„Was wäre, wenn...“
Ängste sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. In den Schriften der griechisch-römischen Antike wie auch im Alten Testament werden Angst und Furcht als Empfindungen beschrieben, die aufgrund einer Erwartung eines bevorstehenden Übels entstehen. Vor allem Religionsgemeinschaften haben zur Kultivierung von Angstzuständen beigetragen. Das funktioniert auch in der sogenannten aufgeklärten Zeit.
„Wichtig ist, dass man immer weiß, welche Angst momentan aktuell ist. Denn wenn man zum falschen Zeitpunkt bei einer von den Medien verkündeten und propagierten Angst ist, kann man nicht mitmachen“, stellte der Schweizer Friedensforscher und Publizist Daniele Ganser in einem seiner zahlreichen Vorträge pointiert fest. Es ist nicht leicht, sich in der überbordenden Informationsflut zurecht zu finden. Was ist Propaganda, was ist wahre Information? Wo ist der Nutzen der Nachrichten für mich persönlich? Welchen Einfluss haben wir auf das Geschehen in der Welt, wenn wir mit bestimmten Nachrichten versorgt werden? Mit jeder Information werden wir „neu formatiert“, glauben, alles ganz genau zu wissen und sind überzeugt, auf Grundlage der erhaltenen Information die richtige Meinung zu haben.
Sicherheit als zentraler Wertebegriff
Nie in der Geschichte haben Menschen gewaltigere Anstrengungen unternommen, um sich gegen Krieg, Terrorbedrohung, Erderwärmung, soziale Probleme, Epidemien, Krankheiten, Tod usw. abzusichern. In den Medien werden uns permanent Ereignisse präsentiert, die in uns Ängste mobilisieren. Selbst wenn es um die eingebildete Gefahr geht, wächst die Angst. Der Bedarf an Sicherheit steigt. Um dem Eskalationsprozess zu entgehen, wird nach immer perfekteren technisch-organisatorischen Sicherheitsleistungen gesucht. Angst wird auch benutzt, um gewisse politisch motivierte Maßnahmen durchsetzen zu können. Dazu ein Beispiel: Die Akzeptanz der Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen ist nur möglich, weil das Argument Sicherheit im Spiel ist. Wenn es darum geht, Gefahren für unsere Sicherheit abzuwehren, opfern wir unsere Freiheit. Wer allerdings für die Sicherheit die Freiheit aufgibt, wird beides verlieren.
Wie war das mit dem „Großen Bruder“?
Hat möglicherweise George Orwell mit seinem Buch „1984“ schon Ereignisse vorweggenommen? Er beschreibt eine dystopische Welt voller Angst und Schrecken, in der Überwachung, Folter und Unterdrückung als Normalität gesehen werden. Die Parolen „Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei und Unwissenheit ist Stärke“ sind in der Gesellschaft implementiert. Jene, die hier nicht mitmachen, werden diskriminiert und bekämpft. Angst wirkt sich auf mehreren Ebenen aus. Einmal in Gang gesetzt, beginnt die negative Gedankenspirale und die Reaktions- und Entscheidungsfähigkeit wird herabgesetzt bzw. verlangsamt. Das kennt man auch als „Was wäre, wenn“-Spirale. Menschen von heute wollen Sicherheit. Diese wird uns über Parteiprogramme, politische Lageberichte, Um fragen, Zeitungen, Rundfunk und TV auch entsprechend offeriert. Über den Begriff Sicherheit können – und werden auch – Menschen perfekt einjustiert.
Vieles ist unklar und vor allem unverständlich, was in der Gegenwart passiert. Da bliebe selbst für den in der TV-Serie ermittelnden Inspektor Colombo (Peter Falk) in seinem schnuddeligen Trenchcoat einiges unbeantwortet, wenn er schon fast bei der Tür wäre und sich umdrehte: „Eine Frage hätte ich noch!“