Kärntens Kommunen in finanzieller Notlage
Bereits seit dem Vorjahr warnten Gemeindebund und Städtebund vor dem prekären Situation bei den Gemeindefinanzen. Tatsächlich werden die meisten Kärntner Gemeinden 2023 negativ abschließen. Außerdem zeigte eine Erhebung, dass für 2024 keine einzige Gemeinde ein ausgeglichenes Budget vorlegen kann. Das Land Kärnten reagierte daher rasch auf die Forderung von Gemeinde- sowie Städtebund nach einem Krisengipfel und kündigt ab 20. November intensive Gespräche darüber an, wie man den künftigen Herausforderungen entgegenwirken kann.
Hohe Steigerung bei Ausgaben
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Und obwohl Kärntens Kommunen österreichweit die geringste Pro-Kopf-Verschuldung und niedrige Personalstände vorweisen können, sehen die derzeitigen und mittelfristigen Budgets alles andere als rosig aus. Geringe Anstiege der Einnahmen durch ein bescheidenes Ergebnis beim Finanzausgleich, die Fortschreibung von Defiziten und vor allem die massiven Anstiege bei Transferzahlungen an das Land seien die Ursache. Besonders betroffen sind die Bereiche Soziales, Gesundheit, Bildung und öffentlicher Verkehr. Hier sind Steigerungen von bis zu 41 Prozent und mehr zu verzeichnen. „Rechnet man die Rahmenbedingungen hoch, ergibt sich ein Budgetloch von 160 Millionen Euro. Und das ist konservativ berechnet“, sagen Städtebundobmann Günther Albel und Gemeindebundpräsident Günther Vallant.
Landeshauptmann Peter Kaiser versteht die Sorgen der Gemeinden und betont, dass sich der Druck durch Inflation und Teuerung immer stärker auf die Gebarungen auswirke. Der vom Bund aufgestellte Zukunftsfonds werde daher prioritär für die Abdeckung des laufenden Betriebes bei Ländern, Städten und Gemeinden zu verwenden sein. Sonst würden sie wesentlichen Aufgaben nicht mehr nachkommen können. Umso wichtiger sei es, gemeinsame, aufeinander abgestimmte Schritte zu setzen.
Kein Geld für Investitionen
Abel und Vallant warnen weiter, dass die Folgen für Gemeinden und ihre Bürger:innen dramatisch wären, denn ohne zusätzliche Finanzmittel gingen den Gemeinden, je nach Ertragslage, Mitte des Jahres bzw. im Herbst 2024 die liquiden Mittel zur Deckung der laufenden Ausgaben aus. Dabei sind geplante Investitionen noch gar nicht eingerechnet. Gleichzeitig stünden derzeit wichtige Themen an, denen man nicht in der Form nachkommen könne: Investitionen in Kinderbetreuungsplätze, Energiewende und Öffi-Ausbau oder andere sinnvolle Projekte müssten auf das reduziert werden, wozu Gemeinden gesetzlich verpflichtet sind. Dies hätte katastrophale Auswirkungen auf Vereine, Kultur, Sport, auf das gesamte Gesellschaftsleben. Da Gemeinden die größten öffentlichen Investoren sind, würde dies darüber hinaus zu einem weiteren Rückgang im ohnehin schwächelnden Baubereich führen.
Mit ganz konkreten Forderungen gehen der Städtebund und Gemeindebund in den von ihnen geforderten „kommunalen Finanzkrisengipfel“. Vor allem geht es um Zahlungen in Bereichen, die außerhalb der Gestaltungsmöglichkeit der Gemeinden liegen, wie z.B. die Kosten für Krankenanstalten. Ebenfalls wird u.a. eine Senkung des Umlagenschlüssels in der Kinder- und Jugendhilfe, eine Reform der Zweitwohnsitzabgabe und die Schließung von Steuerschlupflöchern gefordert.
Einsparungen und Kooperationen
Der zuständige Gemeindelandesrat Daniel Fellner bestätigt, dass die von den Städten und Gemeinden beschriebene Dramatik nicht übertrieben sei. Bei einigen Gemeinden würden die Belastungen die Einnahmen durch Ertragsanteile übersteigen. „Wir werden das alleine nicht schaffen, sondern nur mit dem Bund“, machte er deutlich.
Trotzdem seien auch die Kommunen gefordert, Einsparungspotential und Optimierungsmöglichkeiten zu eruieren. Darüber hinaus möchte Fellner interkommunale Kooperationen steigern und verweist dabei auf die Erhöhung der entsprechenden Landesförderung. Doch auch das Land selbst wird um einen sparsamen Weg nicht herum kommen. „Auch beim Land, also im eigenen Stall, werden wir genau schauen, wo Einsparungen möglich sind“, so Fellner. Trotzdem ist davon auszugehen, dass die Bevölkerung in den nächsten Jahren die Auswirkungen durch die finanzielle Situation der Gebietskörperschaften spüren werde.
Wie wichtig es ist, auch über parteipolitische Grenzen hinweg, miteinander statt gegeneinander zu arbeiten, wurde auch im Rahmen der Landeshauptleute-Konferenz in Warmbad-Villach diskutiert. Der erstmals in dieser Form stattgefundene Meinungsaustausch mit dem Bundespräsidenten habe gezeigt, „dass sich alle politischen Kräfte gemeinsam bemühen müssen, um den Menschen Orientierung, Halt, Verlässlichkeit und Kontinuität zu geben“, wie Landeshauptmann Kaiser betont .
Verantwortung des Bundes
Besonders in die Pflicht nehmen wollen Städtebund und Gemeindebund den Bund. Seit dem 2. Halbjahr 2022 verzeichnet Österreich eine konjunkturelle Abkühlung und nach einer Stagnation im heurigen Jahr ist auch für 2024 nur ein minimales Wirtschaftswachstum zu erwarten. Die Inflation liegt in Österreich im Oktober 2023 weiterhin bei 5,4 Prozent und ist somit die höchste in Westeuropa. „Was wir gesehen haben: Der Bund ist sich in den laufenden Finanzausgleichsverhandlungen seiner Verantwortung nicht bewusst geworden. Er trägt daher die Verantwortung für die drastischen Verschlechterungen in allen Bereichen der Gesellschaft und muss gegensteuern“, sagen Albel und Vallant.
Auch Landeshauptmann Peter Kaiser sieht Veränderungsbedarf beim Finanzausgleich: „.Eine Änderung des vertikalen Verteilungsschlüssels beim Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist unumgänglich und muss nach der aktuellen Periode erfolgen. Bei den gerade abgeschlossenen Finanzausgleichsverhandlungen ist eine adäquate Mittelverteilung nur auf der Unterkante gelungen.“
Da es, wie LHStv. Martin Gruber ausführte, aber auch im Bundesbudget einen deutlichen Einnahmenrückgang gebe, müsse man herausarbeiten, wo Effizienzsteigerungen möglich seien und wo man Reformen auf den Weg schicken könne. Deshalb werde er sich, auch wenn der Finanzausgleich beschlossen und genehmigt sei, aktiv in Verhandlungen mit dem Bund einbringen.