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Wirtschaft
05.09.2024

„Mehr als nur eine neue Bahnstrecke“

Kärnten und die Steiermark bereiten sich auf die Inbetrieb­nahme der Koralm­bahn im Dezember 2025 vor.

Im Interview mit advantage geben der steirische Verkehrsreferent LH-Stv. Anton Lang und Kärntens Mobilitätslandesrat Sebastian Schuschnig Einblicke rund um Maßnahmen in Sachen öffentlicher Verkehr.

advantage: Die Koralmbahn befindet sich im Zielsprint. Wie können die Potentiale des gemeinsamen Wirtschafts- und Lebensraums optimal genutzt werden?

LR Sebastian Schuschnig: Indem wir die Koralmbahn mehr als nur als neue Bahnstrecke verstehen. Sie ist eine Wertschöpfungsachse der Zukunft, die unsere beiden Bundesländer noch weiter zusammenwachsen lässt. Mit der vollständigen Inbetriebnahme werden Fahrtzeiten von Klagenfurt nach Graz und umgekehrt in 45 Minuten ermöglicht, die Regionen rücken zusammen und ein völlig neuer Wirtschaftsraum im Süden Österreichs entsteht.

LH-Stv. Anton Lang: Das Jahrhundertprojekt Koralmbahn ist auch für die Steiermark von enormer Bedeutung. Mit guten Verbindungen und kurzen Takten sind die Menschen zwischen der Steiermark und Kärnten noch mobiler. Es wird noch einfacher und effizienter mit der Bahn zwischen Ausbildungsstätte, Arbeitsplatz und Wohnort zu pendeln. Um alle Potenziale, die diese einzigartige Chance bringt, ideal zu nutzen, müssen wir bundesländerübergreifend noch enger zusammenrücken.

Welche Schritte braucht es (noch), damit die einzelnen Regionen (in Kärnten wie auch in der Steiermark) von der Koralmbahn profitieren können?

Lang: Bis die Strecke Ende 2025 freigegeben wird, optimieren wir in der Steiermark die Anbindungen und Zubringerstrecken an die Haltestellen der Koralmbahn wie zum Beispiel den neuen Bahnhof Weststeiermark. Es werden 23 Bahnhöfe umgebaut oder neugebaut, außerdem über 100 Brücken errichtet – insgesamt werden rund 6,1 Mrd. Euro investiert. Für die Zukunft ist neben der Fertigstellung des Semmering-Basistunnels, der 2030 in Betrieb gehen soll, auch der viergleisige Ausbau der vielbefahrenen Strecke zwischen Graz und Bruck an der Mur essentiell.

Schuschnig: Vor allem müssen wir sicherstellen, dass ganz Kärnten gleichermaßen von der neuen Koralmbahn profitiert, nicht nur jene Gemeinden, die direkt an der Bahnstrecke liegen. In den letzten Jahren haben wir deshalb massiv in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs investiert, alle Bustaktungen werden auf die neue Koralmbahn abgestimmt. Von Spittal nach Villach fährt die S-Bahn im Halbstundentakt, in Klagenfurt kommen Fahrgäste im 10-Minuten-Takt vom Bahnhof mit den Öffis weiter. Mit der neuen Mikro-ÖV-Strategie investieren wir dreimal so viel wie bisher, damit auch ländliche Regionen mit den Öffis gut angebunden sind. Wir werden weiter dafür kämpfen, dass die Koralmbahn auch in Kühnsdorf am Klopeiner See stehen bleibt, denn es ist immerhin die nächtigungsstärkste Sommertourismusregion!

„Noch immer besteht der Eindruck, dass die Koralmbahn in Villach endet, doch auch Oberkärnten und Mittelkärnten haben mit einer guten Anbindung enorme Chancen.“

Sebastian Schuschnig, Mobilitätslandesrat Kärnten
Welche Rolle spielt die bundesländerübergreifende Achse Kärnten-Steiermark im Bereich Mobilität bzw. bei der Planung von infrastrukturellen Maßnahmen?

Schuschnig: Eine sehr große, denn so verschaffen wir uns deutlich mehr Gehör in Wien und in Brüssel. Kärnten und die Steiermark arbeiten eng zusammen, um einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu fördern und internationale Sichtbarkeit zu erlangen. Wir haben regelmäßig gemeinsame Sitzungen der Landesregierungen, wo wir auch die Infrastruktur planen. Im Bereich Wasserstoff haben wir die Chance, gemeinsam zu einer europaweit führenden Region zu werden und so EU-Mittel in Millionenhöhe für unseren Wirtschaftsraum abzuholen. Wir sind auf einem guten Weg, eine so enge Kooperation gab es noch nie.

Lang: Aufgrund der tiefgreifenden Veränderungen im Bereich Mobilität, die die Koralmbahn mit sich bringt, braucht es Planungen mit Weitblick. In unserer Mobilitätsstrategie 2024+ haben wir die strategische Ausrichtung der steirischen Mobilität niedergeschrieben – und die Achse Steiermark-Kärnten nimmt hier eine sehr wichtige Rolle ein. Durch die Koralmbahn gibt es für manche Regionen aber auch Herausforderungen, wie etwa für die westliche Obersteiermark, durch die die aktuelle Bahnverbindung von Wien nach Klagenfurt verläuft. Wir haben uns gegenüber Bund und ÖBB dafür eingesetzt, die Strecke auch weiterhin anzubieten. Das ist uns nun mit einer stündlichen Verbindung zwischen Wien und Klagenfurt durch die Obersteiermark gelungen.

Nachhaltige Mobilität als zentraler Hebel, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren: Welche Projekte werden dahingehend aktuell umgesetzt?

Lang: Um unseren CO2-Verbrauch zu reduzieren, setzen wir in der Steiermark verschiedenste Maßnahmen über alle Ressorts hinweg. Als Verkehrsreferent ist es mir das größte Anliegen, günstige und attraktive Verbindungen im Öffentlichen Verkehr zu schaffen. Die S-Bahn und die Regiobusse bauen wir kontinuierlich aus, um noch mehr Anbindungen und kürzere Takte zu schaffen. Eine der wichtigsten Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrsbereich ist aktuell auch die Elektrifizierung der GKB, der Graz-Köflacher Bahn.

Schuschnig: Wir haben mit den ÖBB ein Ausbaupaket bis 2030 vereinbart, mit dem wir über 650 Mio. Euro an Investitionen in moderne Bahnhöfe und Schienen nach Kärnten holen. Das Bahnstromkraftwerk in Reisseck sowie eine eigene PV-Offensive auf Bahninfrastruktur stärken die Nachhaltigkeit auch in den Regionen. Zusätzlich gibt es das Bekenntnis, das Logistikzentrum in Villach-Fürnitz zu modernisieren. Das stärkt Kärnten als Exportland, genauso wie unsere gemeinsamen Initiativen im Bereich Wasserstoff mit der Steiermark. Aber wir werden weiter Druck machen, damit die Güterzüge der Koralmbahn nicht durch Klagenfurt und Villach und den Wörtherseeraum fahren, sondern eine Umfahrungstrasse gebaut wird. Ohne eine Lösung für den Lärmschutz im Zentralraum ist die Koralmbahn nicht fertig.

„Aufgrund der tiefgreifenden Veränderungen im Bereich Mobilität, die die Koralmbahn mit sich bringt, braucht es Planungen mit Weitblick.“

LH-Stv. Anton Lang, Steiermark
Welche Aktionen sind zur Europäischen Mobilitätswoche geplant?

Schuschnig: Mir ist es ein wichtiges Anliegen, dass die Menschen unser attraktives Bus- und Bahnangebot ausprobieren. Wir bieten in Kärnten deshalb heuer zum fünften Mal die kostenlosen Umsteigertage für alle jene an, die sich von den zahlreichen Mobilitätsangeboten selbst überzeugen wollen. Die Fahrgastzahlen der letzten Jahre belegen den Erfolg der Aktion.

Lang: Wie jedes Jahr sind auch in der Steiermark verschiedene Aktionen geplant, um die Menschen über sanfte und nach- haltige Mobilität zu informieren. Vom „Autofreien Tag“ am 22. September über E-Bike-Kurse und Fahrsicherheitstrainings bis hin zu Workshops für Kinder ist hier für Groß und Klein einiges dabei.

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