Andreas Rudorfer, Projektleiter bei JOANNEUM RESEARCH MATERIALS
Klimafreundliche Perspektiven für die Luftfahrt
Um die Zero-Emission-Strategie zu erreichen, müssen Flugzeuge leichter werden und auf neue Antriebstechnologien umstellen. Im Fokus stehen die Fertigung von Ultra-Leichtbau-Freiformteilen sowie neue Methoden für die Zustandsüberwachung von Bauteilen durch Sensorik.
Paradigmenwechsel
„Unser Projektpartner Prime Aerostructures konstruiert und simuliert gewichtsoptimierte Flugzeugbauteile. Unsere Spezialist:innen am Standort Niklasdorf entwickeln ein 3D-Druck-Fertigungsverfahren mit Titan und alphacam austria liefert dazu Teile aus einem Hochleistungskunststoff, die ebenfalls 3D-gedruckt sind. Aber ein zentrales Problem dieser innovativen Produktionsweise ist die Qualitätskontrolle“, erläutert Andreas Rudorfer, Projektleiter bei JOANNEUM RESEARCH MATERIALS.
Aufgrund der höheren Fehlerdichte bei additiven Verfahren, wie zum Beispiel Poren, Einschlüsse oder Bindefehlern zwischen den Lagen, wird eine aufwändige Qualitätskontrolle notwendig. „Vor allem komplex gekrümmte Bauteile lassen sich derzeit nur manuell und unter hohem Aufwand prüfen, was eine gewisse Hemmschwelle für das Verfahren darstellt. Hier setzt das Projekt 3d-strain-sense an: Mit einer neuen Methode sollen Sensoren direkt auf Freiformflächen gedruckt werden, um die Belastungen kontinuierlich zu überwachen und damit den Wartungsaufwand erheblich zu reduzieren“, so Rudorfer.
Ressourcen sparen
Die Sensoren (Dehnungsmessstreifen) checken kontinuierlich den Zustand des Bauteils. So können Service-Intervalle womöglich verlängert werden – oder anders erklärt: Aktuell werden Bauteile nach Ablauf einer bestimmten Zeit ausgetauscht, ob sie kaputt sind oder nicht. Die Idee ist nun, dass die Sensoren die Überwachung der Bauteile übernehmen und über deren Zustand informieren. So kann ein vorzeitiger Tausch verhindert und Ressourcen können eingespart werden. Die Herausforderung dabei liegt in der Form der Leichtbauteile. Denn die freigeometrischen Formen lassen sich nur schwer bedrucken.
Emissionsfreie Flugzeugkonstruktionen
Als demonstratives Beispiel wird diese Technik im Zuge des Forschungsprojektes für die Zusatztankhalterungen in Kleinflugzeugen angewendet. Erste Versuche zeigen vielversprechende Ansätze, die nicht nur kurzfristige wirtschaftliche Vorteile bieten, sondern auch die wissenschaftliche Prüfung von bionischen Bauteilen ermöglichen. Langfristig sollen diese Entwicklungen den Weg für die Integration additiv gefertigter Bauteile in die Primärstruktur von Flugzeugen ebnen. Bis 2035 könnte so die Kombination aus Ultra-Leichtbau und kontinuierlicher Sensorüberwachung den Standard für emissionsfreie Flugzeugkonstruktionen setzen.
WISSENSWERT:
Das Projekt„3d-strain-sense“ ist gefördert von der FFG und wird von der JOANNEUM RESEARCH koordiniert. Projektpartner sind die PRIME Aerostructures GmbH, Aviation Invest GmbH, Materials Center Leoben Forschung GmbH sowie die alphacam austria GmbH. Gestartet ist 3D-strain-sense im April 2023 und es läuft bis Ende März 2026.
Die JOANNEUM RESEARCH ist eine Innovations- und Technologieanbieter im Bereich der angewandten Forschung und prägt mit ihren Kompetenzen die Entwicklung unserer modernen Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig und menschenzentriert. Als multidisziplinäres Team in flexiblen, innovationsfreundlichen Strukturen werden höchste gesellschaftliche und wissenschaftliche Ansprüche gelebt.