Kärnten müsse mehr aus seinen natürlichen Ressourcen – Holz, Wasser und Sonne – machen. Diese seien ein strategischer Wettbewerbsvorteil. – Foto: Pixabay/robo1214
Umwelt
06.04.2021

Sonne, Holz und Wasser als strategische Wettbewerbsvorteile nutzen

Für Bernhard Rebernig, Präsident des Ökosozialen Forums Kärnten, müsse Kärnten auch in Sachen Standortmarketing die verstärkte Nutzung der natürlichen Ressourcen Wasser, Holz und Sonne in einer Bioökonomie-Strategie bündeln.

Seit dem Jahr 1993 gibt es in Kärnten das Ökosoziales Forum, das sich für die Verbreitung des ökosozialen Gesellschaft- und Wirtschaftsmodells einsetzt. Bernhard Rebernig steht dem Ökosozialen Forum (ÖSF) Kärnten seit 2018 als Präsident vor. Vorrangig werden zwei Ziele verfolgt: Bewusstsein für die Positionen der ökosozialen Marktwirtschaft in der Bevölkerung schaffen und gemeinsam mit der Politik den Weg hin zu einer enkeltauglichen, nachhaltigen Wirtschaftsordnung gehen.

„Der freie Markt wird es nicht richten“, ist Rebernig überzeugt. Daher seien Rahmenbedingungen nötig, um ökologische, ökonomische und soziale Zielsetzungen in Einklang zu bringen. Ein einfaches Beispiel, dass der freie Markt allein nicht immer „funktioniert“: Je mehr wir auf Klimaschutz setzen, desto mehr sinkt etwa die Nachfrage nach Öl. Und je billiger Öl wird, desto mehr wird es wiederum eingesetzt.

Kärntens strategische Ressourcen

Erfreut zeigt sich Rebernig über die aktuellen Fortschritte beim Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG). „Auf dieses Gesetz haben wir lange gewartet, es wird ein Turbo zur Energiewende. Auch für Kärnten ist es ein sehr gutes Paket“, meint Rebernig. Kärnten müsse „noch mehr auf seine strategischen Ressourcen setzen“. Für Rebernig sind das konkret drei an der Zahl: Sonne, Wasser und Holz.

Bioökonomie-Strategie für Kärnten

Diese Ressourcen sind für ihn ein strategischer Wettbewerbsvorteil in Sachen Standortmarketing. Rebernig: „Bei den Ressorcen Holz, Wasser und Sonne haben wir in Kärnten auch potente Firmen, die in diesen Bereichen arbeiten. Dieses Potenzial muss man mehr nutzen, die einzelnen Puzzle-­Steine zu einer Bioökonomie-Strategie zusammenfügen, auch ein Bioökonomie-Cluster gemeinsam mit anderen Bundesländern wäre ein Ansatz. Auch wenn Bioökonomie als Schwerpunkt im Rahmen des Standortmarketings mittlerweile genannt wird, geht mir in diesem Bereich noch zu wenig weiter.“ Den Überschriften sollen nun Taten folgen – und zwar in allen Bereichen der Landespolitik.

Holzbau-Offensive

Rebernig fordert konkret eine Holzbau-Offensive. Denn beim Waldanteil habe Kärnten in den letzten Jahren stark aufgeholt. Doch derzeit werden nur rund 70 Prozent des jährlichen Holz-Zuwachses auch genutzt. Sein Wunsch an die Landesregierung: „Ein Bekenntnis, mindestens jedes zweite öffentliche Gebäude in Kärnten aus Holz zu bauen. Es gibt viele Vorteile von Holzbau“, nennt er alleine die Speicherung von CO2 oder den Umstand, dass Holz als natürlicher Vollwärmeschutz fungiert.

Bernhard Rebernig

"Immer, wenn die öffentliche Hand einkauft, sollte Ökologie Teil der Kaufentscheidung sein."

Auch in Sachen Wasserstoff könnte Kärnten Vorreiter werden, begrüßt der ÖSF-Präsident, dass es bereits eine Wasserstoff-Strategie gibt.

Produktion von Holzdiesel

Ein weiteres Thema, wenn es um nachhaltige Technologien geht, wäre für Rebernig der Holzdiesel als hochwertiger Treibstoff für Traktoren, LKW wie PKW. „Eine Anlage für die Produktion von Holzdiesel in Kärnten wäre ein mögliches Leuchtturmprojekt.“ Laut einer Studie der Technischen Universität Wien von 2020 kann aus ca. vier Kilo trockenem Holz ein Liter Diesel hergestellt werden. Und Holzdiesel weise um 90 Prozent geringere Treibhausgas-Emissionen auf als fossiler Diesel.

Auch die nachhaltige Beschaffung der öffentlichen Hand über Lebensmittel hinaus müsse in Kärnten eine größere Rolle spielen. Rebernig hofft auf Richtlinien des Bundes und auf einen Fokus auf nachhaltige Beschaffung im Land Kärnten: „Immer, wenn die öffentliche Hand einkauft, sollte Ökologie Teil der Kaufentscheidung sein.“

Bioökonomie-Kompass

Vorzeige-Beispiele in Sachen Bioökonomie sammelt das Ökosoziale Forum Kärnten derzeit und gestaltet daraus einen „Bioökonomie-Kompass“. „Die Beispiele darin sollen – vor allem auf Gemeinde-Ebene – Lust zum Nachmachen hervorrufen.“ Weiters sind Webinare zum Thema geplant.

Mercosur: „scheinheilig bis doppelbödig“

Neben dem Fokus auf Bioökonomie bzw. Klimaschutz beschäftigt das Ökosoziale Forum aktuell natürlich auch das Thema fairer Handel bzw. das Freihandelsabkommen Mercosur. Für Rebernig besteht aus zwei Gründen die Gefahr, dass das Abkommen auf die Zielgerade gebracht wird. Einerseits hat Portugal im ersten Halbjahr 2021 die EU-Ratspräsidentschaft und der Staat ist historisch eng mit Südamerika verbunden. Andererseits sei es die Corona-Krise und die damit verbundene Krise im Automobil-Sektor, die für das Abkommen spreche. In Europa erhofft sich die Automobilindustrie durch die geplante Zoll-Senkung für Automobile um 35 Prozent mehr Exportchancen, was die Wirtschaft wieder ankurbeln würde.

Rebernig: „Auf südamerikanischer Seite geht es um Zollbegünstigungen für die Agrarindustrie, insbesondere auch bei Rindfleisch. Mercosur ist ein klarer Widerspruch gegen den europäischen Green Deal, bis 2050 klimaneutral werden zu wollen. Es ist scheinheilig bis doppelbödig, dass sich einheimische Unternehmer an immer mehr Auflagen halten müssen, die EU bei Importeuren aber immer weniger hinschauen will.“

Positive Entwicklungen

Das Ökosoziale Forum bringt also als „Vordenker“ immer wieder ökosoziale Themen in den politischen Diskurs mit ein. Und es sei in diesem Bereich in den letzten Jahren durchaus auch etwas weitergegangen, alleine in Kärnten. „Positiv sehe ich, dass das Thema Bioökonomie in der Standortentwicklung verankert wurde, dass nun ein Masterplan für den ländlichen Raum auf dem Weg ist oder dass die Regionalitäts-Charta, also den heimischen Lebensmitteln den Vorzug zu geben, verabschiedet wurde.“ All das waren auch Forderungen des ÖSF. Auch das Thema Bodenverbrauch, vom ÖSF immer wieder thematisiert, sieht Rebernig „gut platziert“: „Wir haben Landesrat Daniel Fellner in Bezug auf das neue Raumordnungsgesetz ein Positionspapier übermittelt. Soweit ich den Begutachtungsentwurf kenne, finden sich einige unserer Punkte darin.“

Klimawende möglich

Positiv sieht Rebernig allerdings auch, dass das Thema Klimaschutz immer stärker im Wirtschaftsleben ankommt. „Kunden fragen mehr danach. Und wie ein Politiker spüren muss, dass ein Wähler das Thema einfordert, muss ein Unternehmer sehen, dass sein Kunde es will. Das Bewusstsein ist jedenfalls da!“

Rebernig glaubt fest daran, dass eine Wende in Sachen Klimaschutz möglich ist. „Das ist meine Lehre aus Corona, was die schnelle Entwicklung von Impfstoffen betrifft: Wenn die Menschheit will, dann schafft sie alles!“

Kurz gefragt

advantage: Wie leben Sie persönlich Nachhaltigkeit?

Bernhard Rebernig: Das ist bei uns daheim immer wieder Thema. Im Strom-Bereich setzen wir auf Strom aus Wasserkraft, beim Heizen auf Holz. Unsere Ernährung gestalten wir möglichst saisonal und regional. Das Thema Mobilität ist noch ein schwieriges. Ich achte auf ein möglichst ressourcensparendes Fortbewegungsmittel. Es geht aber auch darum, zu hinterfragen, ob wirklich jede Fahrt notwendig ist. Im Urlaub verzichten wir komplett auf Flugreisen. Bei Kosmetika und Wasch- bzw. Putzmittel setzen wir auf grüne Produktlinien – da gibt es schon viele, durch die man auch gut Abfall reduzieren kann. Insgesamt kann ich jedem raten, auf staatliche Gütesiegel beim Einkauf zu vertrauen.

Kärnten müsse mehr aus seinen natürlichen Ressourcen – Holz, Wasser und Sonne – machen. Diese seien ein strategischer Wettbewerbsvorteil. – Foto: Pixabay/robo1214
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