Petra Petschar liebt die Arbeit mit Obst. Bereut hat sie die Übernahme der Destillerie nie. – Foto: Privat
Wirtschaft
05.03.2021

Petra Petschar brennt den goldenen Gin

Der beste österreichische London Dry Gin kommt aus Kärnten! Petra Petschar reichte ihre Version der Destillerie Jesche beim World Gin Awards zum zweiten Mal ein und gewann Gold. Und sie hat noch viele Ideen…

Das hätte sie selbst nicht erwartet: Nach der Bronzemedaille vor einem Jahr bei den englischen World Gin Awards wollte es Petra Petschar erneut wissen und reichte ihren eigenen London Dry Gin beim Wettbewerb ein. Diesmal wurde es die „Goldene“ und dabei gab es so viele Einsendungen wie noch nie. Damit spielt Petschar wohl in der oberen Liga mit. „Und davor habe ich eigentlich Angst“, gibt Petschar zu. „Ich kann nicht so arbeiten wie große Destillerien, der Tag hat nur 24 Stunden“, so die dreifache Mutter – sie betreibt die Destillerie Jesche in Winklern bei Treffen ganz alleine. Mit Erfolg.

Die Anfänge

Die Destillerie Jesche im Gegendtal war sehr bekannt. Jahre nach Wilhelm Jesches Tod starb auch Petra Petschars Großmutter – sie war in den 50er-Jahren bei den Jesches in Landwirtschaft und Gastronomie beschäftigt. „Als meine Oma verstarb, trat man an meinen Mann heran. Über Jahre hat man keinen Nachfolger für Wilhelm Jesche gefunden, es traute sich niemand drüber.“ Die Petschars schon – mit im Boot ist ein Geschäftspartner von Helmut Petschar, Kärntnermilch-Chef. „Rudolf Tischner macht alles, was im Haus so anfällt, etwa die Elektrik, mein Mann kümmert sich ums Marketing und ich brenne eben Schnaps“, erzählt Petra Petschar die ganze Story sehr vereinfacht. Denn einfach war es wahrlich nicht…

Stolpersteine

„Hätte ich vorher gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich es wohl nicht gemacht“, erzählt sie über Stolpersteine wie eine fehlende Betriebsstättengenehmigung, bauliche Probleme und eine kaputte Steuerung der Destille, die sich erst beim Probelauf im März 2019 offenbarte. Allein die neue Steuerung kostete so viel wie ein Kleinwagen.

Der eigene Gin musste es sein

Petschar, vorher bei Infineon als Teamassistenz in Forschung und Entwicklung tätig, belegte Kurse bei den Landwirtschaftskammern Kärnten und Salzburg und auf der Universität Hohenheim bei Stuttgart, auch ein namhafter deutscher Brennmeister griff ihr unter die Arme. „Von ihm habe ich in kurzer Zeit viel gelernt. Er war es auch, der mich auf die Anlage einschulte und die kaputte Steuerung entdeckte. Und durch ihn erfuhr ich auch, wie gefährlich das Brennen hier ist“, spricht Petschar darüber, dass sie gewisse Werte immer genau im Blick haben muss, „sonst fliege ich in kürzester Zeit in die Luft“.

Besagter Brennmeister schlug vor, zur Probe einen Weinbrand zu machen. „Doch damit konnte ich nichts anfangen. Ich wollte meinen eigenen Gin, meine eigene Linie – mit ganz bestimmten Gewürzen und Früchten.“

Gesagt, getan. Heraus kam der prämierte London Dry Gin. London Dry ist quasi die höchste Qualitätsstufe bei Gin, denn hierbei brennt man nur die Botanicals, mit Aromen wird nicht gearbeitet.

Doch Petschar hat ihren London Dry auch schon „veredelt“ – es gibt ihn für Damen, etwas lieblicher mit Himbeere, oder als Weihnachts-Edition mit Zimt, Orange und Dörrzwetschken.

Sauberkeit und Genauigkeit

Wichtig ist ihr, nur das beste Obst zu verwenden. „Ich verarbeite Tafelobst, niemals Fallobst. Sobald etwa ein Apfel dreckig ist, hat man bei der Vergärung ein Problem, obwohl er gewaschen wird. Man muss sauber und genau arbeiten, sonst erhält man kein gescheites Produkt.“ Sie achtet penibel darauf, wo das Obst herkommt, dass es von Hand gepflückt wird. Und sie lässt das Obst meist nachreifen, achtet genau auf Zuckerwert und Reifegrad – und verarbeitet es erst zum perfekten Zeitpunkt. Außerdem brennt sie in abklingender Gärung, damit keine Fehlgärung passieren können und die Fülle an Aromen erhalten bleibt.

Es sei ein ständiges Lernen, das Schnapsbrennen. „Es geht ums Ausprobieren und es ist ein teures Hobby. Letztes Jahr habe ich Kirschen im Wert von 2.500 Euro versemmelt.“

Der Tradition auf der Spur

Qualität ist das eine, Petschar möchte auch traditionelle Rezepte wiederbeleben. So wird ihr Kräuterbitter nach uraltem Apotheker-Rezept der Apotheker-Familie Bachitsch aus Villach hergestellt – mit 22 Kräutern. Kenner sagen: Das ist Medizin!

Erhältlich sind Spirituosen der Destillerie Jesche mittlerweile in der gehobenen Gastronomie, in Genussläden (sogar in Wien), in den Hirter-Bieratheken, im eigenen Online-Shop und natürlich vor Ort in der Destillerie.

In der Destillerie selbst sind Verkostungen möglich, die Räumlichkeiten kann man auch für private Zwecke mieten.   

Kein Zwang nach mehr

Ideen hat Petra Petschar noch unzählige. „Im April würde ich gerne mit einer kleinen Brauerei zusammenarbeiten, die mir alles für Whisky vorbereitet, sodass die Gärung bei mir im Haus erfolgt.“ Auch an einen Rum will sie sich heranwagen, beim Weichselbrand vertiefen und Kriecherln wären auch ein Wunsch, wenn sie auch schwer zu bekommen sind. „Außerdem hätte ich gerne meine eigene kleine Zwetschken-Plantage, damit ich sie so verarbeiten kann, wie ich will.“

Ein bisschen wachsen will Petschar also noch: „Doch es soll keine Belastung sein, sondern immer Freude, kein Zwang nach mehr. Fängt man an zu stressen, leidet die Qualität.“

Und wenn sie noch einen Wunsch frei hätte? „Ich hätte gerne jemanden, der mich beim Abfüllen unterstützt. Und perfekt wäre, wenn jemand Interesse hätte, dass ich ihn auf die Anlage einschule. Dann würden sich endlich zwei Personen auskennen“, lacht die Powerfrau.

Der prämierte London Dry Gin der Destillerie Jesche – Foto: Privat

Im Sortiment der Destillerie Jesche:

  • Edelbrände: Marille, Apfel, Obstler, Quitten, Himbeer, Südtiroler Williamsbirne, Zwetschke, Weichsel
  • Gin: London Dry, London Dry Himbeer, London Dry Zwetschke
  • Spirituosen: Kräuterbitter, Zirbe

Mehr: destillerie-jesche.at

Petra Petschar liebt die Arbeit mit Obst. Bereut hat sie die Übernahme der Destillerie nie. – Foto: Privat
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