Anita Ebenwaldner-Abuja, Geschäftsführerin Alpacem Beton Austria
© Sabine Biedermann
Für die Verwendung von Altbeton gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine einfache Methode ist die Verwertung von ganzen Bauteilen. Diese können am Ende der Nutzungsdauer von einem Gebäude demontiert und in einem anderen Bauprojekt eingesetzt werden. So können beispielsweise Betonsteinpflaster wieder verbaut werden. Da der Wiederverwendung ganzer Bauteile aufgrund von Optik und Funktionalität enge Grenzen gesetzt sind, werden Betonbauteile aus Abbrucharbeiten meist zu wertvollen Sekundärrohstoffen gebrochen und aufbereitet. Aus dem gebrochenen Betonstein werden Tragschichten im Hoch- und Tiefbau hergestellt, darüber hinaus wird er für den nochmaligen Einsatz als Rohstoff bei der Betonherstellung aufbereitet. Bei beiden Anwendungen wird Schottermaterial aus Steinbrüchen oder Kiesgruben ersetzt. Das trägt dazu bei, den Flächenbedarf für den Abbau neuer Rohstoffe zu senken und primäre Ressourcen zu sparen.
Recyclingverfahren für Altbeton sind erprobt und werden vielfach eingesetzt. Während früher Teilmengen aus dem Aufbereitungsprozess deponiert wurden, können heute 100 Prozent der Menge als Sekundärrohstoff eingesetzt werden. Das primäre Ziel ist hierbei, durch technologische Innovationen Material in gleicher Qualität wie natürliche Rohstoffe zur Verfügung zu stellen. Daraus resultiert: Die Qualität des mit Recyclingmaterial produzierten Betons entspricht jenem aus der herkömmlichen Herstellungsmethode.
„Die Produktion ist dabei gesamtheitlich betrachtet aufwändiger. Denn die fachgerechte Trennung und Aufbereitung von Altbeton erfordert mehrere Bearbeitungsschritte beziehungsweise innovative Verfahren zur Sicherstellung einer gleichwertigen Qualität. Auch die Qualitätskontrolle muss dichter sein“, erklärt Roland Waldenhofer, Leiter der Entwicklung/Qualitätssicherung Zement und Anwendungstechnik bei Alpacem in Wietersdorf. In einem ersten Schritt wird Baustahl vom Beton entfernt – auch dieser Stahl ist gut wiederzuverwerten. Das Material kommt in die Aufbereitungsanlage und durchläuft es so lange, bis es als Schüttgut über Siebe in Korngrößen eingeteilt und gelagert werden kann. Danach kann der Abbruch als Gesteinskörnung dem neuen Beton hinzugefügt werden. Jenes Material mit einer Korngröße von mehr als vier Millimeter ist für die Betonherstellung gut geeignet.
Recyclingsand – das ist Material unter vier Millimetern Korngröße – eignet sich zur Betonherstellung nur schlecht, da durch sie bei der Betonherstellung mehr Wasser beigegeben werden muss. Eine höhere Wasserbeigabe würde allerdings die Betoneigenschaften wie Beständigkeit gegenüber Umwelteinflüssen und Dauerhaftigkeit verschlechtern. „Für diese Sande und weitere mineralische Reststoffe, zum Beispiel Aschen aus der Biomasseverbrennung, die in ihrer Zusammensetzung den Primärrohstoffen der Zementklinkerherstellung gleichen, die früher aber deponiert wurden, spielen Zementwerke eine wesentliche und immer größer werdende Rolle in der Kreislaufwirtschaft“, erklärt Florian Salzer, technischer Direktor von Alpacem Zement Austria. „Der Herstellprozess wird komplexer, weswegen in Wietersdorf die technologischen Voraussetzungen geschaffen wurden, um mit Sekundärrohstoffen die natürlichen Lagerstätten zu schonen und CO2-Emissionen zu verringern.“
Über den Zement, der wiederum in der Betonherstellung sein Hauptanwendungsgebiet hat, kann somit Altbeton zu 100 Prozent wiederverwertet werden. Der Einsatz weiterer Sekundärrohstoffe bei der Zementherstellung verbessert die Ökobilanz von Beton zusätzlich.
Anita Ebenwaldner-Abuja, Geschäftsführerin Alpacem Beton Austria
© Sabine Biedermann
Anita Ebenwaldner-Abuja: Wir haben gute Erfahrungen mit Ersatzrohstoffen in der Betonproduktion und auch bereits Beton von ausgezeichneter Qualität mit Recyclinggesteinskörnungen produziert. So wurde zum Beispiel unser Bürogebäude der Alpacem Gruppe in Wietersdorf daraus errichtet. Betonrecycling hat viele positive Aspekte, steht aber trotzdem noch vor einigen Herausforderungen. Die Fundamente sind jedoch gelegt. So wurde unsere neue Betonmischanlage in Klagenfurt zum Beispiel mit ausreichenden Lagerkapazitäten für den Einsatz von Recyclinggesteinskörnungen ausgestattet.
Die Verfügbarkeit hängt in erster Linie davon ab, wie abzubrechende Gebäude aufgebaut sind – in den nächsten Jahren werden vermehrt Bauwerke ab den 1970er-Jahren erneuert werden und ab dieser Zeit wurde Beton in großem Ausmaß verbaut. Alte, leerstehende, abbruchreife Industrie- oder auch Wohnbauten (Reconstructing-Projekte) aus den 1970er Jahren beispielsweise wären auch eine gute „Rohstoffquelle“. Natürlich muss aber der Revitalisierung von Bauwerken der Vorrang gegeben werden.
Da sind wir wieder bei der Verfügbarkeit. In der Schweiz gibt es – mit kantonsweisen Abstufungen – solche Quoten, die in Ausschreibungen bereits integriert sind. Das hat zur Folge, dass beispielsweise Altbeton aus dem süddeutschen Raum nach Zürich gefahren wird, damit dort die Quoten erfüllt werden können. Damit wird also sinnloser Lkw-Verkehr über weite Strecken verursacht. Damit erreichen wir aus Umweltsicht genau das Gegenteil.
Es wird immer klarer, dass das Einführen von starren Quoten, ohne Berücksichtigung von lokalen Gegebenheiten eher gegenteilige Effekte als die erwünschten bringt. Wichtig ist immer die tatsächliche, sinnstiftende Umsetzbarkeit solcher Regelungen. Wir sollten lokal bleiben, alle Möglichkeiten nützen, Sekundärrohstoffe mit effizienten Verarbeitungsschritten so regional wie möglich einsetzen und damit natürliche Ressourcen schonen und Transportwege minimieren. Alpacem ist über Beton und Zement aktiv bei der Entwicklung mit dabei.
1. Recyclinganlage für Altbeton
2. Das Bürogebäude der Alpacem Gruppe wurde aus Beton mit Recyclinggesteinskörnungen errichtet. © Alpacem