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Wirtschaft
04.11.2024

„KI stellt die Grundlage für die nächste Revolution dar“

KSW-Präsidentin Kristin Grasser erklärt, wie Künstliche Intelligenz (KI) sich auf den Alltag von Steuer­berater:innen und Wirtschafts­prüfer:innen auswirkt.

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Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) hat teilweise schon und wird die Art und Weise, wie wir arbeiten, grundlegend verändern. Besonders Routineaufgaben wie die Erfassung, Analyse und Verarbeitung von Daten können bereits heute von KI-Systemen übernommen werden. Dies wird zu einer erheblichen Steigerung von Effizienz und Produktivität führen, da KI solche Aufgaben schneller und präziser ausführt. Dadurch entstehen neue Freiräume für komplexere und wertschöpfende Tätigkeiten. Mitarbeiter:innen können sich verstärkt auf strategische, ethische oder rechtliche Fragestellungen konzentrieren und dabei auf die Unterstützung von KI zurückgreifen.

advantage: Welche Chancen, aber auch Herausforderungen sehen Sie durch KI?

Kristin Grasser: Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels kommt die rasante Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) genau zur richtigen Zeit. Wie bereits erwähnt, können monotone Routineaufgaben, die einerseits bei Mitarbeitenden oft unbeliebt sind und andererseits viel Zeit in Anspruch nehmen, schon heute von KI übernommen werden. KI unterstützt zum Beispiel bei der automatischen Rechnungsverarbeitung, indem diese ohne menschliches Zutun direkt in ein System eingespeist werden, oder bei der Erkennung von Betrug durch die automatische Identifizierung auffälliger Transaktionen. Zukünftig wird KI Vorarbeiten wie die Bilanzierung, die Erstellung von Steuererklärungen oder die Lohnabrechnung übernehmen, während dem Menschen nur noch die Endkontrolle und die Bearbeitung von Spezialfällen bleibt.

„Angesichts des wachsenden Fachkräfte­mangels kommt die rasante Entwicklung im Bereich der Künst­lichen Intelligenz (KI) genau zur richtigen Zeit.“

Kristin Grasser, Präsidentin KSW Kärnten
Gibt es Beispiele, wo KI in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung bereits erfolgreich zur Anwendung kommt?

Ja, ein Beispiel für den Einsatz von KI in der Wirtschaftsprüfung oder Steuerberatung ist die Risikobewertung bestimmter Bereiche. KI-Systeme können basierend auf Unternehmensdaten eine Ersteinschätzung potenzieller Risiken, beispielsweise im Bereich der Compliance oder des internen Kontrollsystems, vornehmen. Diese Einschätzungen werden dann von Prüfer:innen im Detail analysiert. Ein weiteres Beispiel ist die teilweise automatisierte Berichterstellung. KI kann auf Basis analysierter Daten standardisierte Berichte erstellen, die vor der endgültigen Freigabe überprüft und angepasst werden. Dies spart Zeit und erhöht die Genauigkeit. Ein drittes Beispiel ist die Datenaufbereitung. Da Daten eine zentrale Rolle bei jeder Prüfung spielen, kann KI diese umfassend aggregieren, analysieren und auswerten, sodass sie Prüfer:innen bereits in aufbereiteter Form zur weiteren Analyse vorliegen. Dadurch können Prozesse durch den Einsatz von KI effizienter gestaltet werden.

Ich bin überzeugt, dass KI in unserem Alltag und damit auch in der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung eine bedeutende Rolle spielen wird. Dank ihrer Fähigkeit, gesprochene und geschriebene Sprache zu verstehen, wird KI schnell zu einem alltäglich genutzten Werkzeug werden. Nach der "maschinellen", "elektronischen" und "digitalen" Revolution, die durch die Einführung von Computern ausgelöst wurde, stellt KI die Grundlage für die nächste Revolution dar. Bisher hat die Menschheit von diesen Entwicklungen trotz gewisser Nachteile stets profitiert, und ich bin der Meinung, dass wir uns auch diesmal keine Sorgen machen müssen.

Welche Jobs werden in Zukunft eventuell überflüssig werden?

Der Bedarf an administrativen Tätigkeiten wird voraussichtlich deutlich abnehmen, jedoch werden in naher Zukunft nur wenige Aufgaben vollständig von KI übernommen. Vielmehr wird die Zusammenarbeit zwischen Menschen und KI-Systemen in immer mehr Bereichen zunehmen. Es ist daher entscheidend, Mitarbeitende im Umgang mit KI zu schulen, um diese Kooperation zu ermöglichen. Dadurch werden lästige, repetitive Aufgaben in vielen Berufen minimiert, was mehr Raum für Tätigkeiten schafft, die menschliches Urteilsvermögen, Fachwissen und zwischenmenschliche Fähigkeiten erfordern. Interessanterweise werden geistige Tätigkeiten durch KI schneller automatisiert als manuelle Arbeiten durch Maschinen, wodurch handwerkliche Berufe an Bedeutung gewinnen. Insgesamt wird es zu einer Verschiebung von Aufgaben in vielen Bereichen kommen, was die Tätigkeitsfelder vieler Berufe verändern wird.

Welche Kompetenzen sind gefragt, um zukunftsfit zu werden?

Um als Steuerberater:in zukunftsfit zu bleiben, sind verschiedene Kompetenzen erforderlich, die sich an den technologischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich der KI, orientieren. Diese umfassen:

  1. Technologische Kompetenz: Ein grundlegendes Verständnis von KI und deren Anwendungsmöglichkeiten ist entscheidend. Steuerberater:innen sollten sich mit den Grundlagen der Automatisierung, maschinellem Lernen und Datenanalyse vertraut machen, um zu wissen, wie diese Technologien genutzt werden können, um Routinetätigkeiten zu automatisieren und Daten effizienter zu verarbeiten.
  2. Datenkompetenz: Da KI-Systeme auf großen Datenmengen basieren, wird der Umgang mit Daten immer wichtiger. Dazu gehört das Verständnis von Datenerhebung, -auswertung und -interpretation. Steuerberater:innen sollten in der Lage sein, datengetriebene Entscheidungen zu treffen und Analysen durchzuführen, um ihre Mandant:innen bestmöglich zu beraten.

  3. Digitale Tools: Die Fähigkeit, mit neuen Technologien und digitalen Tools umzugehen, ist essenziell. Dies umfasst den Umgang mit KI-gestützten Buchhaltungs- und Steuererklärungssoftware, sowie die Nutzung von Cloud-Lösungen und anderen digitalen Plattformen zur Automatisierung von Prozessen.

  4. Cybersecurity und Datenschutz: Mit der zunehmenden Digitalisierung werden Datenschutz und Datensicherheit zentrale Themen. Ein tiefes Verständnis der gesetzlichen Vorgaben und Best Practices im Bereich Cybersecurity und Datenschutz ist unerlässlich, um Mandantendaten zu schützen und den rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden.

  5. Strategische und ethische Kompetenz: KI verändert nicht nur die Arbeitsprozesse, sondern bringt auch neue ethische Fragestellungen mit sich. Steuerberater:innen sollten in der Lage sein, die Auswirkungen von KI auf Unternehmen und Gesellschaft zu bewerten und strategische sowie ethische Entscheidungen zu treffen, die im Einklang mit den gesetzlichen und gesellschaftlichen Normen stehen.

  6. Kontinuierliche Weiterbildung: Da sich die Technologie rasant weiterentwickelt, ist lebenslanges Lernen ein Muss. Steuerberater:innen sollten sich regelmäßig weiterbilden, um neue Entwicklungen im Bereich KI und Automatisierung zu verstehen und zu implementieren.

  7. Zwischenmenschliche und beratende Fähigkeiten: Trotz des technologischen Fortschritts bleibt der menschliche Aspekt der Beratung von hoher Bedeutung. Empathie, Kommunikationsstärke und Verhandlungsgeschick sind weiterhin unerlässlich, um Mandant:innen bei komplexen Entscheidungen zu unterstützen und auf individuelle Bedürfnisse einzugehen.

Mit diesen Kompetenzen können Steuerberater:innen den technologischen Wandel nicht nur begleiten, sondern aktiv gestalten und dabei ihre Rolle als vertrauenswürdige Expert:innen in einer zunehmend digitalisierten Welt festigen.

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