© Florian Lierze
Wirtschaft
20.05.2021

Nachfrage nach Holzprodukten ist weltweit sehr hoch

Interview mit Herbert Jöbstl, Obmann des Fachverbands der Holzindustrie Österreichs.

advantage: Im Fachverband der Holzindustrie sind alle Branchen zusammengefasst. Welche erleben in den Phasen der Lockdowns einen Aufschwung, welche haben Probleme?

Herbert Jöbstl: Für die gesamte Holzindustrie mit fast 1.300 Unternehmen ist eine einheitliche Bilanz für das COVID-Jahr schwer zu ziehen. In unseren Gruppen Holzbau, Möbel- und Plattenherstellung, der Sägeindustrie und der Skiproduktion gibt es Licht und Schatten. Nach den dramatischen Geschäftseinbrüchen im Frühjahr 2020 hat sich ab dem Sommer in vielen Bereichen ein Nachholbedarf eingestellt, welcher bis zum Jahreswechsel angehalten hat. Momentan erleben wir eine außergewöhnliche Nachfrage nach Schnittholz und Holzbauprodukten.

Die Schnittholzproduktion ist in den vergangenen Jahren aufgrund des Kalamitätenholzes gestiegen. Hält der Trend an?

2020 hat es etwas weniger Kalamitätsholz gegeben als in den Vorjahren, dafür stieg die Frischholzernte wieder. Die Politik und die Branche haben in den vergangenen Monaten viel getan, um Schadholz besser nutzen zu können. Zum Beispiel werden nun Nasslager gefördert, das hilft den Waldeigentümern und der Industrie. 2020 ist die Produktion, COVID-bedingt, zu den Vorjahren leicht gesunken.

Ist der Facharbeitermangel nach wie vor ein Thema?

Als wichtiger Arbeitgeber, auch in strukturschwachen Regionen, beschäftigt die Holzindustrie gut ausgebildete und qualifizierte Fachkräfte. Diese bilden das Rückgrat der produzierenden Betriebe und werden immer gesucht. Deswegen sind wir als Branche auch selbst aktiv, zum Beispiel in unserer Kaderschmiede, dem Holztechnikum Kuchl oder mit der Kampagne „genialer Stoff“. Als High-Tech- und Zukunftsindustrie brauchen wir Fachkräfte, die in einer digitalisierten Welt bestehen sowie auch die ökologischen Chancen sehen und begreifen. Daher brauchen wir von der Politik Maßnahmen für ein positives Image von Lehrlingen und ein Entgegenwirken des Lehrlings- und Fachkräftemangels in der Industrie.

Wie entwickeln sich die Preise auf dem Holzmarkt?

Eine dynamisch gestiegene Nachfrage nach Holzprodukten aller Art und Verzögerungen in der Rohstoffversorgung in einigen Regionen Österreichs führen momentan – trotz des hohen Produktionsniveaus der Holzindustrie und rückläufigen Exports – zu steigenden Preisen und längeren Lieferzeiten. Der Heimatmarkt hat für uns Priorität, und wir wollen die Versorgung langjähriger Kunden gemeinsam gewährleisten. Derzeit übersteigt die Nachfrage das Angebot. Wir gehen davon aus, dass sich die Rohstoffversorgung der Säge- und Holzindustrie verbessern wird.

Wie entwickelt sich der Export?

Der Export sichert unsere Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit, besonders in den ländlichen Regionen. So haben die Platten- und Skiproduktion jeweils eine Exportquote von 80 Prozent. Auch Möbel- und Holzbauprodukte aus Österreich sind europa- und weltweit gefragt. Über alle Branchen hinweg haben wir eine Exportquote von über 60 Prozent vorzuweisen. Traditionell sind wir der zweitgrößte Devisenbringer der österreichischen Wirtschaft. Weltweit ist die Nachfrage nach Holzprodukten derzeit sehr hoch und die Lager sind auf extrem niedrigem Niveau. Aufgrund der starken Nachfrage im Inland ist der Export beim Schnittholz derzeit rückläufig und im Jänner im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent gesunken.

Erkennen Sie bestimmte Trends im Holzbau?

Viele politische Vorgaben, besonders die ambitionierten Klimaschutzziele der EU und Bundesregierung, sprechen klar für eine intensivere Holznutzung, gerade im Baubereich. So hat auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im September 2020 das Bauen mit Holz als Teil der EU-Dekarbonisierung-Strategie hervorgehoben. Durch intensive Forschung und die aktuelle Normung stellen etwa Brandschutz und Schallschutz keine Nachteile von Holz gegenüber anderen Baumaterialien mehr dar. Daher werden wir im mehrgeschoßigen Holzbau ständig neue Dimensionen erschließen.

In Sachen Digitalisierung werden mit Building Information Modeling (BIM) neue Maßstäbe in der Vernetzung von Informationen sowie in Planungs- und Entscheidungsprozessen gesetzt. Auch in der Belieferung unserer Kunden nutzen wir Digitalisierung. So werden beispielsweise Bauteile ab Werk mit QR-Codes oder RFID-Chips versehen, die an der Baustelle gescannt und zielgenau abgeladen werden.

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