Christina Kulterer
„Unsere Firmentradition ist unser Auftrag nachhaltig zu handeln“
Im Interview mit advantage spricht die Lavanttaler Unternehmerin Christina Kulterer über ihren Karriereweg. Die Mutter von zwei Kindern unterstreicht zudem die Bedeutung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
advantage: Wie war Ihr persönlicher Werdegang?
Christina Kulterer: Das Unternehmen liegt seit mehr als 300 Jahren in Familienhand. Ich bin quasi hineingeboren, was aber natürlich nicht heißt, dass man dann automatisch diesen Weg geht. Mein Vater Helmut Niedersüß hat 1975 die imoBaumärkte nach Österreich gebracht. Als ich nach dem Studium und meiner Tätigkeit bei einem Marktforschungsinstitut in Wien wieder nach Kärnten zurückgekommen bin, habe ich geheiratet und bin dann 1992 im Marketing in die Firma eingestiegen. Das war auch mein Studienschwerpunkt. In einem Familienbetrieb ist es aber so, dass man im Prinzip keine definierte Rolle hat, sondern eigentlich überall dort einspringt, wo man gerade gebraucht wird. Und mein Vater stammt aus einer Generation, wo es noch schwer vorstellbar war, dass eine Frau einmal einen Betrieb leitet. Er war aber gleichzeitig sehr innovativ und wir haben dann sehr lange an dem weitergearbeitet, was er begonnen hat. Inzwischen führe ich das Unternehmen gemeinsam mit meinem Bruder Georg.
Welche Geschäftsfelder betreibt die Firma J. M. Offner heute?
Der Sitz der Unternehmenszentrale befindet sich nach wie vor in unserem Stammhaus am Offnerplatzl 1, mitten im Herzen der Wolfsberger Innenstadt. Neben dem traditionellen Mode und Geschenkehaus mit insgesamt 1.600 m2 Verkaufsfläche haben sich die Vermietung von Gewerbe und Büroflächen und die Entwicklung von Liegenschaften zu unseren Hauptgeschäftsfeldern entwickelt.
Was ist das Besondere an einem Familienbetrieb?
Wenn man sich unsere Geschichte anschaut, haben wir von Lebensmittel über Baumaterialien bis hin zu Nähwaren, Teppichen, Sportartikeln und Schuhen im Handel alles irgendwann einmal verkauft. Es ist auch interessant, dass im Laufe der Geschichte immer wieder Frauen die Firma haben leiten „müssen“ – einerseits kriegsbedingt und anderseits, weil Partner verstorben sind. Auch meine Mutter war immer im Unternehmen tätig. In einem Familienbetrieb hat man aber auch eine gewisse Verpflichtung: Man soll nicht nur bewahren, sondern auch das Feuer weitertragen. Wir waren stets bestrebt, den Betrieb den zeitlichen Erfordernissen anzupassen und weiterzuentwickeln.
Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Um die lange Geschichte des Unternehmens fortzusetzen, müssen wir immer nachhaltig entscheiden. Das heißt aber manchmal auch, nicht den wirtschaftlichsten Weg zu wählen. Ein Beispiel: Die Modebranche und insbesondere der stationäre Handel sind momentan nicht von großem Erfolg geküsst. Wenn ich es vom Aufwand her betrachte, dürfte ich so ein Geschäft nicht mehr führen, aber ich mache es mit Herzblut. Es ist wichtig, dass man immer offenbleibt und seine Neugierde ein ganzes Leben lang bewahrt und Veränderungen nicht als Gefahren, sondern als Chance sieht. Nachhaltig ist auch, wie wir versuchen mit unseren Mitarbeiter:innen umzugehen. Wir bauen auf ein sehr treues und beständiges Team. Viele Mitarbeiter:innen sind bereits mehrere Jahrzehnte lang im Unternehmen. Ihre fachliche und persönliche Entwicklung ist mir eine Herzensangelegenheit und eine Investition in die Zukunft zugleich. Das hat sich auch in der CoronaZeit gezeigt. Für die Mitarbeitermotivation in der Krise wurde uns 2021 der EK Passion Star, ein internationaler Handelsaward, verliehen.
Wie ist es Ihnen gelungen Beruf und Familie zu vereinbaren?
Ich habe zwei Kinder. Meine Tochter ist inzwischen 30 und hat gerade den Personalbereich in der Firma übernommen, mein Sohn ist 28. Für mich war qualitätsvolle Kinderbetreuung immer sehr wichtig. Ich habe das so aufgebaut, dass es auch unabhängig von der Familie funktioniert hat. Sonst ist es halt schwer, wenn man als Frau sinnvoll arbeiten soll und irgendwo im Nacken das Gefühl hat, was passiert mit den Kindern. Dieses schlechte Gewissen darf eigentlich nicht sein. Das muss gut funktionieren und das gehört unbedingt ausgebaut. Kinderbetreuung darf keine Aufbewahrungsstation sein, sondern muss eine herzliche Umgebung bieten. Ich bin der Meinung, dass ich wahrscheinlich eine schlechte „NurMutter“ gewesen wäre, weil das hätte mich nicht erfüllt. Und so war ich viel ausgeglichener und die Kinder sind auch mit dem Geschäft groß geworden. Beruf und Familie haben bei mir immer gut zusammengepasst.
Was möchten Sie Frauen (und auch Männern) in der Führung mitgeben?
Mutig zu sein und sich Dinge zuzutrauen! Ich treffe nach wie vor sehr viele Entscheidungen aus dem Bauch, weil mein Gefühl oft etwas anderes sagt, als die Daten, die ich am Tisch habe. Natürlich ist es wichtig, dass manche Entscheidungen mit Fakten untermauert werden, aber es gibt auch immer wieder Dinge, wo man das Gefühl hat, das passt und dann sollte man den Weg nicht auslassen, nur weil irgendwelche Daten komplett dagegensprechen. Auf sich selbst hören und natürlich auch auf die Mitarbeiter:innen und die Kund:innen zu hören, das ist für mich auch sehr wichtig.
Stichwort Wirtschaftsraum Süd: Welche Chancen tun sich aus Ihrer Sicht durch die Koralmbahn für das Lavanttal auf?
Nachdem die Verbindung durch die Koralmbahn ein Zusammenrücken beider Seiten bedeutet, hoffe ich, dass es uns gelingt so attraktiv zu sein, dass nicht zu viele Menschen auspendeln. Es ist absolut wichtig, dass möglichst viel Wertschöpfung im Tal bleibt und es uns allen gemeinsam gelingt, die Vorteile unserer Region so darzustellen, dass Menschen nicht nur hier arbeiten sondern sich ansiedeln und dadurch nachhaltig die Region beleben.
WISSENSWERT
Seit 1707 wird im Haus 139 der Firma Offner in Wolfsberg gehandelt. Offner ist Österreichs ältestes Handelshaus, das ständig im Familienbesitz war und stets von direkten Nachfahren der Firmengründerin Maria Ziegler, geb. Offner geführt wurde und wird. Heute leitet Christina Kulterer das Unternehmen gemeinsam mit Bruder Georg Niedersüß.