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Gesundheit
26.03.2025

PräNUDGE: Digitale Moti­vation für ein gesundes Leben

Die Bevöl­kerung zu gesundheits­fördernden Verhaltens­weisen animieren und so die Anzahl gesunder Lebens­jahre erhöhen – so das Ziel eines neuen Forschungs­projekts der JOANNEUM RESEARCH.

Obwohl die Lebenserwartung österreichweit steigt, bleibt die Anzahl gesunder Lebensjahre im europäischen Vergleich gering. Trotz eines erhöhten Bewusstseins für Gesundheitsförderung und Prävention fehlt in der Bevölkerung oft die Motivation, aktiv präventive Maßnahmen zu ergreifen. Ein kürzlich gestartetes FFG-Projekt namens PräNUDGE verfolgt das Ziel, die Anzahl gesunder Lebensjahre in Österreich zu erhöhen. Realisiert werden soll dies durch die Kombination von evidenzbasierter Gesundheitsförderung mit Nudging-Strategien – sprich, dem gezielten Anstoßen von Verhaltensänderungen in der Bevölkerung. Koordiniert wird das Projekt von JOANNEUM RESEARCH HEALTH in Graz.

Nicht profit­orientierte Plattform

Digitalisierung in der Medizin ist derzeit ein heißes Thema. Im Gegensatz zu kommerziellen Fitness- und Gesundheits-Apps liegt der Mehrwert von PräNUDGE vor allem darin, Gesundheitsdaten auf einer nicht profitorientierten Plattform zu integrieren. Projektleiter und HEALTH-Institutsdirektor Franz Feichtner erklärt: „Wir entwickeln im Rahmen des Projekts eine Plattform zur Integration standardisierter Lebensstildaten aus Apps. So sollen Gesundheitsdienstleister und öffentliche Institutionen verfügbare Daten besser für die Präventionsarbeit nutzen können und eine nachhaltige präventive Gesundheitspolitik gefördert werden.“

Das Ziel des Projektes besteht darin, einen gesellschaftlichen Nutzen zu schaffen und Prävention langfristig im öffentlichen Gesundheitssystem zu verankern. Dabei hängt der Wert von Daten unter anderem von deren Qualität und Interoperabilität ab. Weshalb im Rahmen des Projekts ein Qualifizierungsprozess für Gesundheits-Apps entwickelt wird, der nicht nur die Nutzbarmachung der Daten garantiert, sondern auch die Vertrauenswürdigkeit der Apps in der Bevölkerung erhöhen soll. PräNUDGE basiert auf einer modularen, interoperablen Plattform, die Gesundheitsdaten aus unterschiedlichen Quellen bündelt. Qualifizierte Apps bilden dabei die Schnittstelle zwischen User:innen und der Plattform. Die Grundlagen der Apps werden von vier österreichischen Unternehmen  – Medicus AI, dccx, telbiomed und Kurvenkratzer – generiert.

„Wir erstellen im Projekt ein Konzept für einen Austrian Lifestyle Health Data Space, der Daten aus beste­henden Daten­silos integrieren soll.“

Franz Feichtner, JOANNEUM RESEARCH HEALTH

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Personalisierte Gesundheits­tipps per App

Dass digitale Lösungen das Gesundheitsverhalten von Menschen durch „Nudging“ – das gezielte Anstoßen von Verhaltensänderungen – nachhaltig beeinflussen können, zeigen internationale Studien. PräNUDGE nutzt diese Erkenntnisse, um gezielte Empfehlungen zur Gesundheitsförderung zu entwickeln. In einem eigenen Arbeitspaket unter der Leitung von Susann Fiedler vom Institut für Cognition & Behavior an der Wirtschaftsuniversität Wien werden mithilfe eines Bürgerbeteiligungsprozesses personalisierte, motivationsfördernde Ansprachen für Apps erforscht und vertrauensfördernde Merkmale von Gesundheitsplattformen identifiziert, um folglich eine hohe Akzeptanz und Nutzung zu gewährleisten.

Auf lange Sicht ist geplant, die Plattform im österreichischen Gesundheitswesen zum implementieren. Verantwortlich dafür ist das Future Health Lab (FHL) in Partnerschaft mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem vom Impact Hub Vienna 2023 gegründeten „Innovationszentrum für die Gesundheitsversorgung der Zukunft“. Dabei leitet das FHL ein Arbeitspaket, das sich in einem Multi-Stakeholder-Prozess ausschließlich der nachhaltigen Nutzung der Ergebnisse und deren Implementierung in die präventive Gesundheitspolitik widmet.

Digitale Expertise durch HEALTH

Als ein zentraler technischer Partner im Projekt PräNUDGE agiert HEALTH, das Institut für Biomedizinische Forschung und Technologien der JOANNEUM RESEARCH. Dabei bringt das Institut seine Expertise in den Bereichen Datenanalyse, künstliche Intelligenz und digitale Gesundheitslösungen ein. Gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) sorgt das Team um Franz Feichtner für die datenschutzkonforme Verarbeitung und Speicherung der erfassten Informationen. Zudem trägt JOANNEUM RESEARCH zur Optimierung der Plattformarchitektur bei und stellt zusammen mit dem AIT sicher, dass die gesammelten Daten für wissenschaftliche und gesundheitspolitische Zwecke nutzbar gemacht werden können. „Wir erstellen im Projekt ein Konzept für einen Austrian Lifestyle Health Data Space, der Daten aus bestehenden Datensilos integrieren soll“, so Feichtner.

Vorteile für Medizin­er:innen

Auch für medizinisches Fachpersonal soll PräNUDGE künftig einen entscheidenden Mehrwert schaffen. Während präventionsrelevante Daten – etwa Bewegungs-, Ernährungs-, Schlaf- oder psychische Gesundheitsinformationen – aktuell oft nicht vorliegen, könnte die systematische Erfassung und Bereitstellung solcher Daten im Rahmen des PräNUDGE-Systems medizinische Entscheidungen deutlich verbessern. So wären beispielsweise Alkoholkonsum oder Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz nicht mehr rein isoliert, sondern im Kontext anderer Gesundheitsparameter ersichtlich.

Um möglichst konkrete, verwertbare Ergebnisse zu generieren, braucht es einen gewissen Fokus – weshalb sich PräNUDGE zunächst gezielt an Jugendliche und Kinder, Arbeitslose sowie Berufstätige richtet und sich auf die Erhebung von Gesundheitsdeterminaten konzentriert, welche die Entwicklung von Diabetes, Darmkrebs, Depression und COPD beeinflussen. In Zukunft könnte die Plattform aber natürlich auch auf andere Nutzergruppen sowie weitere Krankheiten ausgedehnt werden.

WISSENSWERT

Projektpartner und Finanzierung

PräNUDGE ist ein gemeinschaftliches Forschungsprojekt mit Beteiligung von 14 österreichischen Partnern aus Wissenschaft, Gesundheits- und Technologieunternehmen. Es wird durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert und verfolgt das Ziel, Gesundheitsdaten im Sinne der Gesellschaft nutzbar zu machen. Beteiligt sind neben Joanneum Research: Wirtschaftsuniversität Wien, Duervation GmbH, telbiomed Medizintechnik und IT Service GmbH, FUTURE HEALTH LAB GmbH, Medizinische Universität Graz, APCA - Austrian Primary Care Association eGen, Medizinische Universität Wien, Medicus AI GmbH, AstraZeneca Österreich GmbH, Kurvenkratzer GmbH, Universität Wien, dccx GmbH, AIT Austrian Institute of Technology GmbH.

Die JOANNEUM RESEARCH ist Innovations- und Technologieanbieter im Bereich der angewandten Forschung. Als Forschungsgesellschaft der Länder und Regionen prägt sie mit ihrn Forschungskompetenzen die Entwicklung unserer modernen Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig und menschenzentriert. Das multidisziplinäre Team in flexiblen, innovationsfreundlichen Strukturen lebt höchste gesellschaftliche und wissenschaftliche Ansprüche.

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