Adam Themessl, Holzbaufachberater proHolz Kärnten
© Themessl proHolz Kärnten
Neue Technologien und Digitalisierung haben in der Forst- und Holzwirtschaft schrittweise Einzug gehalten und sie kontinuierlich modernisiert. Die Produkte wurden durch Effizienzsteigerung und Automatisierung optimiert, die Qualitätskontrolle wurde gesteigert, die Supply Chain werde gemanagt, die Nachfrage könne prognostiziert, die Logistik optimiert und die Lagerbestände können minimiert werden, zählt Adam Themessl, Holzbaufachberater bei proHolz Kärnten, auf. Auch Ressourceneffizienz und die Überwachung der Wälder sind mit modernsten Technologien möglich.
Ein Meilenstein in der Fortbewirtschaftung war mit Beginn der 1990-er Jahre der Harvester, der vollautomatisch Bäume erntet und vom Forwarder – der nächsten praktischen Erfindung – abtransportiert wird. In einem nächsten Schritt kann nun auch die Waldinventur automatisch erfolgen. Der „LIDAR“-Technologie (Light Detection and Ranging) bleibt in Kombination mit Minidrohnen nichts mehr verborgen, was im Wald wächst. Die unterschiedlichen Pflanzen und Baumarten senden verschiedene Lichtfrequenzen aus, die vom Hubschrauber oder Kleinflugzeug aus mittels LIDAR erfasst werden.
Vom Kronendurchmesser der jeweiligen Baumart kann auf den Stammdurchmesser geschlossen werden. Minidrohnen, die unter der Kronenschicht durch den Wald fliegen, können Baumarten erkennen und deren Anzahl, Durchmesser sowie Höhe bestimmen. Diese Daten werden mit den LIDAR-Daten kombiniert und Holzmengen im Bestand genau berechnet. Durch diese Technologie können nicht nur Bäume, sondern sämtliche Pflanzenarten detektiert werden. Damit bietet sie auch eine neue Einkommensmöglichkeit für die Zukunft: den Verkauf von CO2-Zertifikaten. Denn auf diese Weise kann der Forstwirt mit sehr genauen Daten nachweisen, wieviel zusätzlichen Kohlenstoff der Wald über einen bestimmten Zeitraum durch eine andere Bewirtschaftung eingespeichert hat, was in diesem Fall bares Geld bringen könnte.
Adam Themessl, Holzbaufachberater proHolz Kärnten
© Themessl proHolz Kärnten
Auch bei den Sägewerken hat, so Themessl, eine Technologie die Arbeit revolutioniert: In der Nadelholzverarbeitung wurden die Gattersägen von der Spaner-Technologie abgelöst. Baumstämme werden nun durch Aggregate geschleust und von Fräsköpfen formatiert, bevor sie mit Kreissägen zu Brettern aufgeschnitten werden. „Das bedeutet höhere Geschwindigkeit, bessere Qualität des Ergebnisses und eine höhere Ressourceneffizienz“, erklärt der Holzbaufachberater. Darüber hinaus können auf diese Weise Bretter auftragsbezogen herausgeschnitten werden. Laubholz hingegen hat andere Anforderungen und wird von gut und speziell geschulten Mitarbeiter:innen mit Bandsägen geschnitten.
Der nächste große Schritt in der Nadelholzverarbeitung ist Künstliche Intelligenz (KI) in Kombination mit Röntgengeräten. Die KI erkennt Fehlstellen im Holz und berechnet automatisch, welche Bretter wie aus dem Stamm geschnitten werden sollen. Jedes Brett wird schon vor dem Aufsägen des Stamms individuell erfasst, denn es hat eine spezielle Maserung, vergleichbar mit dem Fingerabdruck beim Menschen, und mit Röntgen-Sortiergeräten in späteren Prozessschritten sofort wiedererkannt. „Das ist wichtig für die Nachverfolgung, zum Beispiel zur Erfüllung des neuen Lieferkettengesetzes“, sagt Themessl. Diese aufwändigen Technologien können allerdings nur große Unternehmen wirtschaftlich betreiben.
Kathrin Zuckerstätter, Holzbaufachberaterin proHolz Steiermark
© proHolz Steiermark
Der Holzbau wurde durch Building Information Modelling (BIM), die digitale Arbeitsmethode im Bauwesen, sowie durch den maschinellen Fortschritt und die dadurch entstandene Möglichkeit, in einem sehr hohen Grad präzise vorzufertigen, modernisiert, sagt Kathrin Zuckerstätter, Holzbaufachberaterin bei proHolz Steiermark. Auch die Entwicklung neuer Holzbausysteme und -produkte habe dazu beigetragen, dass vor allem im mehrgeschoßigen Bau Projekte in Holzbauweise gut und nachhaltig umsetzbar seien.
Themessl nennt als Meilenstein die Entwicklung des Brettsperrholzes Anfang der 1990-er Jahre. Nun gehe es um die Optimierung des Systems, wie die Veredelung der Oberflächen oder den ressourceneffizienten Einsatz des Materials. Hohlkastenelemente oder die Verbindung der Fichte mit anderen, schneller wachsenden Holzarten zählen zu den Überlegungen, so Themessl. Denn die Fichte wird in Zukunft nicht mehr in dem Ausmaß wie heute zur Verfügung stehen. In Deutschland schließen bereits Sägewerke, weil zu wenig Fichte vorhanden ist. Ein Baum der Zukunft könnte die Birke oder der rasch wachsende Blauglockenbaum, die Paulownia, sein. Sie erreicht in zehn Jahren einen Durchmesser von 30 Zentimetern.
Zuckerstätter rechnet damit, dass die Vorfertigung, aber auch der Einsatz von Technologien wie 3D-Modellierung oder CNC-Fräsen immer wichtigere Faktoren werden. „Und der Holzbau darf sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen, sondern es muss immer eine Weiterentwicklung geben“, meint sie. „Welche Rolle KI im Baubereich einnehmen wird, ist noch schwer abzuschätzen. Sinn macht es, sie für noch mehr Effizienz im Holzbau zu nutzen, indem wir den Materialeinsatz weiter optimieren und den Energieverbrauch von Holzgebäuden intelligent steuern“, so Zuckerstätter.
Weiters sollen Hybridformen mit Metall oder Beton oder neue Verbindungstechnologien auch neue Einsatzmöglichkeiten eröffnen. Timber Structures 3.0 (TS3) nennt sich beispielsweise eine dieser Verbindungen, bei der Brettsperrholz stumpf und stirnseitig mit einem Spezialklebstoff verbunden wird. In Australien erfunden und in der Schweiz weiterentwickelt wurde „Scrimber“. Dabei werden Baumstämme gewalzt und es entstehen lange Stränge, die zu Platten verklebt werden. Bei dieser Technologie kann alles verwendet werden, was verholzt ist. „Das bedeutet perfekten Ressourceneinsatz, weil 100 Prozent des Materials verwertet werden“, sagt Themessl.
Holzmodifikationen sind ein weiteres Forschungsfeld und – so Themessl „eine spannende Technologie“ –, die dem Rohstoff aus dem Wald zusätzliche Einsatzmöglichkeiten erschließen soll. Uhrengehäuse oder verbesserte Autoteile sind nur ein Teil davon. Bioökonomie ist ebenfalls ein weites Feld der Forschung, bei dem Lignin im Mittelpunkt steht. Klebstoffe und eine Autobatterie wurden beispielsweise daraus entwickelt. Pflanzenkohle eignet sich als gebundener Kohlenstoff für Pharmazie, Lebensmittel oder Futtermittelzusatz. In all diesen Bereichen gebe es in der Markt- und Zielgruppenanalyse und bei der innovativen Produktentwicklung, Ideenfindung für Produkte Einsatzmöglichkeiten für KI. Die Entwicklung hat gerade erst begonnen.