„Alle relevanten politischen und wirtschaftlichen Institutionen müssen auf globaler Ebene kooperieren. Und keinesfalls darf dabei auf die Weltreligionen vergessen werden!“
Klimawandel lässt Pasterze weiter schmelzen
Um eine sachliche und überparteiliche Auseinandersetzung anzustoßen, wurde Anfang September seitens „Protect Our Winters Austria“ (POW) ein symbolisches Gletscherbegräbnis in der Umgebung des Großglockners und der Pasterze organisiert. Neben einer symbolischen Beisetzung und einem Sarg aus Eis von dem aus Heiligenblut stammenden Künstler Max Seibald fand u. a. eine Prozession, geleitet von Bischofsvikar Engelbert Guggenbichler, statt.
Klimawandel ist messbar
„Österreichs größter Gletscher, die Pasterze, ist ein Fieberthermometer. Er zeigt uns den rasanten globalen Temperaturanstieg durch sein Schmelzen“, betont Christian Salmhofer, Klimabündnis Kärnten. In früheren Zeiten konnte man sich Klimazusammenhänge schwer bis gar nicht erklären. Es fehlten die Messinstrumente. „In ihrer Verzweiflung fanden die Menschen oft im Aberglauben Zuflucht. Das hat sich inzwischen geändert, denn erstmals in der Menschheitsgeschichte kann mithilfe von Messinstrumenten der Zustand des Planeten analysiert werden“, so Salmhofer. Seien es die Satellitendaten oder die historischen Erkenntnisse aus den Eisbohrkernen: Sie geben uns die Möglichkeit die Auswirkungen der Menschheit auf dem Lebensraum Planeten Erde zu beschrieben.
Globale Zusammenhänge
Die Menschheit steht demnach vor einer Reihe schwerwiegender, langfristiger Herausforderungen, die als „globale systemische Risiken“ bezeichnet werden, wie auch Sabine Seidler, Gründerin vom Forum Anthropozän, bekräftigt: „Zur Vermeidung einer Polykrise müssen alle relevanten politischen und wirtschaftlichen Institutionen auf globaler Ebene zusammenarbeiten. Dabei spielen auch die Weltreligionen eine bedeutsame Rolle! Besonders wenn wir uns mit Klimagerechtigkeit befassen, muss dies auf Basis einer völlig neuen Weltsicht geschehen.“
Mensch und Natur im Einklang
Angekommen im Anthropozän, dem Zeitalter, in dem sich der Mensch unumkehrbar in die Erdgeschichte eingeschrieben hat, mühen sich insbesondere die christlichen Kirchen um eine Neubestimmung im Verhältnis des Menschen zur Natur. „Nicht ganz zu Unrecht wird dem Christentum der Vorwurf gemacht, durch eine missverstandene Interpretation biblischer Schöpfungserzählungen, Anteil an einer ,Komplizenschaft‘ am Raubbau der Erde zu haben. Die Idee vom Menschen als ,Krone der Schöpfung‘ hat ihre destruktive Wirkung gezeigt“, erklärt Harald Jost, Referat für Schöpfungsverantwortung der Katholischen Kirche Kärnten.
Mutter Erde als Leitmotiv
„In den letzten Jahrzehnten erinnern wir uns wieder an die Ideale eines Franz von Assisi. ,Mutter Erde‘ als Leitmotiv führt uns zur Anerkennung der Natur als Schöpfung, die uns zu einer Vision einer planetarischen Solidarität leitet“, so Jost. Denn an der Pasterze zeigt sich der dramatisch voranschreitende Klimawandel für alle augenscheinlich. „In einer ökumenischen Initiative beteiligten wir uns deshalb an einem Gletscherbegräbnis. Wir griffen dabei selbstverständlich auf kirchlichen Traditionen zurück, luden Menschen zu einer tiefergehenden Selbstreflexion des eigenen Lebensstils ein und appellierten an die politischen Verantwortlichen verlässliche Rahmenbedingungen für effektiven Klimaschutz vorzugeben. Als Kirchen sind wir bereit gemeinsam an einem Strang zu ziehen und die notwendigen Veränderungen zu unterstützen“, so Jost abschließend.