Grafik: KSV1870
Wirtschaft
24.03.2021

KSV1870 warnt: Viele Betriebe werden künstlich am Leben gehalten

Hochrechnung im ersten Quartal 2021: Firmenpleiten sind österreichweit um 59 Prozent gesunken, Privatkonkurse um neun Prozent. "Künstliche Eingriffe" der Bundesregierung sind laut dem Kreditschutzverband nicht hilfreich.

Hochgerechnet 473 insolvente Unternehmen verzeichnete der Kreditschutzverband KSV1870 im ersten Quartal 2021 in Österreich – das sind 59 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2020. Und es ist der niedrigste Wert pro Quartal seit dem Jahr 1977! Auch die geschätzten Verbindlichkeiten gingen stark zurück – von 1.132 Millionen Euro 2020 auf 157 Millionen Euro 2021 (minus 86 Prozent). Es gab nur zwei Großinsolvenzen mit jeweils über zehn Millionen Euro an Passiva (AIK Energy Austria GmbH in Wien und "die Eigentum" Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. in Wien). Reduziert hat sich demnach auch die Anzahl an von Insolvenzen betroffenen Mitarbeitern (minus 61 Prozent) und von betroffenen Gläubigern (minus 61 Prozent).

Frühzeitige Sanierung empfohlen

Eine positive Entwicklung ist das nicht. Denn laut KSV1870 werden viele Betriebe durch die Eingriffe des Bundes nur künstlich am Leben gehalten. "Diese undifferenzierte Großzügigkeit gehört gestoppt, bevor auch gesunde Unternehmen von finanzschwachen Firmen in den Abwärtsstrudel getrieben werden", warnt Karl-Heinz Götze vom KSV1870. Er fordert ein "Ende des praktizierten Gießkannen-Prinzips". Empfohlen wird eine frühzeitige Sanierung, denn: "Wenn der eigene Betrieb in finanzielle Schieflage geraten ist, ist es sinnvoll, lieber heute als morgen eine Sanierung anzustreben. Auf diese Weise kann noch gerettet werden, was zu retten ist. Hier geht es ganz besonders auch um Jobs und die Existenz von Menschen, die nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf."

Viel weniger Gastronomen insolvent

Betrachtet man die Branchen, ist der Rückgang der Insolvenzen im Gastgewerbe auffällig. Götze weiß, warum: "Die Gastronomie ist mit am stärksten von der Krise betroffen, weshalb die staatliche Unterstützung verhältnismäßig hoch ausfällt. Der harte Aufprall wird für viele Gastronomen spätestens dann erfolgen, wenn der künstliche Eingriff durch die Regierung beendet wird."

Ausblick

Zukunftsprognosen seien schwierig. Pro Woche sank die Zahl der Firmenpleiten seit Beginn der Corona-Pandemie um rund die Hälfte. Dieser Trend dürfte anhalten, könnte sich laut KSV1870 frühestens im Herbst umkehren. Das Gesamtjahr werde deutlich niedriger ausfallen als ursprünglich erwartet. Götze: "Eine regelrechte Insolvenzwelle ist aus heutiger Sicht am Horizont nicht erkennbar. Wann auch immer die Insolvenzzahlen steigen werden, gehen wir von einer stetigen Steigerung der Firmenpleiten aus. Dieser Anstieg wird bis in die Jahre 2022 und 2023 hineinreichen."

Privatkonkurse leicht rückläufig

Die Privatkonkurse gingen im ersten Quartal um knapp neun Prozent zurück (1.744 Fälle). Auch die Passiva sanken um 18 Prozent auf 185 Millionen Euro. Es zeige sich, dass Schuldner teilweise auf die für Juli 2021 geplante Insolvenznovelle warten. In Aussicht ist eine verkürzte Entschuldungsdauer von drei Jahren statt momentan fünf. Diese lehnt der Kreditschutzverband jedoch ab. Götze: "Wir halten die Gleichstellung von gescheiterten Unternehmern und Verbrauchern weiterhin für unangemessen und plädieren für eine Beibehaltung der aktuell gültigen fünf Jahre."

Auch durch die Abschaffung der Mindestquote im Abschöpfungsverfahren werde die durchschnittliche Rückzahlungsquote vermutlich weit unter zehn Prozent liegen. Wird die Entschuldungsdauer erneut verkürzt, könnten viele Schuldner gar keinen Antrieb mehr haben, Zahlungsplanquoten anzubieten. Gläubiger könnten also durch die Finger schauen, obwohl Schuldner über finanzielle Mittel verfügen würden, einen Teil ihrer Schulden zurückzuzahlen.

Zahlen aus Kärnten

  • Gesamtinsolvenzen 1. Quartal 2021: 21 (2020: 71) – -70,4 %
  • Passiva Unternehmen: fünf Millionen Euro 2021 – 29 Millionen Euro 2020
  • Eröffnete Privatkonkurse 1. Quartal 2021: 142 (2020: 141) – + 0,7 %
  • Passiva Private: 21 Millionen Euro 2021 – 18 Millionen Euro 2020
Grafik: KSV1870
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