© Dominik Lange/Unsplash
Gesundheit
08.06.2022

„Nachhaltiges Wirken erfordert, über den Tellerrand hinaus zu schauen“

Nachhaltigkeit ist ein Thema, das alle Menschen betrifft und auch in alle Lebensbereiche hineinwirkt. Ein Beispiel hierfür ist die Nachhaltigkeit in der Pflege, die immer mehr an Stellenwert gewinnt.

„Es beginnt bei Gebäuden“

Nachhaltigkeit ist unteilbar und findet sich daher auch im Pflege- und Gesundheitsbereich wieder – und Nachhaltigkeit hat in diesem Bereich viele Ausprägungen. „Es beginnt wie überall bei energieoptimierten Gebäuden, die Hälfte unserer Einrichtungen hat schon Photovoltaikanlagen am Dach. Im Innenbereich hat Energiesparen bei Elektrogeräten und Beleuchtung längst Einzug gehalten. Alle unserer Einrichtungen werden mit erneuerbarer Energie geheizt“, verrät Hubert Stotter, Rektor der Diakonie de La Tour.

Nachhaltiges Pflegekonzept

Ein nachhaltiges Pflegekonzept heißt für die Diakonie de La Tour auf die Selbst­bestimmung und Aktivierung jener ­Menschen, die bei ihnen wohnen, besonders zu achten. „Wir haben Alltagskompetenztrainer im Einsatz und wollen so körperliche und kognitive Fähigkeiten erhalten. Auch sind in unseren Häusern Psychologen im Einsatz, die Menschen begleiten. Um nachhaltig wirken zu können brauchen wir besonders unsere Mit­arbeiter. Schulungen, die Reduzierung von Belastungen, Gesundheitsvorsorge und gemeinsam gestaltete Verbesserungsprozesse sind daher besonders wichtig“, so Stotter. Das Thema Pflege wird uns alle immer stärker beschäftigen und muss nachhaltig – in all seinen Ausprägungen – gedacht werden, ist sich Stotter sicher. „Das fängt bei der Gesundheitsvorsorge an, geht über differenzierte Angebote je nach Bedarf bis hin zu einem grünen Denken in Beschaffungsprozessen und Einrichtungsgestaltungen.“

Hierbei geht es darum, sich mit den Bedingungen des Klientels, der Einrichtung, dem Arbeitgeber, den Arbeitsbedingungen und den persönlichen Voraussetzungen auseinanderzusetzen. Vorhandenen Ressourcen zu prüfen und sich Ziele zu setzen, um mit den vorhandenen Ressourcen verantwortungsbewusst umzugehen. Diese Ziele sind orientiert an der Umwelt, der Zukunft und den ökonomischen und sozialen Bedingungen. Nachhaltigkeit in der Pflege bedeutet einen Nutzen für alle Beteiligten zu schaffen. Denn, an vielen Stellen in Pflegeheimen oder in Krankenhäuserin gibt es Möglichkeiten, etwas für die Umwelt zu tun und somit nachhaltig zu handeln.

Hubert Stotter, Rektor der Diakonie de La Tour

Moralische Verpflichtung

Auch Otto Scheiflinger, Eigentümer und Geschäftsführer der „Wie daham...“ Senioren- und Pflegezentren, sieht die Nachhaltigkeit in der Pflege als wichtiges Thema: „Im Sinne eines verantwortungsvollen Unternehmertums sehe ich es als moralische Verpflichtung, für ein soziales und ökologisches Umfeld Sorge zu tragen. Wir unterhalten aktive Kooperationen mit ortsansässigen Dienstleistern und Lieferanten, unterstützen so die regionale Wirtschaft rund um unsere Standorte und schonen gleichzeitig die Umwelt.“

Achtsames Wirken

Auf Regionalität wird auch in den Küchen großer Wert gelegt, in denen größtenteils saisonal gekocht wird. Ein bedachter Umgang mit Ressourcen wie Energie und Wasser, ist neben den unternehmensübergreifenden Maßnahmen, ein wichtiger Aspekt, den jede Fachkraft eigenhändig in den Arbeitsalltag einbringt. „Nachhaltiges, achtsames Wirken erfordert, auch über den Tellerrand hinaus zu schauen und das große Ganze im Blick zu haben. Diesen Auftrag erfüllt „Wie daham...“ seit bald 30 Jahren – ich bin stolz, dass die österreichweit elf Senioren- und Pflegezentren, in denen 1.250 Bewohner liebevoll umsorgt werden und 950 Mitarbeiter beschäftigt sind, einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten“, so Scheiflinger.

Otto Scheiflinger, Eigentümer und Geschäftsführer der „Wie daham...“ Senioren- und Pflegezentren

Mit Herz, Hirn und Humor

„Wir haben es im Pflege- und Gesundheitsbereich vor allem mit Menschen zu tun, mit deren jeweiligen Herausforderungen, Gebrechlichkeit und Vulnerabilität, eingebettet in das Lebensganze. Das jeweils einzigartige Leben vom Ende her betrachtet ist eine absolute Aufforderung, alles zu tun, um den nächsten Generationen und die von ihnen zu bewohnende Erde zu erhalten“, erklärt Brigitte Stocker, Betreiberin und Geschäftsführerin des Tageszentrums Möllbrücke. Das Team des Tageszentrums versucht jeden Tag aufs Neue, den zu pflegenden Menschen und deren Angehörigen mit der gebührenden Achtsamkeit und Respekt zu begegnen. „So dass jeder Tag die Chance hat, ein guter Tag zu werden. Wir nehmen unser Gegenüber in den Blick, schenken ihm Ansehen und leben nach dem Motto „H3“, mit Herz, Hirn und Humor. Wir achten im Team auf den anderen, helfen einander und als Vorgesetzte ist es mein Bestreben, die einzelnen Mitarbeitenden zu unterstützen, ihre Lebensziele ­zu erreichen. Wertschätzung ist Wertschöpfung“, so Stocker.

Ressourcenschonend in allen Bereichen

Der Betreiberin und Geschäftsführerin des Tageszentrums Möllbrücke ist es wichtig, in allen Bereichen ressourcenschonend zu arbeiten, auf Regionalität zu achten und eng mit ortsnahen Lieferanten und Dienstleistern im Sinne einer „Caring Community“ zusammenzuarbeiten. „Besonders vor dem aktuellen Hintergrund der Corona-Pandemie mit den strengen Hygienevorschriften ist festzustellen, welch enorme Mengen an Plastikmüll durch Desinfek­tionsmitteleinsatz, Hygieneartikel und doppelt und dreifach verpacktes Testmaterial anfallen.“

Brigitte Stocker, Betreiberin und Geschäftsführerin des Tageszentrums Möllbrücke

Prävention und Vorsorge

Auch Gesundheitsreferentin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner sieht in der Nachhaltigkeit im Gesundheits- und Pflegebereich einen besonders hohen Stellenwert. „Stichwort Prävention, Stichwort Vorsorge, Stichwort vorausschauende Investitionen! Wenn ich also im Vorfeld investiere, um meine Gesundheit möglichst lange zu erhalten, dann passiert das zum persönlichen Wohl jedes einzelnen Menschen. Im Großen und Ganzen gesehen, verringert man damit die Ausgaben für sehr kostenintensive Behandlungen von Krankheiten. Das trifft auch immer mehr auf den Bereich der mentalen und psychischen Gesundheit zu“, erklärt Prettner.

Gewinn für jeden Beteiligten

Im Pflegebereich hat Kärnten mit der ­Pflege-Nahversorgung einen präventiven Meilenstein gesetzt. Der Bund zieht jetzt österreichweit mit den Community Nurses nach. „Sehr wichtig ist mir als Gesundheitsreferentin die betriebliche Gesundheitsförderung, die auch in Pflegeheimen umgesetzt werden kann. Wir fördern gesundheitsbewusste Maßnahmen, um das physische und psychische Wohl der Mit­arbeiter zu stärken. Das beginnt ganz lapidar mit dem Angebot von gesundem Essen in den Kantinen der teilnehmenden Betriebe.“ Auch in der Pflege verstärkt auf das Thema Nachhaltigkeit zu setzen, ist für die Gesundheitsreferentin ein wichtiger Punkt: „Weil es für jeden Beteiligten mit einem Gewinn einhergeht. Vor allem bedeutet es ein Mehr an Lebensqualität für den zu Pflegenden.“

Beate Prettner, Gesundheitsreferentin und Landeshauptmann-Stellvertreterin

Hohe Anforderungen

Irene Mitterbacher, Fachgruppenobfrau für Personenberatung und Personenbertreuung der WK Kärnten erklärt: „Die beruflichen und privaten Anforderungen sind hoch. Es gibt zu kurze Regenerationsphasen und zu wenig Achtsamkeit für die eigenen Bedürfnisse. Kurzzeitige Stressphasen im Beruf oder im Privatleben sind üblich.Die Ursachen sind meist vielseitig ob Stress , Burn-out, Work-Life Balance, Mobbing, Krankheit, Bewegung und Ernährung, um nur einige aufzuzählen, mit denen wir, ob wir es wollen oder nicht, immer wieder konfrontiert werden Und gerade in jenen Zeiten, in denen wir unsere Mitte verloren haben, in Zeiten der Veränderungen, kann es sehr förderlich sein, eine Expertin oder einen Experten zur Seite zu haben.“

Veränderungen in der Arbeitswelt

Auch Unternehmen reagieren auf die vielen Veränderungen in der Arbeitswelt und bieten ihren Mitarbeitern in schwierigen Situationen externe Supervision an. „Das ermöglicht eine Reflexion des beruflichen Handelns und der beruflichen Identität. In der Supervision berichten die Klienten über ihre Beobachtungen, Verhaltensweisen und Beziehungen zu Personen und Situationen in ihrem Arbeitsleben. Es werden Aufgaben, Rollen und Funktionen geklärt und gleichzeitig Mobbing und Burnout vorgebeugt“, so Mitterbacher.

Irene Mitterbacher, Fachgruppenobfrau für Personenberatung und Personenbertreuung der WK Kärnten
Schlagwörter