„Ich glaube, der Erfolg einer Region ist maßgeblich davon abhängig, wie gut das Zusammenspiel von Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand ist.“
„Transformation ist das Schwerpunktthema der nächsten Jahre“
Geschäftsführerin Christa Zengerer gibt im Interview mit advantage Einblicke in die Erfolgsgeschichte von ACstyria, Europas ältestem Mobilitäts-Cluster.
advantage: Welche Meilensteine markieren die Entwicklung von ACstyria?
Christa Zengerer: Erster wichtiger Meilenstein war sicherlich die Gründung des „Autoclusters Steiermark“ im Jahr 1995. Die Automobilindustrie ist damals in einer tiefen Krise gesteckt und mit diesem Schritt konnte die Zulieferindustrie in der Steiermark extrem gestärkt werden. Der zweite, wirklich große und weitsichtige Meilenstein war definitiv die Entwicklung vom klassischen Autocluster hin zum Mobilitätscluster und damit verbunden die Erweiterung der Gesellschafterstruktur. Es war 2012 extrem weitsichtig von den damaligen Verantwortlichen, als man gesagt hat, man setzt nicht nur auf eine Branche, sondern stellt das gesamte Feld Mobilität – sprich: die Bereiche Automotive, Rail Systems und Aerospace unter einen Cluster.
Wie hat sich der Cluster seither positioniert?
Unsere Kernleistung ist die Vernetzung und Unterstützung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Wir verstehen uns dabei als Bindeglied zwischen Wirtschaft, Industrie, Forschung und öffentlicher Hand. Der ACstyria Mobilitätscluster umfasst aktuell ein Netzwerk aus rund 300 überwiegend steirischen Partnerbetrieben. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann ist das sehr beeindruckend: 70.000 Mitarbeiter:innen, die in den drei Branchen Automotive, Rail Systems und Aerospace tätig sind, erwirtschaften 17 Mrd. Euro Umsatz. Vom KMU bis zum Großkonzern ist alles dabei. Das spiegelt sich auch in der Eigentümerstruktur wider. Wir haben zudem eine F&E-Quote von rund 12 % im Cluster, in der gesamten Steiermark liegt diese bei 5,15 %. Forschung spielt demnach eine sehr große Rolle. Alle steirischen Fachhochschulen und Universitäten, aber auch die TU Wien und die FH Kärnten sind ClusterPartner.
Sie sind kürzlich als Geschäftsführerin zurückgekehrt. Welche Schwerpunkte möchten Sie in Zukunft setzen?
Die Schwerpunkte ergeben sich aus den Bedingungen, die derzeit am Mobilitätssektor vorherrschen. Transformation ist sicherlich DAS Schwerpunktthema für die nächsten Jahre, wobei die drei Branchen Automotive, Aerospace und Rail Systems in unterschiedlicher Weise betroffen sind. Insbesondere die Automobilindustrie steht vor extremen Herausforderungen. Für die beiden anderen Branchen – Aerospace und Rail Systems – gibt es hingegen große Chancen, was die grüne und digitale Transformation betrifft. Wichtige Zukunftsthemen sind u. a. innovative Antriebs- und Fahrzeugkonzepte, aber auch das Autonome Fahren.
Welche Rolle spielt in diesem Kontext die branchenübergreifende Zusammenarbeit?
Eine extrem wichtige. Es geht ganz stark darum, voneinander zu lernen. Auch der Vernetzung mit anderen Clustern – wie etwa mit dem Silicon Alps Cluster, dem Holzcluster, dem Humantechnology Cluster, dem Green Tech Cluster, dem Creative Industry Cluster oder dem Internationalisierungscenter Steiermark kommt ein wesentlicher Stellenwert zu.
Ich finde diesen Kooperationsgedanken so wichtig. Ich glaube, der Erfolg einer Region ist maßgeblich davon abhängig, wie gut das Zusammenspiel von Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand ist. Wenn das alles super zusammenspielt und gut ineinandergreift, dann kann man auch wirklich erfolgreich sein. Das haben wir in der Steiermark schon über viele Jahre und das hat sich wirklich zum Erfolgsmodell entwickelt. Wenn wir das noch weiter ausweiten können, das wäre mir ein Anliegen und das sehe ich als meine Aufgabe. Auch über die Grenzen Österreichs hinaus, denn Internationalisierung ist natürlich auch ein Thema. Wir können uns nicht vom Weltmarkt abkoppeln.
„Es war extrem weitsichtig von den damaligen Verantwortlichen, als man gesagt hat, man setzt nicht nur auf eine Branche, sondern stellt das gesamte Feld Mobilität unter einen Cluster.“
Welche Chancen sehen Sie durch die Koralmbahn ?
Diesen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu nutzen empfinde ich als sehr positiv. Wir haben speziell im Bereich der Forschung schon eine sehr starke Kooperation mit Kärnten – auch mit den Fachhochschulen und den Universitäten arbeiten wir eng zusammen. Und auch die Zusammenarbeit mit Kärntner Unternehmen ist bei uns im Cluster, aber auch in den anderen Clustern sehr intensiv. Das wird natürlich alles noch viel leichter gehen, wenn man schneller beim anderen ist bzw. seinen Wohnort nicht verändern muss.
Was ist im Jubiläumsjahr 2025 geplant?
Auftakt wird unser Neujahrsempfang Ende Jänner sein, wo wir einen Rückblick und einen Ausblick geben werden. Im Mai 2025 findet dann unser Mobilitätskongress statt, der den Höhepunkt des Jubiläumsjahres darstellt. Anlässlich von 30 Jahre ACstyria werden wir auch unsere Strategie überarbeiten. Schwerpunkte bilden dabei – wie bereits erwähnt – die grüne und die digitale Transformation. Wir werden natürlich auch berücksichtigen, was wir bis dato gemacht haben und in welchen Feldern unsere Partner tätig sind.
WISSENSWERT
Aus ursprünglich drei Leitunternehmen (AVL List, Steyr Daimler Puch Fahrzeugtechnik und dem Chrysler Eurostar Werk) entstand 1995 der Mobilitätscluster ACstyria, ein Netzwerk von mittlerweile über 300 Unternehmen aus den Bereichen Automotive, Aerospace und Rail Systems.
Eigentümerstruktur: 26 % SFG, je 12,33 % AVL List, Magna Steyr, TCM, Spring Components, Pierer Mobility & voestalpine