© Helge Bauer
Wirtschaft
24.10.2025

Lokale Chancen für eine global gedachte Zukunft

Im Gespräch mit advantage erzählt IT-Experte Martin Zandonella von seiner 30-jähri­gen Erfah­rung in der Branche – und teilt seine Ideen für die Zukunft des Wirt­schafts­stand­orts Kärnten.

Internetpionier DI Martin Zandonella ist neben seiner Funktion als Obmann der WKK-Fachgruppe UBIT außerdem Vorsitzender des Kuratoriums des Kärntner Wirtschaftsförderungs Fonds (KWF) und CEO der Net4You Internet GmbH.

advantage: Ihr Unternehmen Net4You hat kürzlich sein 30-jähriges Bestehen gefeiert und dafür auch das Kärntner Landeswappen erhalten. Welche sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Entwicklungen in der IT-Branche in diesen 30 Jahren?

Martin Zandonella: Vor 30 Jahren hatten wir Insellösungen je Betrieb und die erste Revolution war das Internet. Vorerst ein Phänomen der Telekommunikation, wurde es zum Game Changer in allen Lebensbereichen, ganz besonders für die IT! Weitere wichtige Entwicklungsschritte waren IT-Security und Cloudservices. Die nächste Revolution löst die nun praxistaugliche KI aus. Ich habe in meiner frühen Phase als Informatiker viel über die Rolle der Schnittstelle Mensch-Maschine nachgedacht, galt sie doch als Knackpunkt für effizienten Einsatz von IT im täglichen Leben. Wer hätte vor 30 Jahren gedacht, dass die gute alte Kommandozeile und ihr Prompt zum wichtigsten Tool in der Kommunikation zwischen Mensch und Computer wird? Der entscheidende Fortschritt war also nicht die Schnittstelle selbst, sondern die Intelligenz der Maschine – sie versteht plötzlich den Menschen, der sie bedient, mit seinen Stärken und Schwächen!

„Lokal wohnen und global arbeiten – das hat viel Phantasie, und der Koralmtunnel wird seinen Teil dazu beitragen.“

DI Martin Zandonella

Wie beurteilen Sie den Standort Kärnten in Bezug auf Infrastruktur und berufliche Möglichkeiten im IT-Bereich?

Breitbandausbau kompromisslos fortsetzen, ALPSiX rasch umsetzen, Rechenzentren ansiedeln – ich bin optimistisch, wir werden schon in wenigen Jahren Teil der globalen Internet-Exchange-Landkarte sein! Die Jobangebote und Verdienstmöglichkeiten sind sehr gut, auch in Kärnten. Die Königsklasse für eine IT-Fachkraft ist die Arbeit in einem spezialisierten IT-Betrieb. Sowohl als Entwickler:in für anspruchsvolle Märkte als auch als Netzwerktechniker:in, Security-Spezialist:in – für unterschiedlichste Kunden, Plattformen und Aufgabenstellungen. All das bietet Kärnten mit den hier ansässigen IT-Betrieben.

Wie sieht die Lage in Bezug auf IT-Fachkräfte aus? Und wie schätzen Sie die Folgen der Koralmbahn-Eröffnung im Dezember 2025 ein?

Wir haben ein sehr ausgeprägtes Angebot im Bereich der HTLs, eine FH und die Alpen-Adria-Universität und decken damit ein breites Spektrum ab. Abgesehen vom neuen Bachelorstudium „Robotics and Artificial Intelligence“ an der AAU zieht Kärnten im IT-Bereich aber kaum internationale Studierende an. Ein wichtiger Punkt ist auch die duale Ausbildung in den Lehrberufen Applikationsentwicklung-Coding und Informationstechnologie-Systemtechnik. Aber denken wir weiter: Lokal wohnen und global arbeiten – das hat viel Phantasie, und der Koralmtunnel wird seinen Teil dazu beitragen. Global arbeiten hat heute eine andere Bedeutung, vor allem in der IT, und ist nicht unbedingt mit Reisetätigkeit verbunden. Damit Kärnten für IT-Fachkräfte attraktiver wird, müssen wir die Wohnsituation für Studierende, junge Menschen und Jungfamilien deutlich verbessern, und auch die Kinderbetreuung muss überdurchschnittlich gut werden. Das kostet Geld, daher müssen Prioritäten gesetzt werden und die öffentliche Hand muss endlich die bürokratischen und kostspieligen Strukturen modernisieren. Auch dafür ist die IT ein wichtiger Schlüssel!

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