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Umwelt
23.01.2025

Kleine Freiheit, große Wirkung

Sophie Petschnig eröffnete vor zwei Jahren einen Unverpackt­laden. Die „Kleine Freiheit“ ist ein Ort, an dem Nach­haltigkeit gelebt und geteilt wird und Treff­punkt für Menschen, die gemein­sam die Zukunft verändern wollen.

In der Auslage türmen sich mit Reis und Nudeln gefüllte Behälter. Auf dem Tisch reihen sich Gläser mit Schokolade, Gummibärchen und Knabbereien aneinander. In der „Kleinen Freiheit“ in der Klagenfurter Radetzkystrasse 1 gibt es alles, was man für das Leben braucht – nur etwas sucht man vergebens: in Plastik verpackte Waren, denn darauf wird hier zur Gänze verzichtet. Die „Kleine Freiheit“ besteht mittlerweile seit zwei Jahren und ist weit mehr als nur ein Laden.

Inhaberin Sophie Petschnig (ehemals Meierhofer) beschäftigt sich seit 15 Jahren mit nachhaltigen Entwicklungsprojekten. Für ein Schweizer Start-up im Bereich erneuerbare Energien war die Juristin häufig in Afrika (Kamerun, Zambia, Togo etc.) tätig. Sie arbeitete dort unter anderem mit Rohstoffproduzenten wie Kakao-, Baumwoll- und Kaffeebauern, und dabei wurde ihr eindringlich vor Augen geführt, welche Auswirkungen westliches Verhalten auf die restliche Welt hat. „Die Rohstoffpreise werden täglich neu berechnet. Unser Handeln in Österreich hat direkte Auswirkungen auf die Menschen, die diese Rohstoffe für uns produzieren und abbauen“, erklärt sie. „Ich begann zu erkennen, dass wir Dinge nicht isoliert betrachten können. Alles ist miteinander verbunden.“

Dieser systemische Gedanke lässt sich auch auf den Kampf gegen Klimawandel und Armut anwenden. „Je mehr Erfahrungen ich sammelte, desto deutlicher wurde mir, dass sich global nichts ändern wird, wenn nicht jeder Einzelne anfängt, umsichtiger mit Ressourcen umzugehen“, so Petschnig. In ihren Gedanken nahm eine Vision Gestalt an: eine Welt, in der natürliche Ressourcen gerecht verteilt und nicht länger verschwendet werden. Doch wie könnte sie dazu beitragen?

„Wer etwas verändern will, wird immer auf Gegen­wind stoßen, aber man darf sich nicht vom Weg abbringen lassen.“

Sophie Petschnig

Kreislaufprinzip

„Mir wurde schnell klar, dass ich die Menschen am besten durch Authentizität überzeugen kann – an dem Ort, der mir vertraut ist“, erzählt Petschnig. Aus diesem Grund kehrte die 35-Jährige nach Klagenfurt zurück, um mit der „Kleinen Freiheit“ in ihrer Heimatstadt einen Impuls für Veränderung zu setzen. „Um Transformation zu erreichen, muss man auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig aktiv sein. Daher habe ich versucht, die Kleine Freiheit als eine Plattform zu kreieren“, erläutert sie ihr Unternehmenskonzept, das auf den drei Säulen Infrastruktur, Bevölkerung und „Business to Business“ basiert. „Menschen davon zu überzeugen, Müll zu reduzieren, macht nur Sinn, wenn es entsprechende Möglichkeiten gibt, ohne Verpackung einzukaufen. Ein Zugang zu nachhaltigen Einkaufsmöglichkeiten ist Voraussetzung für eine nachhaltige Lebensweise“, erklärt sie die Idee, die zur Gründung der „Kleinen Freiheit“ geführt hat. Heute zählen zu ihren Kund:innen so unterschiedliche Zielgruppen wie junge Familien, Akademiker:innen und Pensionist:innen sowie Unternehmen, die sie für Caterings und Unternehmenspräsente beauftragen – eben „allesamt Menschen, die in ihrem Alltag anders konsumieren möchten.“

Der Laden hat sich aber auch als Ort der Vernetzung und Bildung etabliert. „Ich konnte einen Ort schaffen, an dem sich Gleichgesinnte austauschen können“, ist Petschnig glücklich. Die Bevölkerung erreicht Petschnig, indem sie etwa Workshops in Schulen veranstaltet. Mit McDonalds führt sie eine Kooperation zum Thema Müllvermeidung. In Unternehmen regen Zero-Waste-Caterings zum Nachdenken an. Veranstaltungen wie Kleidertausch-Events und öffentliche Feste ziehen zahlreiche Menschen aus ganz Kärnten an.

Gleichgesinnte gefunden

Die sozialen Aktivitäten hat Petschnig Anfang des Jahres ausgegliedert. Im Frühling 2024 gründete sie mit Gleichgesinnten in Kärnten die „Gemeinschaft für Nachhaltigkeit, Genuss & Transformation“. Der gemeinnützige Verein strebt nachhaltige Veränderungen in Kärnten an. „Wir organisieren Feste auf öffentlichen Grünflächen, die Gemeinschaftsgefühl und Lebensfreude in den Mittelpunkt stellen. Diese Erlebnisse stärken das Bewusstsein für die Bedeutung des Natur- und Umweltschutzes im Alltag“, erklärt Petschnig.

„Ich begann zu erkennen, dass wir Dinge nicht isoliert betrach­ten können. Alles ist mit­einander verbunden.“

Sophie Petschnig

Grünflächen nutzen

Auch die Idee zur Vereinsgründung hat ihren Ursprung in der „Kleinen Freiheit“. Vom Bistrobereich blickt man auf den gegenüber liegenden Goethepark. „Ich habe mich immer gewundert, warum niemand diese schönen Parkflächen nutzt“, erzählt Petschnig. Warum also nicht die vorhandenen Grünflächen nach dem Zero-Waste-Prinzip bespielen? Anfang Juni fand die erste öffentliche Veranstaltung des Vereins, unterstützt von der Stadt Klagenfurt, dem Land Kärnten und weiteren Kooperationspartner:innen, statt. Im Herbst folgte die zweite Veranstaltung des Vereins: Diesmal wurden die Mattuschka Paradiesgärten in Emmersdorf mit einem Herbstfest bespielt. Weitere Veranstaltungen sind geplant.

Dankbar und glücklich

Zwei Jahre sind seit der Eröffnung der „Kleinen Freiheit“ vergangen und die Unternehmerin blickt dankbar zurück. „Es war harte Arbeit, aber zu sehen, was man bewirken kann, ist unglaublich“, antwortet Petschnig. Welche Lehren zieht sie aus der Zeit? „Wenn man etwas verändern will, wird man immer auf Gegenwind stoßen, aber man darf sich nicht vom Weg abbringen lassen“, sagt sie. „Es ist wichtig, Bestärkung zu erfahren. Deshalb sollte man sich mit Gleichgesinnten vernetzen und gemeinsam tätig werden.“ Petschnig möchte auch in Zukunft viele Menschen für einen nachhaltigen Lebensstil motivieren. „Wir dürfen keine Angst davor haben, Verantwortung zu übernehmen“, sagt sie. „Verantwortung bedeutet Freiheit und Freiheit ist ein unheimlich wertvolles Gut.“

WISSENSWERT

Die „Kleine Freiheit“ ist der erste Unverpacktladen in Klagenfurt. Außerdem verbirgt sich hinter dem Namen eine Plattform für bewussten und zukunftsfähigen Konsum. Im Frühjahr wurde die „Gemeinschaft für Nachhaltigkeit, Genuss & Transformation“ gegründet, die nachhaltige Feste auf öffentlichen Grünflächen organisiert.

1. Sophie Petschnig mit Bürgermeister Christian Scheider und Stadtrat Max Habenicht sowie Vereinsmitgliedern Stephanie Laggner und Julia Braunecker. © Laggner
2. Schulklassen statten der Kleinen Freiheit immer wieder Besuche ab. © Privat
3. Im Herbst wurden die Paradiesgärten Mattuschka bespielt. © Marcus Maurer

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