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Leben
30.12.2022

Ohne Werte keine Zukunft

Das frühzeitige Beschäftigen mit Trends kann Unternehmen helfen nachhaltigere und resiliente Prozesse zu entwickeln. Zukunftsforscher Eike Wenzel im Interview.

Trendforscher Eike Wenzel erzählt im Zukunftsgespräch mit advantage mit welchen Megatrends sich Unternehmen jetzt aktiv auseinandersetzen sollten und beleuchtet dabei auch die Rolle der Medien.

advantage: Was bedeutet für Sie nachhaltiges und achtsames Handeln?

Eike Wenzel: Nachhaltiges und achtsames Handeln heißt nicht, dass man per se wachstumskritisch ist, sondern es heißt, dass wir uns in den nächsten Jahren klar machen müssen, welche Werte für uns in der Gesellschaft verpflichtend sind. Es ist verpflichtend, dass wir den Klimawandel anpacken. Es ist verpflichtend, dass wir uns nicht gegenseitig totschlagen, usw. Wir brauchen diese Werte, um den Weg einer sozial-ökologischen Transformation zu gehen.

Was sind die wichtigsten Megatrends, die jedes Unternehmen angehen sollte?

Klimawandel, Energiewende, Rohstoffunsicherheit, demografischer Wandel und die Digitalisierung - das sind aus meiner Sicht DIE fünf wichtigsten und einflussreichsten Trends, die Unternehmen angehen müssen. Nicht nur irgendwelche ­Corporate Social Responsibility (CSR) Studien schreiben, sondern sich auf allen Prozessebenen klar machen, dass der ­Klimawandel alles bei Unternehmen verändert.

Dr. Eike Wenzel gilt als einer der renommiertesten deutschen Trend- und Zukunftsforscher. Er ist Leiter des ITZ - Institut für Trend- und Zukunftsforschung, dem deutschlandweit ersten Trendforschungsunternehmen, das an einer Hochschule angesiedelt ist und wissenschaftliche Forschung betreibt.

Wie können Unternehmen die Zukunft planbar machen?

Dadurch, dass sie sich mit Trends beschäftigen. Das heißt, dass sie sich die wichtigsten Megatrends anschauen, sich überlegen, was mit Digitalisierung auf sie zukommt, was mit der Alterung der Gesellschaft, mit dem Klimawandel, der Energiewende, der Rohstoffproblematik auf sie zukommt. Dass sie sich frühzeitig darüber Klarheit verschaffen und versuchen zu reagieren und danach ihre Strukturen und ihre Projekte ausrichten. Und dadurch kann man sich tatsächlich auf die Zukunft vorbereiten. Das sind Frühwarnsysteme, an denen wir arbeiten wollen.

Was können die Medien beitragen, dass dieser Transformationsprozess gelingt?

Die Medien haben dabei eine enorm wichtige Aufgabe, müssen sich aber klar machen, dass es immer komplexer wird durch das Internet: Angesichts der Fakenews-Gefahr wird es immer schwieriger seriös zu arbeiten. Ich gehe aber davon aus, dass es in den nächsten Jahren den klassischen Medien besser gehen wird, weil wir in unserer Gesellschaft schon eine Tendenz haben, dass wir merken, wir müssen aus dieser Fakenews-Welt raus und andere Wege gehen. Für die Medien gilt mehr denn je, dass sie die Aufgabe haben für die Menschen Zusammenhänge aufzubereiten und dadurch Diskussionen ermöglichen, sodass der Staatsbürger für sich selbst in der Lage ist Strukturen zu erkennen und Entscheidungen zu treffen. 

Welche Rolle spielen die Printmedien?

Print hat – auch weil es eine Gewohnheit ist von uns – eine Daseinsberechtigung. Man weiß, dass man den Doppelpass mit Digital auf alle Fälle spielen muss. Nach rund zehn wilden Jahren in Social Media kommen wir aber wieder an den Punkt, wie wichtig es ist für unsere Gesellschaft –auch für die Wertebildung – dass wir mit vernünftigen und tauglichen Informationen arbeiten. 

Wie sehen sie die aktuelle Situation? Wo würde es sich lohnen, ein Schräubchen zu drehen?

Bezogen auf Deutschland ist es so, dass diese sozial-ökologische Transformation bei Unternehmen – weil es auch Geld kostet, wenn sie jetzt schlafen – vorher angekommen ist, als bei der Politik. Ich glaube, wir müssen es in den nächsten Jahren schaffen, dass tatsächlich Regierungen klüger werden und den Unternehmen helfen über weitblickende Grundlagenforschung, dass sie mit relativ geringem Risiko in diese neuen Technologien, die Nachhaltigkeitstechnologien sein werden, einsteigen und dort tatsächlich für eine neue Form des Wachstums sorgen. Was wir auf allen Märkten in den nächsten Jahren machen müssen, ist, dass wir weiter zumindest moderates Wachstum anstreben und dieses Wachstum immer mehr vom Naturverbrauch entkoppeln müssen. Das heißt, wir müssen das effizienter machen und weniger Energie dabei verbrauchen. Und diese Entkoppelung von Wachstum und Naturverbrauch, das muss in jeder Branche beherzigt werden. Das ist eigentlich DIE Formel für diese sozial-ökologische Wende. 

Glauben Sie, dass wir mit den SDGs und dem Green New Deal die Klimaziele erreichen werden?

Das ist der richtige Plan bis 2050, diesen Plan müssen wir gehen. Der Plan zwingt uns dazu einen Schritt vorwärts und zwei zurück zu gehen. Das ist bei vielen Entwicklungen so. Wir haben schlicht und einfach keine andere Wahl. Wir müssen in den nächsten Jahren kreativ sein angesichts von planetaren Grenzen, das ist die Anforderung, die wir haben zumal dahinter auch ein nachhaltiges und kluges Wachstumsprojekt steht. Für die Unternehmen ist das der Pfad für die nächsten Jahre.

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