Koralm ohne Tunnelblick
Mehr als 100 Interessierte aus Wirtschaft und Politik fanden sich im Rahmen der Innovationsgespräche der Innoregio Süd in der Wolfsberger Lavanttal-Arena ein. Mit der Fertigstellung des Jahrhundert-Infrastrukturprojektes entsteht eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten. „Die Zusammenarbeit zwischen der IV Kärnten und der IV Steiermark war schon immer sehr intensiv und wird durch die neue Südachse weiter verstärkt“, bekräftigt Timo Springer, Präsident IV Kärnten. Innoregio Süd nimmt in diesem Kontext eine zentrale Rolle ein. „Die gemeinsame Plattform ist ein wichtiger Hebel zwischen Wissenschaft, Forschung, Industrie und Wirtschaft. Das wird intensiviert“, betont Stefan Stolitzka, Präsident IV Steiermark.
Öresund-Brücke als Best-Practice
Wie bestehende Stärken bestmöglich gemeinsam gesteigert werden können, zeigten die Vorträge von Jakob Svane (Seniorchefkonsulent Dansk Industri, Kopenhagen) und Johan Wessmann (Leiter des Öresund Institutes, Malmö). Die Experten referierten über die durch die Eröffnung der Öresund-Brücke im Jahr 2000 ausgelöste wirtschaftliche Dynamik in der Öresund-Region, die zu zahlreichen positiven Entwicklungen geführt hat. Das Beispiel „Öresund-Brücke“, die die dänische Hauptstadt Kopenhagen mit Malmö in Schweden verbindet, zeigt aber auch, dass sich dieser Erfolg nicht ohne entsprechende Maßnahmen in den beiden Regionen eingestellt hat.
Von der Straße auf die Schiene
Eines ist klar, die Koralmbahn wird nach ihrer Verkehrsfreigabe Ende 2025 großen Einfluss auf Südösterreich haben. Nicht nur, dass sich die Fahrzeit im Personenverkehr zwischen Klagenfurt und Graz enorm reduziert, auch der Güterverkehr wird durch die bessere Entflechtung mit dem Personenverkehr profitieren, wie Christoph Schneider vom Economica-Institut im Auftrag der IV Kärnten und Steiermark feststellte. Die Koralmbahn erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber der Straße massiv. Sie kommt „gerade richtig“ in der entscheidenden Phase der Dekarbonisierung des Verkehrs. Dadurch, dass ein derart leistungsfähiger Verkehrsträger innerösterreichisch realisiert wurde, reduziert sich außerdem die Gefahr, dass Österreich auf Alternativrouten entlang der baltisch-adriatischen Achse umfahren wird.
Wichtiger Seezugang
Mehrere Studien (u.a. auch von Economica) haben zuletzt die Wichtigkeit des Seezugangs für den Exporterfolg gezeigt. Hier ist in Kärnten mit dem ersten grenzüberschreitenden Zollkorridor zwischen Triest und Fürnitz (LCA Süd) einiges gelungen. Die Koralmbahn wird im Zubringerverkehr eine wertvolle Hilfe sein, allerdings ist in der Verbesserung der Infrastruktur (Verladestation) noch einiges zu tun.
Zubringer gestalten
Ein zentraler Begriff in der Verkehrswissenschaft ist jener der Erreichbarkeit. Hier wird die Koralmbahn schon ohne Begleitmaßnahmen einiges bringen. Es wird etwa möglich sein, täglich zwischen dem Kärntner und dem steirischen Zentralraum zu pendeln. Seine volle Stärke wird das System aber erst ausspielen können, wenn auch die Zubringerverkehre entsprechend gestaltet werden und die Raumordnung auf volkswirtschaftlich profitable Weise darauf reagiert. Die Definition von Ansiedlungsflächen für Unternehmen, Forschungszentren, Bildungseinrichtungen und leistbarem Wohnraum für die in beiden Bundesländern aufgrund der schlechten Wanderungsbilanz dringend erforderliche Zuwanderung sind Gebot der Stunde. Am intensivsten bereitet sich derzeit eine der am raschesten wachsenden Städte Österreichs, nämlich Villach, darauf vor. Viele dieser Themen sind in der Studie „Der Koralmtunnel – Chance für Südösterreich?“ angesprochen.
Notwendige Maßnahmen
Aus Sicht von IV Kärnten und Steiermark sind folgende Maßnahmen notwendig, um die Eröffnung der Koralmbahn entsprechend vorzubereiten: Es braucht eine begleitende Evaluierung, die Maßnahmen und Förderungen aus relevanten regionalen und überregionalen Politikfeldern anhand von geeigneten Kriterien (Indikatorenpool) analysiert und bei Bedarf anpasst. Economica schlägt ein mehrstufiges Verfahren aus Bestandsaufnahme, Wirkungsanalyse, Instrumentarium vor.
Gemeinsame Struktur
So gut die beiden Länder Kärnten und Steiermark inzwischen auch zusammenarbeiten, ohne eine gemeinsame Struktur, etwa wie in der Öresund-Region eine gemeinsame Agentur, die im komplexen Zusammenspiel der verschiedenen politischen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Strömungen klare Strategien erarbeitet bzw. auch verantwortet, wird es nicht gehen. „Ganz wesentlich ist, dass durch die Koralmbahn, die Ende 2025 eröffnet wird, ein komplett neuer Lebensraum entsteht, den man noch aktiv entwickeln muss. Das gilt für alle Bereiche,“ so Stefan Stolitzka, Präsident IV Steiermark. „Ich würde mir von der Politik mehr Mut bei der Entscheidung über und für Infrastrukturprojekte wünschen, weil am Ende sind das Entscheidungen, die für die nächste Generation getroffen werden“, so Timo Springer, Präsident der IV Kärnten abschließend.
PMS Gruppe nutzt „Heim-Vorteil“
Wie Kärntner und steirische Unternehmen schon jetzt erfolgreich von der Koralmbahn profitieren, zeigte sich im Rahmen der Innovationsgespräche vorab bei der PMS Gruppe in St. Stefan im Lavanttal. Geschäftsführer Franz Grünwald führte interessierte Veranstaltungs-Teilnehmer durch die Produktion und Entwicklung des Betriebes, der mit wesentlichen Teilen mit den elektrotechnischen Installationen im Koralmtunnel beauftragt und damit Teil des Jahrhundertprojektes ist.
© IV Kärnten/ Eggenberger