Dominik Mühlberger, BFW
© BFW / Irene Gianordoli
Neben seiner Nutz- und Schutzfunktion hat der Wald nicht nur ausgleichende Effekte auf das Klima, sondern wirkt auch gesundheitsfördernd für den Menschen. Was in vielen Ländern bereits Gang und gäbe ist, könnte auch in Österreich bald zur Realität werden: Wald „auf Rezept“. Seit den 2000-er Jahren boomt die Forschung rund um naturbasierte Gesundheitsmaßnahmen und Interventionen, die vergleichbare Effekte erzielen können wie Medikation, Therapie oder Reha-Angebote in Innenräumen. „Zugrunde liegend kann man sagen, – und da ist sich die Wissenschaft einig und die Faktenlage gegeben – dass Waldaufenthalte sich allgemein positiv auf unsere physische, psychische und soziale Gesundheit auswirken“, weiß Dominik Mühlberger, der sich im Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) im Fachbereich Wald, Gesellschaft und Internationales u. a. dem Bereich „Green Care WALD“ verschrieben hat.
Fakten aus der Forschung
Ein Blick quer durch zahlreiche, internationale Studien verdeutlicht, welche positiven Effekte der Naturraum auf die menschliche Gesundheit hat. Bereits ein 20-minütiger Aufenthalt im Wald – wohlgemerkt ohne Einfluss von Handy und Co. – reduziert das Stresslevel und steigert den Serotoninspiegel. Regelmäßige Bewegung im Grünen leistet demnach einen wertvollen Beitrag zu mehr Wohlbefinden. Auch die „3-30-300-Grünflächenregel“ basiert auf Forschungsergebnissen und besagt: Ideal sind mindestens drei Bäume in Sichtweite von jedem Wohnraum, 30 Prozent der Außenfläche rund um jeden Wohnraum sind mit Bäumen und Grünflächen bedeckt, niemand sollte mehr als 300 Meter vom nächsten Grünraum entfernt leben, den er persönlich besuchen kann. Die „3-30-300-Regel“ untermauert demnach eine Steigerung der Lebensqualität durch Bäume und Grünflächen und könnte als Leitbild für zukunftsfähige oder gesündere Wohnraumgestaltung insbesondere im städtischen Raum fungieren. Forscher:innen aus Großbritannien haben zudem herausgefunden, wie sich Biodiversität auf die Gesundheit auswirkt: „Wenn ich mehr als fünf verschiedene Vogelstimmen in meiner Wohngegend höre, wirkt sich das stärker auf mein Gesundheitsempfinden aus, als ein finanzieller Einkommenssprung“, betont Mühlberger.
Dominik Mühlberger, BFW
© BFW / Irene Gianordoli
Mehr als Waldbaden
Das Thema Wald und Gesundheit bewegt die Menschen von jeher. Beflügelt wurde die Diskussion in Europa zweifelsohne durch ein Konzept aus Japan, das mittlerweile in aller Munde ist: Shinrin Yoku oder Waldbaden. Der Begriff Waldbaden, der zum Modewort avancierte, beschreibt das Eintauchen in die Natur, die Stille und Idylle des Waldes sowie das bewusste Wahrnehmen seiner belebenden Wirkung mit dem Ziel der (Selbst-)heilung. Es sind Fähigkeiten, die viele Menschen im Zeitalter von Globalisierung, Digitalisierung und Konsumorientierung scheinbar verlernt haben und Stück für Stück beginnen wieder zu entdecken.
Wald auf Krankenschein
Alleine, wenn wir und also im Wald bewegen, tun wir unserer Gesundheit etwas Gutes. „Verstärkt werden können die gesundheitsförderlichen Eigenschaften des Waldes, wenn die Gegebenheiten des Naturraums in Präventions- oder Therapieangebote miteinfließen. Dahingehend vermittelt der BFW-Lehrgang ,Green Care: Wald fördert Gesundheit‘ umfassendes Wissen bis hin zur konkreten Gestaltung von gesundheitsförderlichen Angeboten“, erklärt Mühlberger. Europaweit gibt es bereits immer mehr Paradebeispiele, wo naturbasierte Reha-, Therapie- oder gesundheitsfördernde Maßnahmen von der Krankenkasse zugelassen und gefördert werden. Auch in Kanada wird der Aufenthalt im National Park, der Eintritt kostet, bereits vom Hausarzt verschrieben („green prescription“ oder „social prescription“). „Das ist der nächste Schritt, den wir auch in Österreich erreichen wollen, weil das eine Diversifizierung der gesundheitsförderlichen Angebote bedeutet. Es funktioniert in vielen Ländern“, so Mühlberger abschließend.
Quellen: BFW, WHO
WISSENSWERT
Das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) widmet sich allen Aspekten des Lebensraums Wald – in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht. Wer zukünftig gesundheitsförderliche Angebote bereitstellen möchte, kann im Lehrgang „Green Care: Wald fördert Gesundheit“ vielschichtiges Know-how inkl. rechtlicher Grundlagen bis hin zur Gestaltung konkreter gesundheitsförderlicher Methoden und Angebote im Wald erwerben.
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