich als Jahrhundertchance für die Region. Es wird schneller gehen, als wir uns das vorstellen können. Es ist ein großer Impuls, den müssen wir nutzen. Wir glauben daran und das ist berechtigt.
Rudolf Bredschneider, Bezirksstellenobmann WK Völkermarkt
© WK Kärnten